Syrienkonflikt: 16 syrische Folterüberlebende stellen Strafanzeige in Österreich
In Österreich haben 16 syrische Folterüberlebende Strafanzeige gegen syrische Geheimdienstfunktionäre eingereicht. Das Ziel ist ein internationaler Haftbefehl und ein «Signal an alle Diktaturen».
Das Wichtigste in Kürze
- 16 syrische Folterüberlebende reichen Strafanzeige ein.
- Mehrere syrische Geheimdienstfunktionäre werden der Folter beschuldigt.
- Das Ziel ist ein internationaler Haftbefehl.
16 syrische Folterüberlebende haben zusammen mit Anwälten und Organisationen gegen mehrere syrische Geheimdienstfunktionäre Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien eingereicht. Dem Chef des syrischen Nationalen Sicherheitsbüros Ali Mamlouk und 23 weiteren Personen werden Folter, Mord, schwere Körperverletzung und Freiheitsentzug vorgeworfen.
Der ehemalige österreichische Spitzendiplomat Wolfgang Petritsch berichtete am Dienstag vor den Medien in Wien, dass das Justizministerium «grosses Interesse» an dem Verfahren habe, das unter anderem von einem Österreicher und mehreren ehemaligen Minderjährigen angestrengt wird.
Da das Thema eine «wesentliche Community in Österreich» betreffe, erwartet Petritsch «Handlungsbedarf aufseiten der Regierung.« Zu diesem Zweck müsse eine spezialisierte Ermittlungseinheit gegründet werden.
«Signal an alle Diktaturen»
Menschenrechtsanwalt Anwar al-Bunni betonte, dass es sich bei der Anzeige um ein «Signal an alle Diktaturen» handle. «(Der syrische Präsident) Bashar al-Assad glaubt, dass er nicht belangt werden kann», erklärte er. Da die Menschen aus Syrien vor Tod und Folter fliehen würden, sei es auch im Interesse Europas, das Verfahren durchzuführen: «Es geht nicht nur um Syrien, sondern auch um Europa und den Rest der Welt», unterstrich er.
Laut Wolfgang Kaleck vom European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), deren Anwälte den Schriftsatz erarbeitet haben, hat die Anklage, die Straftaten in 13 syrischen Haftanstalten zwischen 2011 und 2017 betrifft, nicht nur symbolischen Wert.
Die Täter sind regelmässig in Europa
«Die Täterkreise registrieren die Anzeigen», erklärte er. «Wir müssen das Netz enger knüpfen, Reisebewegungen nachvollziehen und zugreifen, sobald einer in den Schengen-Raum einreist», fuhr er fort. Er erläuterte, dass «hochrangige Vertreter des syrischen Geheimdienstes» öfters nach Europa kämen.
Mamlouk, die «Nummer eins aus unserer Anzeige», habe sich beispielsweise vor kurzem in Italien aufgehalten.
Situation in Syrien ist ein «Desaster»
Die Situation in Syrien bezeichnete Kaleck als «Desaster», auch für die internationale Gemeinschaft. Der internationale Strafgerichtshof funktioniere wegen des Vetorechts im Uno-Sicherheitsrat nicht und sei in «Schockstarre».
Die Aufarbeitung der Straftaten sei besonders wichtig, da man «mit Leichen im Keller keine demokratische Gesellschaft» aufbauen könne. Darum forderte Kaleck auch dazu auf, nach dem Bürgerkrieg mit Assad nicht «zur Tagesordnung» überzugehen.