SBB führt Migranten von Buchs SG an französische Grenze
Die SBB begleiten Migranten von der österreichischen an die französische Grenze. Eine Rechts-Expertin sieht darin einen Verstoss gegen das Dubliner Abkommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Migranten werden von Buchs SG in Sonderwagen der SBB zur französischen Grenze gebracht.
- Eine Politikerin wirft ihr ein «aktive Migrationspolitik» vor, was nicht ihre Aufgabe sei.
- Das SEM argumentiert, dass man Menschen nicht an der Weiterreise hindern könne.
- Die SBB betont, dass man nur die Transportpflicht erfülle. Die SBB mache keine Politik.
In Buch SG kommen täglich Migrantinnen und Migranten mit dem Nachtzug aus Österreich an. Ihr Ziel ist aber meist nicht die Schweiz, sondern Frankreich oder Deutschland. Bei der Weiterreise scheint die SBB zu helfen – und verstösst damit wohl gegen das Dubliner Abkommen.
Die «Rundschau» von SRF hat die Grenzwächter und Bahn-Kundenbetreuer in Buchs SG beobachtet. So werden die Migranten aus dem Zug geholt und auf der Grenzwache kontrolliert. Anschliessend werden sie wieder auf das Perron und in einen reservierten Wagon des Schnellzugs nach Zürich gebracht.
In internen Weisungen wird dieses Vorgehen begründet: Den Migranten «ist teilweise eine gute Körperhygiene nicht möglich. Dies ist auch für die anderen Mitreisenden belastend».
In Zürich wartet dann bereits die Transportpolizei auf die Migranten. Sie werden zu den reservierten Plätzen im nächsten Zug begleitet. Dieser bringt sie nach Basel – in die Nähe der Grenze zu Deutschland und Frankreich.
Migrationsrechts-Professorin Sarah Progin-Theuerkauf sieht im Vorgehen der Bundesbahnen einen Rechtsverstoss, es sei nicht mit dem Dublin-Abkommen vereinbar. Dieses besagt, dass das Asylverfahren im ersten Staat durchgeführt werden muss, in den ein Flüchtling eingereist ist. Migranten, die in der Schweiz aufgegriffen werden, aber bereits in einem Dublin-Staat registriert sind, müssen zurückgebracht werden. «Das aktive Fördern des Durchreisens ist eigentlich schon rechtlich relevant», so Expertin Progin-Theuerkauf.
Grünen-Nationalrätin Greta Gysin kritisiert die SBB scharf: «Sie macht aktive Migrationspolitik, das ist nicht ihre Aufgabe.» Mit der «Eskortierung» und der Separierung sei «eine Grenze überschritten worden. Die SBB muss ab sofort darauf verzichten».
SEM: Menschen können nicht an Weiterreise gehindert werden
Rückendeckung erhalten die Bundesbahnen von SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann: «Die SBB übernimmt eine sehr undankbare Rolle.» Sie müsse ausbaden, was die Schweiz und die Politik in Europa falsch mache. «Es ist eine Folge der offenen Grenzen.»
Die SBB bezeichne nur spezielle Wagen für Migranten, die nicht in der Schweiz ein Asylgesuch stellen wollten, sagt Daniel Bach. Der Chef Information des Staatsekretariats für Migration sieht darin keine Erleichterung der Reise. Zudem könnten die Leute nicht daran gehindert werden, in ein anderes Land zu reisen.
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Die SBB verteidigt ihr Vorgehen: Hätten viele Reisende das gleiche Ziel, werde ein Sonderwagen zur Verfügung gestellt und die Menschen vom Personal gelenkt und unterstützt. «Wir machen keine Politik, unser Auftrag ist ein Transportauftrag.» Ein Fehler wird aber zugegeben: Die Formulierung zur Körperhygiene sei bereits korrigiert worden.