China wächst deutlich weniger stark als angegeben
China wächst noch, aber weniger stark als auch schon. Schweizer Ökonomen glauben, dass das Wachstum noch geringer ausfällt, als China dies kommuniziert.
Das Wichtigste in Kürze
- Gemäss Schweizer Ökonomen ist China letztes Quartal nur um 5,1 Prozent gewachsen.
- Mit der neuen Seidenstrasse will das Land das Wachstum wieder ankurbeln.
Der chinesische Wachstumsmotor ist ins Stottern geraten. Im dritten Quartal legte die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt nur um sechs Prozent zu. Dies gab die Regierung am Freitag bekannt. Das ist die schlechteste Wachstumsrate seit Jahrzehnten.
Der Hauptgrund dafür liegt auf der Hand: Der Handelskrieg zwischen China und den USA lässt das Wachstum verlangsamen. Zum Vergleich: Noch 2010 wuchs die chinesische Wirtschaft um 10 Prozent, seither verlangsamte sich das Wachstum allerdings kontinuierlich.
Experten hatten bereits erwartet, dass die chinesische Wirtschaft offiziell um rund sechs Prozent wachsen wird. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass China seine Statistik schönfärbt.
Weniger Wachstum als angegeben
Die Ökonomen von Wellershoff & Partners haben nachgerechnet. Das Beratungsunternehmen rechnet, dass die Volksrepublik in den letzten drei Monaten um nur 5,1 Prozent zugelegt hat.
Gemäss einer Untersuchung von Wellershoff & Partners ist China seit 2005 deutlich langsamer gewachsen, als offiziell kommuniziert wird. Die Ökonomen haben ein durchschnittliches Wachstum von jährlich 7,1 Prozent errechnet. Das ist fast zwei Prozent weniger, als China angibt.
«Diese Differenz mag klein erscheinen, im Endeffekt dürfte die chinesische Wirtschaftsleistung heute jedoch rund ein Viertel tiefer ausfallen als dies offizielle Zahlen suggerieren», kommentiert das Beratungsunternehmen.
Wachstum mit neuer Seidenstrasse
Abschreiben sollte man das Land dennoch nicht. «Daten aus der Industrie und dem Bau zeigen, dass die Produktion in diversen Sektoren zunimmt – dies trotz weltweiter Industrieschwäche und trotz sinkender Exporte in die USA.» Auch ein Wachstum von 5,1 Prozent sei über dem Trend.
China hat erkannt, dass das Wachstum ins Stottern gerät. 2013 hat Präsident Xi Jinping darum ein neues Mammut-Projekt angekündigt: Die neue Seidenstrasse. Seither haben über 100 Länder eine Absichtserklärung unterzeichnet, an der sogenannten «Belt and Road Initiative» teilzunehmen.
Mit der Initiative will China Eisenbahnlinien, Strassen und Seeverbindungen nach Europa und Afrika bauen. Damit sollen 65 Prozent der Weltbevölkerung erreicht werden. Experten schätzen, dass der internationale Handel damit um 12 Prozent wachsen könnte. In westlichen Ländern wird das Projekt allerdings als zu einseitig zugunsten Chinas wahrgenommen. Die Schweiz ist diesbezüglich weniger skeptisch.