Wen zuerst gegen Corona impfen?

Anfang nächsten Jahres könnte der erste Corona-Impfstoff verfügbar sein. Doch reichen wird er zunächst nur für wenige. Deshalb müssen die Prioritäten rechtzeitig geklärt werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht in einer Plenarsitzung im Deutschen Bundestag. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Wer soll zuerst gegen das Coronavirus geimpft werden, wenn es erstmal Impfstoff gibt? Ende diesen oder Anfang nächsten Jahres könnte es nach Schätzung der Bundesregierung soweit sein.

Angesichts der zunächst erwarteten vergleichsweise geringen Mengen dürfte er nicht für alle reichen, doch ein Rennen darum soll verhindert werden. Deshalb sollen Vorranggruppen definiert werden. Wissenschaftliche Regierungsberater stellen an diesem Montagvormittag in Berlin entsprechende Vorschläge vor. Der Deutsche Ethikrat, die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina und die am Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelte Ständige Impfkommission wollen ein gemeinsames Papier dazu vorlegen.

Die Bundesregierung hatte bereits erkennen lassen, dass Risikogruppen wie Senioren und Vorerkrankte sowie Personal aus wichtigen Bereichen wie dem Gesundheitswesen im Blick stehen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Sonntag in einem Video: «Ganz vorn dran sind natürlich Pflegekräfte, Ärzte und auch Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören. Das sind dann allerdings schon recht viele in unserem Land.»

Auch die Nationale Impfstrategie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verweist auf eine solche Priorisierung durch die Ständige Impfkommission, wie das Nachrichtenportal «ThePioneer» (Montag) berichtet, der das Dokument vorliegt. Es soll dem Bericht zufolge am Montag vom Corona-Kabinett beschlossen werden.

Demnach plant die Bundesregierung eine zentrale Dokumentation der Impfungen. «Hierzu soll ein webbasiertes Datenportal verwendet werden, welches bis zum Beginn der Impfaktivitäten in Deutschland durch das RKI (Robert Koch-Institut) entwickelt werden soll», zitiert das Portal. Die Regierung beabsichtigt damit einen möglichst umfassenden und aktuellen Überblick darüber, welche Bevölkerungsgruppen bereits geimpft sind. Erfasst werden sollen demnach nicht-personenbezogene Angaben wie Alter, Geschlecht, Wohnort und Impf-Indikation, ausserdem Ort und Datum der Impfung sowie das Impfstoff-Produkt mit Chargennummer.

In dem Dokument werden laut dem Portal sieben mögliche Impfstoffe genannt, für die eine Zulassung innerhalb der EU angestrebt wird. Darunter ist der des Mainzer Unternehmens Biontech, das mit dem US-Pharmariesen Pfizer kooperiert, und der von Curevac aus Tübingen. «Einige Impfstoffhersteller haben noch im Jahr 2020 eine mögliche erste Auslieferung von Impfstoffdosen an die EU-Mitgliedstaaten in Aussicht gestellt», heisst es. «Sobald ausreichende Impfstoffmengen zur Verfügung stehen, wird angestrebt, die Impfaktivitäten in das Regelsystem übergehen zu lassen.»

Auf ein einheitliches und abgestimmtes Vorgehen zur Versorgung mit Impfstoffen hatten sich die Gesundheitsminister der Länder und Bundesressortchef Jens Spahn (CDU) am Freitag geeinigt. Der Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz sieht etwa vor, dass der Bund die Impfstoffe beschafft und finanziert und die Länder Impfzentren einrichten. Die Impfstoffe sollen den Angaben zufolge durch die Bundeswehr oder durch die Hersteller angeliefert werden. Die Impfdosen sollen dem Bevölkerungsanteil entsprechend an die Länder verteilt werden. In dem Beschluss ist auch festgehalten, dass die Impfung freiwillig erfolgt.

Derweil warnte Spahn am Sonntagabend im Politik-Talk «Die richtigen Fragen» auf «Bild live», bis zu 40 Prozent der Menschen in Deutschland zählten in der Corona-Krise zur Risikogruppe. «Bei uns sind 23 Millionen Deutsche über 60», sagte der CDU-Politiker. «Wir sind ein Wohlstandsland mit Zivilisationskrankheiten: Diabetes, Bluthochdruck, Übergewichtigkeit. Alles Risikofaktoren für dieses Virus, wie für viele Infektionskrankheiten übrigens auch.» Spahn warnte: «Wenn Sie nach der Definition gehen, sind 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung Risikogruppe.»

Mit Blick auf das aktuelle Infektionsgeschehen sagte Spahn: «Wenn von 20.000 Neuinfizierten an einem Tag etwa zwei Prozent in die Intensivmedizin müssen, dann sind das 400 am Tag. Wenn die intensivmedizinische Behandlung und Begleitung 15 Tage im Schnitte dauert - sind das 6000.» Diese Zahl werde Deutschland noch «im November noch erreichen, das ist im Grunde schon absehbar».