Solingen: Täter hätte offenbar abgeschoben werden sollen

Auf dem «Festival der Vielfalt» in Solingen tötet ein Mann Menschen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft. Offenbar gab es bereits einen Abschiebetermin.

Die Ermittlungen nach dem Terrorakt in Solingen (D) laufen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Islamische Staat bekennt sich zum Anschlag in der deutschen Stadt Solingen.
  • Ein «Soldat des Islamischen Staates» habe aus Rache für Muslime in Palästina gehandelt.
  • Ein Mann wurde in der Flüchtlingsunterkunft in Solingen festgenommen.
  • Nun ermittelt die Bundesanwaltschaft.

Nach der Messerattacke von Solingen (D) mit drei Toten ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen den Tatverdächtigen. Wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Das teilte eine Sprecherin der obersten deutschen Anklagebehörde der Deutschen Presse-Agentur in Karlsruhe mit.

Offenbar hätte der mutmassliche Täter Anfang 2023 abgeschoben werden sollten. Das berichten die Zeitungen «Welt» und «Focus» übereinstimmend. Der Deutschen Presse-Agentur wurden diese Angaben bestätigt.

Syrer taucht vor Abschiebe-Termin ab

Demnach hätte der 26-jährige Syrer, wohnhaft in Paderborn, nach Bulgarien abgeschoben werden sollen. Dort war er zuerst in die Europäische Union eingereist. Das Dublin-Abkommen sieht vor, dass das erste Land, das ein Asylbewerber betritt, für das Asylverfahren zuständig ist.

Obwohl für die Abschiebung nach Medienberichten bereits ein Datum feststand, fand diese nicht statt. Offenbar war der 26-Jährige monatelang untergetaucht, die Abschiebung wurde hinfällig.

Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor die Ermittlungen von der Landesbehörde übernommen. Nach Polizeiangaben hat sich am Samstagabend ein 26-Jähriger den Ermittlungsbehörden gestellt. Der 26-Jährige habe angegeben, für den Anschlag verantwortlich zu sein. Die Tatbeteiligung dieser Person werde intensiv geprüft.

Ein Mann (hinten verdeckt zwischen Polizisten) hat eine Polizeistreife angesprochen. Er sei der Täter des Messerangriffs von Solingen. - dpa

Am Freitagabend hatte ein Mann auf einem Jubiläumsfest zum 650. Gründungstag der Stadt Solingen – dem «Festival der Vielfalt» – offenbar willkürlich auf Umstehende eingestochen. Anschliessend entkam er im Tumult und in der anfänglichen Panik.

Zwei Männer im Alter von 67 und 56 Jahren sowie eine 56 Jahre alte Frau starben. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Die Terrormiliz IS reklamierte die Tat für sich. Eine Bestätigung der Sicherheitsbehörden für ein islamistisches Tatmotiv gibt es bislang aber nicht.

Staatsanwaltschaft: Terroristisch motivierte Tat nicht ausgeschlossen

Mit Blick auf eine Durchsuchung in einer Flüchtlingsunterkunft sagte NRW-Innenminister Herbert Reul, dies sei das Ergebnis von weitergehenden Informationen gewesen. «Aber das war nicht das, was wir gewollt haben. Wir haben den ganzen Tag eine heisse Spur verfolgt.»

Dieser sei dann erfolgreich nachgegangen worden. «Der, den wir den ganzen Tag in Wirklichkeit gesucht haben, der ist seit kurzer Zeit bei uns in Gewahrsam.» Bei ihm handelt es sich Reul zufolge um jemanden, «den wir im höchsten Masse verdächtigen».

Der Leitende Oberstaatsanwalt Markus Caspers hatte am Samstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Wuppertal zu den Hintergründen der Tat gesagt: «Eine Motivlage konnten wir bisher auch nicht erkennen. Wir gehen aber nach den Gesamtumständen davon aus, dass der Anfangsverdacht einer terroristisch motivierten Tat nicht ausgeschlossen werden kann.»