Berner Stadt-Mitarbeiter kündigen wegen «toxischem» Arbeitsklima

Im Kompetenzzentrum Arbeit der Stadt Bern ist es zu einem offenen Konflikt zwischen Leitung und Angestellten gekommen. Die Folge: Zahlreiche Kündigungen.

Im Kompetenzzentrum Arbeit der Stadt Bern herrscht ein schwieriges Arbeitsklima. (Symbolbild) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die «Berner Zeitung» berichtet über ein toxisches Klima in einer Stadtberner Verwaltung.
  • Im Kompetenzzentrum Arbeit (KA) kam es zu zahlreichen Kündigungen und Frustrationen.
  • Der Führungsstil wurde zunehmend rauer und das Vertrauen schwand.

Im Kompetenzzentrum Arbeit (KA) der Stadt Bern hat sich ein interner Konflikt in den letzten Jahren immer mehr zugespitzt.

Wie eine umfangreiche Recherche der «Berner Zeitung» aufzeigt, führte ein «toxisches Arbeitsklima» zu zahlreichen Kündigungen und Frustrationen.

«Ich habe es nicht mehr ausgehalten»

So schilderte ein ehemaliger Angestellter der Zeitung, wie er nach vielen Jahren im Dienst kündigte. Er konnte den Druck und die Repressionen der Führung nicht mehr ertragen.

Seine Kapitulationserklärung begann mit den Worten: «Nach Jahren im Amt habe ich es nicht mehr ausgehalten.» Er ist einer von vielen, die das KA aus ähnlichen Gründen verlassen haben.

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Hast du auch schon unter einem toxischen Arbeitsklima leiden müssen?

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Das KA ist dafür zuständig, Sozialhilfebeziehende in den Arbeitsmarkt zu integrieren. So soll diesen Klienten wieder ein geregelter Alltag ermöglicht werden. Gestört wurde das Arbeitsklima vom Geld: Wirtschaftlicher Druck habe den Fokus auf die Klienten verdrängt.

Es gehe, so sagen ehemalige Mitarbeitende, immer weniger darum, individuell auf die Klienten einzugehen. Sondern vielmehr darum, Massnahmen abzurechnen, um Gelder vom Kanton zu sichern.

Vermitteln, egal ob's passt

Mitarbeitende fühlten sich zunehmend unter Druck gesetzt, Klienten schnell in Massnahmen zu vermitteln. Auch wenn diese nicht zu den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen passten.

Besonders brisant: Es herrschte offenbar zusätzlicher Druck, städtische Betriebe wie die Velowerkstatt von Publibike oder die Zieglerküche rasch mit Arbeitskräften zu versorgen. KA-Mitarbeitende fühlten sich gezwungen, auch ungeeignete Klienten dorthin zu vermitteln.

Die Probleme verschärften sich, als im Frühling 2023 eine neue Fallführungssoftware eingeführt wurde. Die Software brachte Schwierigkeiten mit sich, führte zu einer Überlastung der Mitarbeitenden. Und zu einem massiven Anstieg an Kündigungen und Krankschreibungen.

Der Konflikt eskalierte weiter, als die KA-Führung Schulungen einführte, um die Mitarbeitenden stärker auf Wirtschaftlichkeit zu trimmen. Der raue Ton und die mangelnde Dialogbereitschaft während dieser Schulungen führten zu einem offenen Brief.

Vermerke im Personaldossier

Der Brief heizte jedoch das Misstrauen der Führung weiter an. Der Führungsstil wurde immer autoritärer, sogar harmlose Gespräche wurden als «konspirative Treffen» angesehen. Normale Bemerkungen an Sitzungen führten zu einer Aktennotiz im Personaldossier.

Die Verantwortlichen der Stadt Bern um Amtsleiterin Claudia Hänzi gehen in ihrer Stellungnahme nicht auf die konkreten Vorwürfe ein. Sie liessen der «Berner Zeitung» ausrichten, dass das KA weiterhin seine Leistung sowie die Vorgaben des Kantons erfülle.

Dennoch bleibt der Exodus aus dem KA in der Stadt Bern ein offenes Geheimnis. Mehrere Mitarbeitende wandten sich an die Ombudsstelle der Stadt Bern. Dieser wurden von Druckversuchen und Einschüchterungen berichtet.

Vorwürfe werden teils zurückgewiesen

Besonders ältere Mitarbeitende fühlten sich zunehmend unerwünscht und sahen sich zum Gehen gedrängt. Das Sozialamt und die städtische Direktion weisen diese Vorwürfe zurück. Sie erkennen aber an, dass sich die Arbeitsintegration durch neue politische Vorgaben stark verändert habe. Trotz der Probleme betonen sie, dass das KA weiterhin gute Arbeit leiste.

Der Konflikt zwischen wirtschaftlichen Zielen und der individuellen Betreuung von Klienten bleibt ungelöst. Er spiegelt einen grundlegenden Wandel im Selbstverständnis der städtischen Arbeitsintegration wider.

Die Folge: ein angespanntes Arbeitsklima, in dem viele Mitarbeitende nicht mehr die Kraft sehen, weiterzumachen.