Klimawandel: So lange können Schweizer Gletscher überleben

Im September findet erstmals eine Gedenkfeier für einen Schweizer Gletscher statt. Der Klimawandel setzt dem «ewigen Eis» schnell zu.

Das Eis des Gletschersee unterhalb des Rhonegletscher schmilzt durch die hohen Temperaturen zügig. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Schweizer Gletscher sind bedroht, im September wird gar erstmals einer «beerdigt».
  • In 200 Jahren sind laut dem Gletscher-Experten alle verschwunden.
  • Die heissen Sommer sind die Hauptursache.

In Island wurde diese Woche ein Gletscher offiziell beerdigt. Im September findet in der Schweiz für den Pizolgletscher eine Gedenkfeier statt. Das ewige Eis währt nicht für immer, der Pizolgletscher ist beinahe verschwunden.

Dieser Gletscher ist einer der «Mini-Gletscher», die am meisten bedroht sind. Dies sagt Matthias Huss, ETH-Forscher und Mitglied des Schweizer Gletschermessnetzes Glamos. Es gibt viele solcher kleinen Gletscher.

Der Klimawandel in der Schweiz: Der Pizolgletscher ist mittlerweile stark geschmolzen - Twitter: @matthias_huss

«Viele dieser Mini-Gletscher haben nicht einmal einen Namen und sind deshalb auch nicht bekannt», sagt Huss. Doch in Bezug auf Fläche und Volumen fallen diese kaum ins Gewicht. Gründe für das Schmelzen dieser «Mini-Gletscher» sind die geringe Grösse sowie die geringe Höhe. Im Sommer bleibt der Schnee nicht liegen.

Klimawandel als Hauptursache

Als Ursache für die Schmelze nennt Huss die steigenden Lufttemperaturen im Sommer. «Gletscher reagieren neben der Lufttemperatur auch auf Veränderungen der Schneemenge im Winter, sowie auf Änderungen der Sonnenstrahlung», sagt Huss.

Allerdings «zeigen die Daten, dass diese beiden anderen Faktoren in historischer Zeit nicht für die beobachteten, langfristigen Trends im Gletscherrückgang verantwortlich waren. Sondern nur in einzelnen Jahren einen merkbaren Effekt hatten.»

Matthias Huss forscht zu Gletschern - zVg

Trotz der Schnee-starken Winter in diesem und im letzten Jahr «kämpfen» die Gletscher ums Überleben. Die heissen Sommer hoben die Wirkung wieder aus. Doch was bedeutet das Verschwinden der Mini-Gletscher?

Grosse Folgen für die Umwelt

«Wenn der kleine Pizolgletscher weg ist, stört das – ausser vielleicht den Glaziologen – niemanden», sagt Huss. Doch für die Umwelt kann das Schmelzen weitreichende Folgen haben.

Links: Luftaufnahme des damals noch existierenden isländischen Okjökull-Gletschers in 1986. Rechts: Vom geschrumpften Gletscher ist im August 2019 nur ein kleiner Fleck aus Eis übrig. - DPA

«Während wir im Jahr 2018 überall in der Schweiz einen extrem trockenen Sommer hatten, führten die Flüsse in den Gletschertälern Hochwasser und linderten damit die Wasserknappheit», führt Huss aus. Ohne Gletscher falle das «Extra-Wasser» weg, was zu Problemen führen könne.

Doch auch im globalen Rahmen sorge das Schmelzen für neue Herausforderungen. «Wenn alle Gletscher schmelzen, steigt der Meeresspiegel um 40cm», sagt der Gletscher-Experte. Das Schmelzen schreitet stetig voran.

20 Prozent des Gletschervolumens ging verloren

«In der Schweiz ging in den letzten zehn Jahren rund ein Fünftel des Gletscher-Volumens verloren», sagt Huss. Die Zukunft sieht ebenfalls wenig rosig aus. Huss: «Sehr langfristig gesehen – also 200 Jahre – wird mit der aktuellen Klimaentwicklung gar kein Gletscher in der Schweiz überleben können.»

Der Aletsch Gletscher ist Unesco Welterbe: Doch mit zusehends häufigeren Hitzesommern schmelzen die Gletscher und schwitzen die Menschen. (Archivbild) - SDA

Doch bereits bis zum Jahr 2100 werden nur die heute grössten und höchsten Gletscher überleben. Darunter fällt etwa der Aletschgletscher. Der Vorteil dieser Gletscher: Die dicke Eisschicht braucht lange zum Schmelzen.

Die Lösung ist für Huss klar: Es braucht stärkeren Klimaschutz. Doch selbst wenn das Pariser Abkommen von 2015 umgesetzt wird, werden die Gletscher laut Huss um etwa ein Drittel schmelzen.

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Nau - Auf dem Titlis Gletscher will man trotz Klimawandel auch in 50 Jahren noch Skifahren können.