Coronavirus: Epidemiologe alarmiert wegen Grenz-Öffnung
Trotz des Coronavirus sollen die Grenzen zu den Nachbarländern am 15. Juni geöffnet werden, so der Bundesrat. Epidemiologen sind dagegen.
Das Wichtigste in Kürze
- Ab dem 15. Juni sollen die Grenzen zu den Nachbarländern wieder geöffnet werden.
- Epidemiologen stehen diesem Entschluss kritisch gegenüber.
- Die Grenzöffnung sei ein grosser Faktor für eine zweite Welle.
Mit der Bedingung, dass der Verlauf der Pandemie weiterhin positiv bleibt, sollen die Schweizer Grenzen am 15. Juni wieder geöffnet werden, trotz Coronavirus. Dies eröffnete Bundesrätin Karin Keller-Sutter gestern Mittwoch an einer Medienkonferenz.
Die Gespräche mit den Innenministern von Österreich, Deutschland und Frankreich hätten gezeigt, dass alle Normalität zurück wollen. Die Aufhebung der Grenzsperre im Süden sei derweil aber noch kein Thema. Am 27. Mai sollen die definitiven Entscheide fallen.
Grenzöffnung kann erneute Welle begünstigen
Am Montag sprach Epidemiologe Marcel Salathé in «10vor10» davon, dass eine Grenzöffnung der wichtigste Faktor für eine zweite Welle sei. «Irgendwann werden die meisten Fälle wieder aus dem Ausland kommen», so Salathé.
Auch Andreas Cerny, Epidemiologe an der Universität Bern, steht der Grenzöffnung eher kritisch gegenüber. Gegenüber Nau.ch erklärt er seine Sichtweise. «Generell bedeutet die Grenzöffnung vermehrte Mobilität und vermehrte Kontakte mit einem erhöhten Risiko des Wiederaufflackern der Epidemie.»
Die Grenzen zu Ländern zu öffnen, in welchen das Coronavirus stärker verbreitet sei, könne ein erneutes Übergreifen der Pandemie begünstigen. Ähnlich sei es auch bei Ländern mit weniger strengen Massnahmen.
Schliessung der Grenzen half gegen Coronavirus
«Die drei Massnahmen, welche uns geholfen haben, das Virus unter Kontrolle zu bekommen, waren: Vermeidung des Kontaktes zwischen den Menschen, Hygienemassnahmen und Einschränkung der Mobilität», stellt Cerny klar.
Für Cerny ist klar - die zweite Welle wird dort entstehen, wo wir dem Virus eine Chance geben. Da die Massnahmen beinahe überall gleichzeitig gelockert wurden, liesse eine zweite Welle wohl nicht lang auf sich warten.
Zwar könne man die neuen Fälle anfangs noch via Contact-Tracing zurückverfolgen. Aber: «Ich fürchte, dass es rasch zu viele Fälle geben wird, und dass die Epidemie wieder aus dem Ruder läuft.»
Überhastige Lockerungen führen zu Wiederaufflammen
Cerny befürchtet ein eventuelles Wiederaufflammen des Coronavirus nicht nur aufgrund der Grenzöffnungen. «Es sind vielmehr die überhastigen Lockerungen in allen Lebensbereichen, welche die zweite Welle antreiben könnten», gibt er zu bedenken.
Persönlich begrüsse er zwar die Grenzöffnung als Teil der gestaffelt stattfindenden Massnahmen. Doch das bisher vorgelegte Tempo war ihm entschieden zu schnell. Und: «Ich hätte mir gewünscht dass die Empfehlung zum Maskentragen im öffentlichen Raum klarer und entschiedener gemacht worden wäre.»