NRW-Gesundheitsminister Laumann: «Tönnies wird völlig anders arbeiten»
Anlässlich der Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs am Hauptsitz des Fleischkonzerns Tönnies am Donnerstag hat der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) umfassende Massnahmen gegen eine erneute Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zugesagt.
Das Wichtigste in Kürze
- Betrieb in Rheda-Wiedenbrück nach coronabedingter Zwangspause mit neuer Lüftung.
«Tönnies wird völlig anders arbeiten», sagte Laumann im ZDF-«Morgenmagazin». So seien staatliche Hygiene-Experten in dem Betrieb in Rheda-Wiedenbrück präsent, und das Werk habe eine neue Lüftung bekommen.
«Ich habe auch entschieden, dass die Öffnung von Tönnies grundsätzlich auch von Beamten des Arbeitsschutzes begleitet wird», hob Laumann hervor. So solle dafür gesorgt werden, «dass auch die Abstände eingehalten werden, dass da, wo man Abstände nicht einhalten kann, Masken getragen werden».
Zum Antrag von Tönnies auf staatliche Zahlungen wegen des Betriebsausfalls während der Corona-Pandemie sagte Laumann, dass Nordrhein-Westfalen «freiwillig keinen Cent an Herrn Tönnies bezahlen» werde. Am Hauptstandort des Fleischkonzerns in Rheda-Wiedenbrück hatte es Mitte Juni einen massiven Corona-Ausbruch mit mehr als 1400 infizierten Beschäftigten gegeben. Der Betrieb wurde daraufhin vorübergehend geschlossen.
Tönnies durfte am Donnerstag den Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück wieder aufnehmen. Greenpeace-Aktivisten protestierten aus diesem Anlass mit einer Banneraktion auf dem Werksgelände gegen Billigfleisch. Die Aktivisten landeten mit motorisierten Gleitschirmen auf dem Dach des Tönnies-Hauptgebäudes und brachten an der Aussenwand neben dem Firmenlogo ein sieben mal 14 Meter grosses Banner mit der Aufschrift «Schluss mit dem Schweinesystem» an.
Greenpeace verwies darauf, dass Tönnies in dem Werk zuletzt bis zu 30.000 Schweine pro Tag geschlachtet habe. «Das System Billigfleisch ist komplett krank und nicht nur für die Beschäftigten der Fleischindustrie in Corona-Zeiten ein Gesundheitsrisiko», kritisierte der Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann.
Kritik am Vorgehen der nordrhein-westfälischen Behörden im Fall Tönnies übten der Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff. «Dass wichtige Entscheidungen wie die Wiederinbetriebnahme von Europas grösstem Schlachthaus vom Bürgermeister einer Kleinstadt getroffen werden, ist fahrlässig», erklärte der Bundestagsabgeordnete.«Hier hätten zwingend die Fachämter auf Landesebene mit einbezogen werden müssen.»
Zudem sei «höchst fraglich», weshalb die Absprachen zum Konzept der Wiederinbetriebnahme hinter verschlossenen Türen stattgefunden hätten. «Dass Tönnies jetzt einfach wieder zur Tagesordnung übergeht, ist unbedingt zu vermeiden», mahnte Ostendorff. «Das Unternehmen muss sein Hygienekonzept umgehend offen legen und die Kontrollbehörden müssen ihre Ergebnisse regelmässig kommunizieren.»