Trotz 300 Millionen Defizit: Der Kanton Zürich senkt die Steuern

Die Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton Zürich müssen in den kommenden zwei Jahren weniger Steuern zahlen: Der Kantonsrat hat am Dienstag bei der Budgetdebatte entschieden, den Steuerfuss von 100 auf 99 Prozent zu senken.

Ein Mann geniesst das sonnige Wetter beim Zeitunglesen an der Limmat, gegenüber dem Niederdorf in Zürich. (Symbolbild) - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kanton Zürich senkt den Steuerfuss um ein Prozent.
  • Der Antrag wurde von bürgerlicher Seite eingereicht.
  • Der Schritt erfolgt trotz einem Defizit von 300 Millionen Franken im Budget 2022.

Den Antrag, die Steuern zu senken, hiess der Kantonsrat mit 99 zu 68 Stimmen gut. Eingereicht wurde er von bürgerlicher Seite, also von SVP, FDP, Mitte und GLP, die sich bei Finanzfragen für gewöhnlich auf ihr «L» für «Liberal» beruft und mit den Bürgerlichen stimmt. Nur bei Umweltfragen ist die GLP auf der links-grünen Seite.

Die Bürgerlichen wollen mit der Steuersenkung den Standort Zürich stärken und der Bevölkerung «während der Pandemie etwas zurückgeben». Sehr viel sparen werden durchschnittlich verdienende Zürcherinnen und Zürcher allerdings nicht: Bei einer Einzelperson macht die Reduktion nur rund 15 Franken im Jahr aus.

Der Rasenmäher schneidet los

Um die Steuersenkung finanzieren zu können, setzten die Bürgerlichen eine so genannte Rasenmäher-Kürzung von 70 Millionen Franken durch. Rasenmäher heisst eine solche Pauschalkürzung darum, weil nicht klar ist, welche Leistungen dabei genau gekürzt werden sollen. Die Bürgerlichen stellten dazu auch keine Anträge.

Hans-Jakob Boesch, Präsident der FDP Kanton Zürich. - zVg

Diesen Sparauftrag zu erfüllen, ist nun Sache des Regierungsrats. Dieser lehnte die Steuersenkung ab, genauso wie die damit verbundene 70-Millionen-Kürzung. Mitten in der Krise dürfe man keine Steuern senken, sagte Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP). Die Regierung werde nun aber mit «straffem Haushaltsvollzug» versuchen, das Ziel zu erreichen.

Linke befürchten baldige Sparprogramme

Auf der links-grünen Seite und bei der EVP kamen die Steuersenkung und die 70-Millionen-Kürzung schlecht an. So werde bald ein Sparprogramm nötig. Das sei verantwortungslos, nur schon wegen der Corona-Pandemie, die bekanntlich noch nicht zu Ende sei.

Von dieser «lächerlichen» Steuersenkung würden nur Gutverdienende profitieren. Markus Bischoff (AL) bezeichnete die Steuersenkung als «Wahlkampf-Geschenk für die bürgerliche Klientel».

Das Budget 2022 weist ein Minus von 297,6 Millionen Franken aus. Der Aufwand liegt bei insgesamt 17,1 Milliarden Franken. Die Steuersenkung gilt für die Jahre 2022 und 2023. Im Kanton Zürich wird der Steuerfuss nur alle zwei Jahre bestimmt.