Angst um Kinder: Radikale Christen-WG sorgt in Bern für Zoff

In der Vorzeige-Wohnsiedlung Rossfeld haben sich radikale Christen niedergelassen. Die Stadt Bern wusste davon nichts – ganz zur Sorge der Anwohnenden.

Die Siedlung an der Reichenbachstrasse 118 soll bezahlbaren Wohnraum bieten – so das Konzept der Stadt Bern. - youtube / Stadt Bern

Das Wichtigste in Kürze

  • In eine Wohnsiedlung in Bern hat sich eine Gruppe von radikalen Christen niedergelassen.
  • Die Evangelikalen haben sich auf die Dämonenaustreibung und Missionierung spezialisiert.
  • Die Anwohnenden sind besonders um das Wohl ihrer Kinder besorgt.

In der neu errichteten Familiensiedlung Rossfeld in Bern hat eine Gruppe evangelikaler Christen ihre Zelte aufgeschlagen. Das sorgt für Unbehagen unter den Anwohnenden.

Die Gruppe gehört zur Organisation «OpenHouse4Cities». Diese hat sich auf das Austreiben von Dämonen, das Rekrutieren von Jüngern und das Heilen von Kranken spezialisiert.

Die Siedlung Rossfeld wurde als Vorzeigeprojekt konzipiert – um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Doch nur wenige Monate nach dem Einzug der ersten Mieterinnen und Mieter scheint es bereits Spannungen zu geben.

Netzwerk von radikalen Christen

Wie der «Bund» berichtet, landete kürzlich eine alarmierende Nachricht in den Briefkästen aller über 100 Mietparteien: Eine Gruppe junger Menschen aus dem Netzwerk «OpenHouse4Cities» hatte sich unbemerkt in einer der beiden Clusterwohnungen des Gebäudes eingenistet. Eigentlich waren diese ursprünglich für «alternative Wohnformen» vorgesehen.

Das evangelikale Netzwerk bringt junge, radikale Christen aus verschiedenen Freikirchen zusammen. Das Gründer-Pärli sieht sich als Jünger Jesu und bildet andere Anhänger ebenfalls zu Jüngern aus.

In den letzten Jahren hat sich die Bewegung vor allem in Städten ausgebreitet. Heute existieren in der ganzen Schweiz über ein Dutzend Wohngemeinschaften – etwa in Zürich, Basel oder Biel.

Sorge um Kinder

Die Vorstellung einer solchen Ausweitung im Berner Rossfeld sorgt für Unruhe unter den Anwohnenden. Einige befürchten insbesondere um das Wohl ihrer Kinder. Die Siedlung bietet Raum für sozial benachteiligte Personen oder Menschen mit Behinderungen – Gruppen, die anfällig für Bekehrungsversuche sein könnten.

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Anonyme Schreiben warnen vor der Bewegung und fordern dazu auf, Grenzüberschreitungen zu dokumentieren und der Verwaltung zu melden. Zudem sollen Eltern mit ihren Kindern über die Gefahren von Sekten und sektenartigen Gruppierungen sprechen.

Die Stadt Bern reagiert

Die Stadt Bern, die für die Vergabe der Wohnungen zuständig war, zeigt sich wenig erfreut über die neuen Nachbarn. Dagmar Boss von Immobilien Stadt Bern erklärt, dass man weder das Gedankengut noch die Ziele der Bewegung unterstütze.

Die Mieter hätten sich bei ihrer Bewerbung als junge Christen vorgestellt und den Namen «Open House» verwendet. Sie hätten erklärt, sie wollten Bekannte empfangen, miteinander essen und gegebenenfalls Unterstützung in der Nachbarschaft anbieten. Wie der «Bund» berichtet, sei die Stadt erst kürzlich auf den Hintergrund der WG aufmerksam gemacht worden.

Dagmar Boss betont: «Hätte man dies früher gewusst, wäre es nicht zu einem Vertragsabschluss gekommen.» Die Stadt behält sich weitere Schritte vor, sollte es zu Missionierungsaktivitäten innerhalb der Wohnüberbauung kommen.