GLP-Häfliger: Klimaschutz geht nur mit – nicht gegen die Wirtschaft

Um die Klimaziele zu erreichen und für Veränderung zu sorgen, muss die Wirtschaft mit eingebunden werden und darf nicht ignoriert werden. Ein Gastbeitrag.

Dyami Häfliger sitzt für die Grünliberalen im Stadtrat von Langenthal. - zVg

Das Wichtigste in Kürze

  • Beim Klimaschutz ist es enorm wichtig, dass die Wirtschaft mit ins Boot geholt wird.
  • Vernunft, Innovation und Modernisierung sollten oberste Priorität haben.
  • Dies findet Dyami Häfliger von den Grünliberalen in seinem Gastbeitrag.
  • Häfliger ist Grünen-Stadtrat in Langenthal.

Als ich mich 2018 definitiv dazu entschieden habe, einer politischen Partei beizutreten, habe ich immer wieder über die Freisinnige oder die Grüne Partei nachgedacht. Bei den Grünen wollte ich nicht Teil einer Bewegung sein, die sich vorwiegend auf Verbote, Verzicht und Moralvorstellungen konzentrierte. Besonders fiel mir auf, dass in den politischen Positionen dieser Partei die Wirtschaft kaum Beachtung fand. Ich war überzeugt, dass es einen anderen Weg geben musste.

Als Langenthaler schien es naheliegend, den Jungliberalen und der FDP beizutreten. Die FDP trägt seit Jahrzehnten Verantwortung in der kommunalen Politik, verfügt über ein gutes Netzwerk und eine gut organisierte Jungpartei. Bei der Analyse der politischen Standpunkte der FDP blieb ich insbesondere an einer Position hängen: ihre Unterstützung für Atomstrom.

Ich konnte nicht verstehen, warum eine veraltete Technologie wie Atomstrom weiterhin favorisiert wurde, insbesondere angesichts der ungelösten Probleme im Umgang mit radioaktivem Abfall. Für mich war klar, dass dies keine zukunftsorientierte Politik sein konnte.

Nur mit der Wirtschaft kann es Veränderung geben

Dann stiess ich auf die Grünliberalen. Die erste Position, die ich las, lautete: «Wirksamer Umwelt- und Klimaschutz funktioniert nur mit und nicht gegen die Wirtschaft.» Dieser Grundsatz leuchtete mir sofort ein. Ohne die Wirtschaft könnten wir niemals die notwendigen Veränderungen erreichen, und unser Wohlstand wäre gefährdet.

Wir würden auch niemals die Mehrheit der Bevölkerung überzeugen können, wenn wir gegen die Wirtschaft agieren würden. In einer halbdirekten Demokratie wie der unseren sind die besten Lösungen und Forderungen wertlos, wenn sie nicht umgesetzt werden können.

Klimawandel. (Symbolbild) - keystone

Wir Politiker können uns vertieft mit den Themen auseinandersetzen und oft ist es offensichtlich, welche Massnahmen ergriffen werden müssen. Wir müssen den Mut aufbringen, diese Lösungen zu vertreten und selbst als Vorbild voranzugehen. Dabei dürfen wir nie vergessen, dass wir nur gemeinsam mit einer Mehrheit der Schweizer Bevölkerung diese Massnahmen beschliessen und umsetzen können. Es liegt an uns, die notwendigen Veränderungen zu gestalten und die Zukunft unseres Landes zu sichern.

Die Schweiz als Vorreiterin beim Klimaschutz

Die Verbindung von Umweltschutz und Wirtschaft ist der Ursprungsgedanke der Grünliberalen. Wir müssen uns einen wirksamen Umwelt- und Klimaschutz zum Vorteil machen und die Schweizer Wirtschaft zum Top-Player machen. Gemäss dem Klimaabkommen von Paris haben wir uns bis 2050 zu Netto-Null bei den Treibhausgasen verpflichtet. Die Schweiz kann es aber besser und mehr.

