Schweizer Medizinstudis flüchten vor Numerus clausus nach Osteuropa

Der Numerus clausus bedeutet das Ende vieler Karriereträume in der Schweiz. Immer mehr Studierende wittern ihre Chance in Osteuropa.

Medizinstudenten von der Universität St. Andrews in Schottland arbeiten an einer Teststation für Coronatests. Immer mehr Medizinstudenten aus der Schweiz wandern ins Ausland ab. (Symbolbild) - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • An Universitäten in Osteuropa kommen immer mehr Medizinstudierende aus der Schweiz.
  • Viele gehen so dem Numerus clausus aus dem Weg.
  • Die Schweiz bildet seit Jahren zu wenig Ärztinnen und Ärzte aus.

Die Universität Iuliu Hatieganu in der rumänischen Stadt Cluj-Napoca ist zu einem Hotspot für Schweizer Medizinstudierende geworden. 122 Menschen aus der Schweiz studieren im neuen Semester dort Medizin. Immer mehr Schweizer Medizinstudierende gibt es auch an anderen osteuropäischen Universitäten. Dies berichtet die «Aargauer Zeitung».

Wer in der Schweiz Medizin studieren will, muss dafür den Numerus clausus (NC) bestehen. Die harte Aufnahmeprüfung ist ein Grund, warum viele der Schweiz den Rücken kehren.

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In diesem Jahr meldeten sich um die 4000 Schweizerinnen und Schweizer für die Aufnahmeprüfung an. 1145 davon erhielten im Anschluss die Zulassung für das Medizinstudium – etwas mehr als ein Viertel. Dies ist dem Fachportal «Medinside» zu entnehmen.

Im Umkehrschluss bedeutet das, fast drei Viertel blieben hängen. Im langjährigen Schnitt liegt die Durchfallquote bei zwei Dritteln. Der Traum, Arzt oder Ärztin zu werden, platzt oft bereits sehr früh. Viele versuchen ihr Glück deshalb in Osteuropa – in vielen Ländern gibt es keinen NC.

Schweiz lässt fast dreimal so viele ausländische Ärzte zu, wie sie selbst ausbildet

Kurios ist, dass die Schweiz eigentlich dringend mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden müsste. Es herrscht Fachkräftemangel, rund 40 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner kommen aus dem Ausland. Dies zeigt die Ärztestatistik der Swiss Medical Association (FMH) aus dem Jahr 2023. FMH ist die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte.

In den letzten beiden Jahren anerkannte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) jeweils über 3000 Diplome von ausländischen Medizinern. Die Zahl der jährlich in der Schweiz ausgebildeten Personen liegt mit rund 1200 deutlich darunter. Der Numerus clausus verhindert, dass mehr Fachpersonal ausgebildet wird.

Die Politik diskutiert deshalb über eine Abschaffung oder zumindest eine Anpassung des Numerus clausus. Der Walliser Nationalrat Benjamin Roduit (Die Mitte) fordert gegenüber der «Aargauer Zeitung»: «Die Zulassung zum Medizinstudium soll hauptsächlich auf Kompetenz- und Qualitätskriterien beruhen.»

Heute bestimmt eine jährliche Quote, wie viele Personen den Numerus clausus bestehen. Wie gross die Chance ist, hängt also von der Qualität des Jahrgangs ab.