Gen Z zieht zurück zu Eltern – und spart sich Miete

Simon Ulrich
Simon Ulrich

Zürich,

Junge Erwachsene kehren vermehrt ins Elternhaus zurück. Das hat mit den gestiegenen Lebenskosten zu tun – aber längst nicht nur.

Bumerang-Kinder
Auch die gute Beziehung spielt eine Rolle: Junge Erwachsene ziehen heute häufiger zu den Eltern zurück als frühere Generationen. - freepik

Das Wichtigste in Kürze

  • Sogenannte «Bumerang-Kinder» kehren aus Kostengründen ins Elternhaus zurück.
  • Laut Experten nimmt das Phänomen auch im deutschsprachigen Raum zu.
  • Auch veränderte Lebensverläufe und die engere Beziehung würden das Phänomen begünstigen.

Das Leben in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren merklich verteuert.

Für eine 3-Zimmer-Wohnung in der Stadt Zürich etwa bezahlte man 2022 im Durchschnitt 1470 Franken. 2024 waren es schon 1578 Franken. Ein Anstieg von sieben Prozent.

Im selben Zeitraum kletterte die durchschnittliche Krankenkassenprämie im Kanton von 305 Franken auf 350 Franken. Ein Anstieg von 15 Prozent.

Die gestiegenen Lebenshaltungskosten treffen junge Erwachsene mit ihrem vergleichsweise bescheidenen Einkommen besonders stark.

Viele von ihnen zieht es zudem in städtische Gebiete, wo der Wohnraum zuletzt knapper und teurer wurde.

In Grossbritannien hat dies offenbar zu einer Zunahme sogenannter «Bumerang-Kinder» geführt: Kinder, die nach dem Auszug ins Elternhaus zurückkehren, um Kosten einzusparen. Darüber hat kürzlich die BBC berichtet.

Rückkehr ins traute Heim als «praktische und kostengünstige Lösung»

Gibt es diesen Effekt auch hierzulande?

Fest steht: Junge Erwachsene in der Schweiz verlassen ihr Elternhaus tendenziell später als in früheren Jahren. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik BFS.

So waren 39 Prozent der Frauen mit Jahrgängen 1978 bis 1987 mit 20 Jahren ausgezogen. Bei jenen, die zwischen 1988 und 2002 geboren wurden, lag der Anteil noch bei 26 Prozent.

Generation Z
Viele Junge wollen nicht aus dem Elternhaus ausziehen – aber viele können aus finanziellen Gründen auch gar nicht. (Symbolbild) - pexels

Zahlen zu den Bumerang-Kindern gibt es zwar noch keine. Experten gehen jedoch davon aus, dass auch dieses Phänomen zunehmend auftritt.

Patrick Leisibach von der Denkfabrik Avenir Suisse sagt: «Es ist gut vorstellbar, dass auch die Rückkehr ins Elternhaus heute etwas häufiger vorkommt als in früheren Generationen.»

Finanzielle Gründe spielten dabei sicherlich eine Rolle, sagt der Ökonom: «Ein noch entscheidenderer Faktor dürfte jedoch die Veränderung der Lebensverläufe sein.»

Hast du eine gute Beziehung zu deinen Eltern?

Die Übergangsphase zwischen Jugend und Erwachsensein werde heute von anderen Prioritäten geprägt: Die Ausbildung dauere länger, der Einstieg in den Beruf sowie die Familiengründung erfolge später.

Hinzu komme ein stärkeres Bedürfnis nach Selbstverwirklichung, Reisen und Auslandsaufenthalten.

«In diesem Kontext ist die vorübergehende Rückkehr ins ‹Hotel Mama› eine praktische und kostengünstige Lösung», sagt Leisibach.

«Bumerang-Kinder werden als immer normaler angesehen»

Laut dem deutschen Generationenforscher Rüdiger Maas treibt noch etwas anderes die Generation Z in die heimische Stube zurück: «Wir haben eine sehr enge Bindung zwischen Eltern und Kindern, in einer noch nie dagewesenen Form.»

