Was die Regierung gegen Rassismus und Extremismus tun will

Rechtsextremistische und rassistische Anschläge haben das Land erschüttert. Die Regierung hat Konsequenzen versprochen. Nun liegt eine lange Liste mit Plänen auf dem Tisch.

Justizministerin Christine Lambrecht. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Nach den rechtsextremistisch motivierten Morden von Hanau Anfang dieses Jahres nimmt sich die Bundesregierung nun konkrete Vorhaben zur Rassismus-Bekämpfung und gegen Extremismus vor.

Ein entsprechendes Papier mit 89 Punkten verabschiedete der Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus am Mittwoch in Berlin. Das Kabinett als Ganzes soll ihn in der kommenden Woche annehmen.

«Wir legen heute einen umfassenden Massnahmenkatalog zur Stärkung unserer wehrhaften Demokratie vor», erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). «Diese wehrhafte Demokratie lebt vom Engagement unzähliger demokratischer Initiativen, das wir endlich auf eine stabile gesetzliche Grundlage stellen wollen.»

Die Bundesregierung will für diese Vorhaben zwischen 2021 und 2024 mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Falls der Haushaltsausschuss zustimmt, sollen noch weitere 150 Millionen Euro hinzukommen.

Unter den Vorhaben ist auch ein Gesetz zur Förderung einer wehrhaften Demokratie, das Bundesinnenministerium und Familienministerium gemeinsam erarbeiten sollen. Es soll unter anderem eine ausreichende Förderung der Extremismus-Prävention sicherstellen. Auf die Frage, ob dies nun das von der SPD seit langer Zeit geforderte Demokratiefördergesetz sei, antwortete ein Sprecher des Bundesinnenministers, es handele sich um ein «inhaltlich anderes Vorhaben». Nach Auffassung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) könne es kein Gesetz geben, das einzig und allein die Förderung bestimmter Projekte zum Ziel habe.

Geplant ist zudem eine Reihe an Präventionsprogrammen und der Aufbau eines «Bundesinstituts Qualitätssicherung», das etwa die Wirksamkeit im Blick behalten soll. Generell soll die politische Bildung verbessert werden. Die Regierung bekräftigt auch, dass der Begriff «Rasse» aus dem Grundgesetz entfernt werden soll.

Der öffentliche Dienst soll gezielte Kampagnen zur Anwerbung von mehr Menschen mit Migrationshintergrund starten und Auswahlverfahren auf den Prüfstand stellen. Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden und im öffentlichen Dienst insgesamt soll mit einem eigenen Lagebild beleuchtet werden. Forschungsprojekte zu Alltagsrassismus, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit sowie zum Polizeialltag will die Regierung ebenfalls fördern.

Das Auswärtige Amt will sich verstärkt der Aufarbeitung des Kolonialismus widmen, was sich auch in Schulbüchern niederschlagen soll. Das Justizministerium will Vorschläge für Änderungen im Strafgesetzbuch ausarbeiten, die unter anderem zur Bekämpfung sogenannter «Feindeslisten» dienen sollen. Gemeint sind Listen, auf denen in der Regel Rechtsextreme vermeintliche Gegner wie etwa Politiker, Aktivisten oder Journalisten aufführen. Opfer von Straftaten sollen mehr Unterstützung erhalten, für Menschen, die Rassismus erfahren, soll eine Hotline eingerichtet werden. Der Beauftragte der Bundesregierung für Opfer terroristischer Straftaten, Edgar Franke (SPD), forderte: «Wir müssen dafür sorgen, dass aus der Corona-Krise keine Demokratie-Krise wird. Hetzer und Rassisten sind viel zu laut, obwohl sie eine kleine Minderheit sind.»

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sieht entscheidende Fortschritte. Mit dem Paket sei «es gelungen, die Sichtweise der Betroffenen in den Mittelpunkt zu rücken und sicherzustellen, dass ihre Expertise Eingang in die konkrete Arbeit zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus findet». Dabei solle ein Expertenrat der Bundesregierung zu Fragen von Integration, Teilhabe und Bekämpfung von Rassismus helfen.

Die Bundesregierung hatte den Kabinettsausschuss nach den rechtsextremistisch motivierten Morden von Hanau ins Leben gerufen. Ihm gehören neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderem Innenminister Seehofer und Widmann-Mauz an.