Daten-Skandal: Fedpol wird wegen Schweizer Sekte aktiv
Eine Schweizer Sekte sammelt Daten von Politikern aus dem deutschsprachigen Raum. Schweizer Behörden wissen Bescheid, haben aber noch nicht interveniert.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Schweizer Sekte sammelt rund 8200 private Adressen von deutschsprachigen Politikern.
- Nun hat die Staatsanwaltschaft München Vorermittlungen eingeleitet.
- Schweizer Behörden sind sich der Sekte bewusst, intervenieren jedoch noch nicht.
Dem «Bayerischen Rundfunk» (BR) liegt ein Datensatz mit über 8000 Adressen von deutschen und österreichischen Politikern und Persönlichkeiten vor. Allesamt gesammelt von der Schweizer Sekte «Organischen Christus Organisation» (OCG). Kopf dahinter ist Gründer Ivo Sasek,
Doch nicht nur Adressen, auch persönliche Informationen wie die sexuelle Orientierung sind vermerkt. Darunter auch sensitive Informationen über die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Schweizer Behörden sind über Skandal informiert
In der Schweiz wissen die Behörden Bescheid, wie die Nachfrage von Nau.ch zeigt.
Florian Näf, Mediensprecher des Bundesamt für Polizei (Fedpol): «Wir haben Kenntnis von der Organisation und stehen diesbezüglich in Kontakt mit Partnerbehörden im In- und Ausland.»
Eine allfällige Strafverfolgung würde jedoch in die Zuständigkeit der kantonalen Behörden in der Schweiz fallen. Im Fall von Ivo Saseks Sekte also der Kanton Appenzell-Ausserrhoden.
Die Sekte hat ihren Sitz nämlich in Walzenhausen (AR). Von dort aus werden sämtliche Tätigkeiten gehandhabt. Die Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden habe Kenntnis von der Sekte, so der Mediensprecher zu Nau.ch.
Ermittlungen gegen die Organisationen seien aber noch nicht am laufen. Die Staatsanwaltschaft München habe Vorermittlungen eingeleitet, wie der BR weiss. Ausländische Ermittlungen würden über die Bundesanwaltschaft laufen.
Liste sei nicht für Dritte einsehbar
Ivo Sasek verteidigt sich in einem Interview, welches auf seinem eigenen TV-Kanal «Kla.TV» veröffentlicht wurde. Im Interview erklärt er dem Moderator: «Ich kann Ihnen versichern, dass sowohl ich, als auch die OCG, zu keinem Zeitpunkt unrechtmässige Daten an Dritte weitergegeben haben.»
Weiter wirft er dem BR vor, selbst Datenklau begangen zu haben. Denn laut Sasek wurde er aufgrund von Beiträgen des Rundfunks zweimal gehackt. Dabei wurden an die 11'470 Datenbanken gestohlen.
Sasek spielt den Ball zurück. Es sei wahrscheinlicher, «dass ein Deutscher 10'000 mal innerhalb eines Jahres von einem Blitz getroffen würde», als dass der BR nicht hinter dem Datenklau steckte.
Soziologe bezeichnet Liste als «rassistisch»
Der Soziologe und Extremismus-Forscher Andreas Zicke der Bielefelder Universität bezeichnet die Sammlung beim Rundfunk als «rassistische Liste». Der Umfang der Liste sei «ungeheuerlich».
Dass Kategorien wie Religion, Nationalität und sexuelle Orientierung erfasst würden, zeige, wie gefährlich die Liste sei. Aus der Vielzahl von Hass-Taten gegen Amts- und Würdenträger wisse man, dass sie vorher mit Privatadressen auf Listen kursierten. Insofern sei dies «eine hohe Gefahr».