Neues Wahlsystem bringt Spannung in Bündner Parlamentswahlen
Im Kanton Graubünden wird erstmals im Majorz-System gewählt. Dadurch wird eine Verschiebung zu den dort kleinen Parteien SP, SVP, Grüne und GLP erwartet.
Das Wichtigste in Kürze
- Erstmals wählen die Bündner ihr Parlament und ihre Regierung im Majorz-System.
- Dadurch dürfte es zu Verschiebungen zu den kleineren Parteien kommen.
- Mitte und FDP sind gefordert, ihre Sitze zu halten.
Die Bündner Wahlberechtigten bestellen am (heutigen) Sonntag das Parlament und die Kantonsregierung neu. Die Wahlen werden mit Spannung erwartet: Ein neues Wahlsystem verspricht Kräfteveränderungen im Grossen Rat und um die Regierungssitze kommt es zu einer Kampfwahl.
Der 120-köpfige Grosse Rat wird zum ersten Mal nach dem Proporzsystem (Verhältniswahl) gewählt und nicht mehr nach dem Majorz (Mehrheitswahl). Der Proporz bricht mit der bisherigen «Persönlichkeits-Wahl» in den Talschaften.
Die Sitze werden nicht mehr separat in jedem der 39 Wahlkreise vergeben, sondern zunächst gesamtkantonal auf die Parteien verteilt. Erst danach erfolgt die Zuweisung innerhalb der Wahlkreise.
Das neue System soll die Kräfteverhältnisse in Graubünden genauer abbilden als die bisherige Mehrheitswahl. Erwartet werden relevante Kräfteverschiebungen im Grossen Rat – voraussichtlich von der politischen Mitte an die Pole und von Gross zu Klein.
Die kleineren Parteien hoffen, deutlich mehr Gewicht zu erhalten. In Graubünden zählen dazu nebst den mandatslosen Grünen und der GLP auch die SVP und die SP. Die politischen Schwergewichte Mitte und FDP sehen sich jedenfalls gefordert, ihre Dominanz im Parlament zu halten.
Auch die Regierungswahlen haben es in sich. Um die fünf Sitze in der Kantonsregierung kämpfen eine Frau und sechs Männer, darunter drei Bisherige. Wiedergewählt werden wollen Marcus Caduff (Mitte), Peter Peyer (SP) und Jon Domenic Parolini (Mitte). Während die ersten beiden dem Wahlsonntag entspannt entgegen schauen dürfen, gilt Parolinis Wiederwahl – wie schon vor vier Jahren – als gefährdet.
Für Parolinis Partei, die Mitte, steht einiges auf dem Spiel. Sie muss drei Sitze verteidigen, darunter den Sitz eines zurücktretenden Regierungsrats. Die Kastanien aus dem Feuer holen soll Carmelia Maissen, Gemeindepräsidentin aus Ilanz im Bündner Oberland.
SVP will in Bündner Regierungsrat
Ob es der Mitte gelingt, alle Sitze zu halten, ist mehr als offen. Selbst als stärkste Grossratspartei ist sie in der Regierung durch die Fusion von CVP und BDP übervertreten.
Auch die FDP muss einen frei werdenden Sitz verteidigen. Sie versucht das mit Martin Bühler, der sich als Leiter des kantonalen Führungsstabs bei der Pandemie-Bewältigung einen Namen über die Kantonsgrenzen hinaus machte. Zurück in die Regierung drängt die SVP. Die Volkspartei ist dort seit 2008 nicht mehr vertreten. Richten soll es alt Parteipräsident Roman Hug.
Der siebte Kandidat, der parteilose 72-jährige Prättigauer Architekt Hans Vetsch, gilt als Aussenseiter ohne Chancen.