Sozialarbeiter statt Terrorist verhaftet: «Kamen mit Knarren»

Sina Barnert
Sina Barnert

Deutschland,

Am Dienstagabend wurde in Berlin ein Mann in einem ICE verhaftet. Man hatte ihn für ein gesuchtes RAF-Mitglied gehalten. Doch Tim T. (51) ist Sozialarbeiter.

RAF-Mitglieder auf der Flucht
In Deutschland wird seit der Verhaftung von RAF-Terroristin Daniela Klette fieberhaft nach ihren Komplizen Burkhard Garweg (rechts) und Ernst-Volker Staub (links) gefahndet. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Am Dienstagabend wurde ein vermeintliches RAF-Mitglied in Berlin in einem ICE verhaftet.
  • Nun stellt sich heraus: Der Mann heisst Tim T. (51) und ist Sozialarbeiter.
  • «Es ist wirklich eine Frechheit. Ich sehe dem nicht mal ähnlich», berichtet dieser.

Es ist Dienstagabend gegen 22.30 Uhr, als am Bahnhof Berlin-Spandau die vermeintliche Falle zuschnappt. Polizisten der Spezialeinheit GSG 9 stürmen einen ICE und führen einen Mann ab.

Von anderen Passagieren hatten sie den Tipp bekommen, dass das gesuchte RAF-Mitglied Burkhard Garweg im Zug sitze.

Doch später stellt sich heraus: Der Mann heisst Tim T. und ist Sozialarbeiter. Der 51-Jährige lebt in Berlin und hat weder mit der Roten Armee Fraktion noch Burkhard Garweg etwas zu tun.

Zu Unrecht festgenommen

Nun berichtet er der Deutschen «Bild» von den Geschehnissen: «Die kamen mit gezogenen Knarren auf mich zu und drückten mich auf den Boden.» Erst habe er an einen TV-Gag der Sendung «Verstehen Sie Spass?» gedacht. «Aber dafür war es dann doch zu krass!»

Als ihn die Polizei schliesslich abgeführt habe, habe er versucht, den Grund in Erfahrung zu bringen. Doch Auskunft geben sie dem vermeintlich gesuchten Mann nicht.

Erst auf dem Polizeirevier – die Beamten konfrontieren Tim T. mit Akten zu Burkhard Garweg – wird ihm das Ausmass seiner Misere klar.

Unschuldiger muss Nacht im Knast verbringen – «dreckig und eklig»

Der Sozialarbeiter versucht, seine Unschuld zu beweisen. «Ich habe ihnen alle meine Ausweisdokumente gezeigt, sogar meinen Bibliotheksausweis.» Aber die Mühe ist vergebens. Der Sozialarbeiter muss die Nacht in einer Zelle verbringen.

Zwar kommen der Polizei langsam Zweifel, doch die zuständige Staatsanwaltschaft in Hannover lässt nicht locker. Das, obwohl Tim T. dem gesuchten Burkhard Garweg nicht besonders ähnelt, wie er findet.

Hattest du schon einmal mit der Polizei zu tun?

Die Übernachtung hinter Gittern beschreibt der 51-jährige Berliner so: «Das waren unmenschliche Zustände. Alles war dreckig und eklig.» Die Erfahrung habe ihn psychisch gezeichnet, er sei komplett durch den Wind.

«Es ist wirklich eine Frechheit. Ich sehe dem nicht mal ähnlich!», findet Tim T. ausserdem.

RAF tötete mehr als 30 Menschen

Seit 2015 ermittelt die Staatsanwaltschaft Verden gegen die ehemaligen RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Daniela Klette und Garweg wegen versuchten Mordes. Auch versuchter und vollendeter schwerer Raub in mehreren Fällen wird ihnen vorgeworfen.

raf
Die Polizei fahndet mit diesem Plakat nach den beiden ehemaligen RAF-Mitgliedern Ernst-Volker Staub (l) und Burkhard Garweg. - Florian Gut/dpa

Sie gehörten der sogenannten dritten Generation der linksextremistischen Roten Armee Fraktion (RAF) an. 1998 erklärte sich die RAF, die mehr als 30 Menschen getötet hatte, für aufgelöst.

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Kommentare

User #6078 (nicht angemeldet)

Sozialarbeiter haben Verständnis für alles und jeden. Ganz sicher auch für die schwierige Lage der Ermittler und Einsatzkräfte.

User #5096 (nicht angemeldet)

Ist etwa das gleiche.

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