Diphtherie: Infektiologe Jan Fehr rät Ungeimpften zum Piks
Erstmals seit vierzig Jahren sind Fälle der Rachendiphtherie in der Schweiz aufgetreten. Infektiologe Jan Fehr rät auch ungeimpften Erwachsenen zur Impfung.
Das Wichtigste in Kürze
- In einem Bundesasylzentrum wurden mindestens acht Fälle der Rachendiphtherie bestätigt.
- Diphtherie ist ansteckend, in der Schweiz aber aufgrund der hohen Impfquote weniger fatal.
- Infektiologe Jan Fehr rät trotzdem allen noch Ungeimpften zum Piks.
Nach einer vollständigen Ausrottung der Rachendiphtherie in der Schweiz sind wieder Fälle aufgetreten. Wie Nau.ch exklusiv berichtete, haben sich acht Bewohnende eines Bundesasylzentrums in der Stadt Bern angesteckt. Diese hätten aber Stand Mittwoch noch keine respiratorischen Symptome, so der Kanton.
Mittlerweile seien alle Bewohnenden geimpft. Die Personen, welche in Quarantäne seien, hätten zusätzlich eine Antibiotika-Prophylaxe erhalten, um das Ansteckungsrisiko zu minimieren. Insgesamt handle es sich um 175 Personen, darunter auch viele Minderjährige.
Impfung ausdrücklich empfohlen
Ist die Gefahr einer Ansteckung in der Stadt Bern nun erhöht? Nein, erklärte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Mittwoch. Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung. Dennoch haben viele Menschen Fragen zur Diphtherie.
Infektiologe Jan Fehr hat auf Anfrage von Nau.ch einige davon beantwortet. «Rachendiphtherie ist ungefähr gleich ansteckend wie die ursprüngliche Sars-CoV-2-Variante», sagt er. Laut einer Studie zur Übertragungsdynamik von Covid-19 in Wuhan steckt jeder Infizierter etwa 2,2 weitere Personen an.
Fehr fügt aber hinzu: Andere Faktoren, wie etwa die Expositionsdauer zu einer infizierten Person, getroffene Schutzmassnahmen oder Impfstatus, müssten jedoch auch berücksichtigt werden. In der Schweiz liegt die Impfquote gegen Diphtherie laut BAG bei etwa 80 Prozent.
Im Kleinkindalter wird die Impfung mit zahlreichen anderen Impfstoffen verabreicht und danach mehrmals aufgefrischt. Diese Durchimpfung sei entscheidend für den Bevölkerungsschutz gegenüber Diphtherie, sagt der Infektiologe.
Mit einer guten Impfquote sei die Bevölkerung besser gegen eine Infektion und vor allem gegen einen schweren Verlauf geschützt. Auch deswegen seien Diphtherie-Fälle «in unseren Regionen eine Rarität», so der Forscher und Leiter des Referenzimpfzentrums an der Universität Zürich. Fehr empfiehlt allen noch ungeimpften Personen, das Vakzin nachzuholen.
«Schwere Komplikationen» bei Ungeimpften
Aber auch sonst wäre in der Schweiz ein Diphtherie-Fall weniger gravierend als in Ländern mit schlechterer medizinischer Versorgung. Sofern die Diagnose rasch gestellt und Behandlungsmassnahmen ebenso schnell eingeleitet würden. Fehr: «Ist dies nicht der Fall, kann es unter Umständen zu schweren Komplikationen kommen.» Dann könnten Atemwege, Herz und Nerven betroffen werden.
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Die Sterblichkeit bei Rachendiphtherie sei mit bis zu 50 Prozent «hoch», wie das BAG schreibt. Durch die sofortige Verabreichung eines Gegengifts sinke diese aber auf fünf bis zehn Prozent. Besonders gefährdet sind gemäss der Gesundheitsbehörde ungeimpfte Kleinkinder und ältere Personen.