Weltweit Schülerproteste fürs Klima in mehr als 100 Staaten

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Deutschland,

«Die Zeit rennt, ihr pennt!» - mit bissigen Slogans fordern Schüler weltweit seit Monaten immer freitags eine Umkehr in der Klimapolitik. Die Proteste gipfelten jetzt in einem globalen Aktionstag. Dabei soll es aber nicht bleiben.

Die deutsche Klimaschutz-Aktivistin Luisa-Marie Neubauer spricht bei der «Fridays for Future»-Demonstration in Berlin. Foto: Carsten Koall
Die deutsche Klimaschutz-Aktivistin Luisa-Marie Neubauer spricht bei der «Fridays for Future»-Demonstration in Berlin. Foto: Carsten Koall - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Von Melbourne bis Madrid, von Kapstadt bis Köln: Am Freitag haben bei einem weltweiten Aktionstag Hunderttausende Schüler für mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz demonstriert.

Kundgebungen unter dem Motto «Fridays For Future» gab es in fast allen europäischen Metropolen, darunter in Rom, Paris, London, Wien sowie in Kopenhagen und Stockholm.

Auch in Dutzenden deutschen Städten gingen Jugendliche und ihre Unterstützer auf die Strasse statt zur Schule - die Veranstalter schätzen ihre Zahl bundesweit auf rund 300.000. Allein in Berlin nahmen laut Polizei 15.000 bis 20.000 Menschen teil. Die Veranstalter sprachen von rund 25.000 Teilnehmern. Auch in Köln und München waren nach Polizeiangaben jeweils mehr als zehntausend Demonstranten auf den Beinen.

Rund um den Globus waren mehr als 2000 Kundgebungen und Schülerstreiks in mehr als 120 Staaten angekündigt, hierzulande rund 200. Die Kernforderungen: ein schnelles Aus für die klimaschädliche Verbrennung von Kohle, Öl und Gas, keine Subventionen mehr für diese «dreckigen» Energieträger, mehr Investitionen in erneuerbare Energien aus Windkraft und Sonne.

Symbolfigur der Protestwelle ist , die seit August 2018 immer freitags für einen beherzteren Kampf gegen den Klimawandel demonstriert statt zur Schule zu gehen.

Sie ist inzwischen zu einer Ikone für Klimaschützer rund um die Welt geworden. In vielen Städten hielten Demonstranten Schilder mit dem Spruch «Make the world Greta again» in die Höhe - angelehnt an den Wahlkampfslogan von US-Präsident Donald Trump «Make America great again» (Macht Amerika wieder gross).

Thunberg, die zusammen mit Tausenden Mitstreitern in Stockholm protestierte, bescheinigte den Regierenden weltweit zu wenig Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderwärmung. Anstatt zu handeln, vergeudeten Politiker allerorten Zeit.

In einem Beitrag im britischen «Guardian» schrieb Thunberg zusammen mit anderen jugendlichen Organisatoren von «Fridays For Future»: «Diese Bewegung musste kommen, wir hatten keine Wahl.» Dass «etwas sehr falsch läuft», hätten ihnen die jüngsten Wald- und Buschbrände etwa in Schweden und den USA sowie die Überschwemmungen und Dürreperioden in Australien und Deutschland gezeigt. Die Erderhitzung sei die «grösste Gefahr, der die Menschheit jemals gegenüberstand».

Von den Erwachsenen erwarte die Bewegung nicht, dass sie der Jugend Hoffnung spende, schrieben Thunberg und ihre Mitstreiter. «Wir wollen, dass ihr in Panik geratet und handelt. Wir wollen, dass ihr euch anschliesst.»

Auf Plakaten bei Protesten in Deutschland hiess es unter anderem: «Wir lernen nicht für eine zerstörte Zukunft» oder . Andere hatten Schilder dabei mit Aufschriften wie «Die Dinos dachten auch, sie hätten Zeit» und «Wäre die Welt eine Autofirma, hättet ihr sie längst gerettet».

Tatsächlich drängt die Zeit: Schon jetzt hat sich die Erde nach Befunden des Weltklimarats IPCC gegenüber der vorindustriellen Zeit um etwa ein Grad Celsius erwärmt. Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Geht es weiter wie bisher, ist Ende dieses Jahrhunderts die Welt wohl gut drei Grad wärmer. Zu den fatalen Folgen gehören je nach Region mehr Hitzewellen, längere Dürren sowie mehr Stürme, Starkregen und Hochwasser. Um den Trend zu stoppen, muss der Ausstoss von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl oder aus der Tierhaltung stark reduziert werden.

Unterstützung bekommt die ursprünglich von jungen Leuten initiierte Bewegung auch aus anderen Generationen. So haben rund 20.000 Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Stellungnahme unterzeichnet, um dem Anliegen der Klimabewegung Nachdruck zu verleihen. Auch Eltern stellen sich mit «Parents for Future» an die Seite der Jugendlichen. Sie bitten unter anderem darum, auf Schulverweise oder andere disziplinarische Massnahmen zu verzichten, wenn Schüler für Proteste dem Unterricht fernbleiben.

Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sollten die Schüler besser nach Unterrichtsende in ihrer Freizeit demonstrieren, wie er dem «Spiegel» sagte. Ähnlich äusserte sich Verkehrsminister Andreas Scheuer im Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Samstag). Vergangene Woche hatten allerdings Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Schülerproteste ausdrücklich begrüsst.

Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer, eine 22-jährige Studentin, kündigte im SWR einen weiteren grossen Protest für den 24. Mai an, «wenn wir die Europawahl zur Klimawahl machen werden und massivst auf die Strassen gehen in ganz Europa, um direkt vor den Wahlen allen Parteien richtig Angst zu machen».

In Neuseeland, wo die ersten Proteste weltweit anliefen, sagte Koordinatorin Sophie Handford (18) der Deutschen Presse-Agentur: «Wir sind die, die diese Erde erben werden. Wir verdienen es, darüber mitreden zu dürfen, welche Art von Zukunft wir haben werden.»

In Australien sprachen die Organisatoren von schätzungsweise 150 000 Teilnehmern in Dutzenden Städten, auch in Spanien waren es mehrere Zehntausend. In Rom strömten Tausende Schüler zu den Kaiserforen, dabei skandierten sie bei strahlendem Sonnenschein «Wir haben nur einen Planeten» und «Wir sind der Wandel».

Auch in Indien beteiligten sich einige Hundert Schüler in der Hauptstadt Neu Delhi sowie weiteren Städten. In Gurugram, einem Vorort von Neu Delhi, trug ein Mädchen einen Kittel, auf dem «Ich will nicht ersticken» stand. Neu Delhi und Gurugram (früher Gurgaon) gehören laut Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO zu den 13 Städten mit der schlimmsten Feinstaubbelastung weltweit - alle 13 liegen in Nordindien.

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