Das manifestiere sich mitunter darin, dass die Sprösslinge üblicherweise nicht weit von Zuhause wegziehen und etwa in der Nähe studieren.

rüdiger maas
Der Generationenforscher Rüdiger Maas sieht die enge Eltern-Kind-Beziehung als Treiber des Bumerang-Phänomens. - Rüdiger Maas

Für viele Menschen Mitte, Ende 20 sei es heute «überhaupt kein Problem, wieder ins Elternhaus zu ziehen», sagt Maas.

«Einige freuen sich sogar darauf. Man spart Geld, viele Dinge wie Kochen oder Wäsche waschen werden wieder übernommen.»

Junge machen mit Eltern Ferien

Was ebenfalls in Bild passe: Viele Gen Zs würden mit ihren Eltern Ferien machen, um ihr Portemonnaie zu schonen.

Maas sieht insgesamt eine klare Tendenz hin zu mehr Bumerang-Kindern: «Und ich habe das Gefühl, dass das auch als immer normaler wahrgenommen wird.»

Generation
Die Generation Z schämt sich im Gegensatz zu den vorherigen Generationen nicht, mit ihren Eltern zu verreisen. - pexels

Auch Leisibach zufolge sind die Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern heute offener und weniger hierarchisch als früher. Das Zusammenleben erinnere zuweilen eher an eine «Wohngemeinschaft», sagt er.

«Diese veränderten Strukturen sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Kinder eine Rückkehr ins Elternhaus überhaupt in Erwägung ziehen.»

Rückkehr kann auch zu Spannungen führen

Die Heimkehr sei eine zweischneidige Angelegenheit, sagt Leisibach. Die gemeinsame Zeit könne zwar die familiäre Bindung stärken und die gegenseitige Unterstützung fördern.

«Unterschiedliche Erwartungen bezüglich Haushalt und Unabhängigkeit können aber auch zu Spannungen führen.»

Könntest du dir vorstellen, wieder bei deinen Eltern einzuziehen?

Dass die Bumerang-Kinder in der Schweiz zu einem Massenphänomen werden, glaubt Leisibach nicht. Im internationalen Vergleich gehe es der Gen-Z wirtschaftlich gut.

«Sofern sich die ökonomischen Bedingungen nicht drastisch verschlechtern, dürfte die Rückkehr ins Elternhaus eine Ausnahme bleiben.»

Bei vielen jungen Erwachsenen stehe nach wie vor der Wunsch nach Unabhängigkeit und einem selbstbestimmten Leben im Vordergrund. Und nicht jener, das Essen und die Wäsche gemacht zu bekommen.

Kommentare

User #3981 (nicht angemeldet)

Das hat absolut nichts mit Gen-Z zu tun, sondern mit der Wohnungsnot in den Zentren der Schweiz.

User #1768 (nicht angemeldet)

Ich habe ein Kind ( 16 Jahre ) dass zur Generation Z gehört. Durch mein Kind habe ich guten Kontakt zu gleich altrigen oder noch älteren Kindern. Und manchmal finde ich es schon echt übel, was dieser Generation alles vorgeworfen wird. Manchmal kann ich es aber auch nachvollziehen. Viele Kinder dieser Generation haben Vorstellungen, die realitätsfremd sind. Ich denke, dass das durchaus mit den Medien zutun hat. Die ständig vermitteln, dass alles möglich ist, wenn man dann nur will. Hier sollten die Eltern den Kindern die Tatsachen vor Augen führen. Mit einem Anfänger Lohn kann man sich eben keine topmoderne Wohnung mit allem Schnickschnack leisten. Vielleicht geht ja auch ein kleines altes Studio für den Anfang ? Dann müssen sie nicht mehr zu Mami zurück.....

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