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Wir können bei den Treibhausgasen Netto-Null bis im Jahr 2040 erreichen und dafür einen verbindlichen Absenkpfad mit wirksamen Massnahmen definieren. Der Bund und die Kantone müssen vermehrt Anreize für die energetischen Sanierungen von Gebäuden beschliessen, aber auch zwingend Massnahmen beim Strassen- und Flugverkehr. Wenn wir die ökologische Trendwende richtig umsetzen, ist sie eine grosse Chance für unseren Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt. Wir wollen beim Klimaschutz und bei sauberen Technologien international eine Vorreiterrolle einnehmen.

Ambitionierter Klimaschutz und eine intelligente Energiepolitik sind eine grosse Chance für unsere Wirtschaft. Anreize für kluge Entscheidungen zu schaffen, erachten wir als Erfolgsmodell. Mit einem verursachergerechten Energiepreis können Wirtschaft und Privatpersonen in die längst vorhandenen Cleantech-Lösungen sicher investieren. So entsteht bei uns zugleich eine riesige Exportbranche.

Sichere Energieversorgung

Spätestens seit Beginn des schrecklichen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine verwendet wohl jede Partei den Begriff Versorgungssicherheit. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Bemühungen für den Ausbau der erneuerbaren Energie und damit die Stärkung der Schweizer Versorgungssicherheit gerade von den Parteien stets abgeschwächt oder verhindert wurde, welche heute dies am lautesten verlangen.

Energie. (Symbolbild) - keystone

Wir wollen und dürfen nicht eher abhängig von fossilen Energien aus Schurkenstaaten sein. Klimaschutz und Versorgungssicherheit gehen Hand in Hand. Die Technologien stehen bereit und müssen nur eingesetzt werden.

Wir dürfen uns nicht in der Panikmache verlieren und aufgrund der Extremwettersituationen Ängste schüren. Wir müssen vernünftig bleiben und die vorliegenden Lösungen sowie bestehenden Technologien einsetzen.

Energiestrategie mit den vier «E»

Wir Grünliberalen setzen uns für eine ganzheitliche Energiestrategie mit den vier «E» ein: Es braucht mehr Energie-Effizienz bei gleichem Komfort. Wir engagieren uns für einen starken Ausbau der Erneuerbaren (Solar, Wind, Wasser et cetera) und der Energiespeicher. Unerlässlich ist auch die Vernetzung mit Europa, ein Stromabkommen mit der EU spart uns enorme Kosten und sichert unsere Netzstabilität.

Zudem können wir jedes Gebäude zu einem Kraftwerk machen. Ziel ist eine effiziente und dezentrale Stromversorgung. Die Digitalisierung (Smart Grids) ermöglicht Effizienz und schafft Chancen bei der dezentralen Energieproduktion und -speicherung. Damit wird ein Beitrag zur Versorgungssicherheit geleistet.

Eine Solaranlage auf einem Dach. (Symbolbild) - keystone

Alle können sich beteiligen, etwa mit Solaranlagen auf jedem geeigneten Dach und Batterien von Elektrofahrzeugen als Speicher. Jeder soll sich möglichst mit selbst erzeugter Energie versorgen können.

Unsere Lebensgrundlagen schützen

Diesen Sommer haben wir lange Tage mit hohen Temperaturen erlebt, mehrmals wurden wir von einer solchen Hitzewelle erfasst. Die hohen Temperaturen und die darauffolgenden Stürme und Regenschauer stimmen mich nachdenklich. Ist das nun die neue Realität? Aus meiner Sicht zeigen die aktuellen Situationen, dass unsere Lebensgrundlagen heute stark bedroht sind.

Unsere Schweiz ist bekannt für ihre schöne Natur, Artenvielfalt, gesunde Böden und sauberes Wasser. Die Politik subventioniert heute faktisch die Verschmutzung des Trinkwassers und der Böden. Insekten und Vögel sterben, die für das Ökosystem extrem wichtig sind. Diese Fehlanreize müssen endlich beseitigt werden, besonders bei der Überdüngung und beim schädlichen Einsatz von risikoreichen Pestiziden.

Zum Autor: Dyami Häfliger ist Verlagsleiter in Thun und Stadtrat in Langenthal. Der Jurist steht für eine nachhaltige und liberale Wirtschaftspolitik sowie bessere Beziehungen zur EU. Er kandidiert auf der Liste der Grünliberalen für den Nationalrat.