Schweizer Konsumenten profitieren nicht von sinkenden Zuckerpreisen

Der globaler Zuckermarkt steht derzeit unter Druck. Die Schweizer Konsumenten profitieren kaum von sinkenden Preisen.

Die Zuckerpreise in der Schweiz sinken nicht im Einklang mit dem Weltmarkt, da etwa zwei Drittel des verwendeten Zuckers im Inland produziert werden. (Symbolbild) - Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Der globale Zuckermarkt ist derzeit unter Druck. Während in Deutschland der Zuckerpreis auch im Detailhandel sinkt, profitieren die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz kaum davon. Derzeit kostet das Pfund Zucker auf den Weltmärkten noch rund 20 US-Cent, nach bis zu 25 Cent zu Jahresbeginn. Im Tief vor wenigen Wochen rutschte der Zuckerpreis zeitweise sogar auf nur noch gut 17 Cent und damit auf den tiefsten Stand seit Oktober 2022.

Für die aktuelle Talfahrt des Weltmarktpreises für Zucker gibt es eine recht einfache Erklärung. Zum einen entlasten die gesunkenen Energiekosten die Produktionskosten, zum anderen zeichnen sich in wichtigen Anbauländern Rekordernten ab. «Die gesunkenen Energiepreise verbilligen einen wichtigen Inputfaktor in der Zuckerproduktion», erklärt Santosh Brivio, Ökonom bei der Migros Bank, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.

Brasilien, Thailand, Indien und USA erwarten Rekordernten

Auch die guten Ernteaussichten in Ländern wie Brasilien, Thailand und Indien tragen zu sinkenden Zuckerpreisen bei. «Wichtige Zuckerproduzenten rechnen mit einer guten Ernte oder sogar mit einer Rekordernte», so der Migros-Bank-Ökonom. Euphorie herrscht schliesslich auch bei den Ernteaussichten in den USA.

Gemäss dem jüngsten Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums weisen die Ernten im Mittleren Westen der USA einen überdurchschnittlichen Zuckergehalt der Rüben aus (16 statt der üblichen rund 14 Prozent). Ähnlich äussert sich Carsten Fritsche von der Commerzbank in einem aktuellen Kommentar. «Die Zuckerrohrernte in Brasilien dürfte in diesem Jahr mit 698,8 Millionen Tonnen um rund vier Millionen Tonnen höher ausfallen als bisher erwartet.»

Allerdings schränkt er auch ein. Dies werde sich nicht zwangsläufig in einer entsprechend höheren Zuckerproduktion niederschlagen. Denn für die Zuckerfabriken sei es auch sehr attraktiv, Ethanol herzustellen.

Deutsche Discounter senken Preise drastisch

Trotz dieses einen einschränkenden Faktors profitieren derzeit in vielen Ländern auch die Konsumenten von sinkenden Zuckerpreisen. In Deutschland beispielsweise können sie sich über einen regelrechten Preissturz freuen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur DPA haben deutsche Discounter wie Aldi Nord und Aldi Süd sowie Supermarktketten wie Edeka und Netto den Preis für ein Kilogramm Zucker ihrer Eigenmarken von 1.49 Euro auf 89 Cent reduziert.

Auch andere grosse deutsche Handelsketten wie Kaufland, Lidl, Rewe und Penny haben ihre Zuckerpreise deutlich gesenkt. Damit liegt der Preis wieder fast auf dem Niveau von Anfang 2022. Denn im Januar 2022 lag der Regalpreis für Zucker der Eigenmarken deutscher Detailhändler noch bei 79 Cent pro Kilogramm. Im Dezember desselben Jahres war er auf 1.49 Euro geklettert.

Schweizer Konsumenten profitieren nicht von sinkenden Zuckerpreisen

Weniger Glück haben die Konsumenten in der Schweiz. Coop und Aldi Suisse beispielsweise halten ihre Verkaufspreise für Zucker derzeit stabil. «Unsere Preise richten sich in erster Linie nach den Einstandskosten. Wenn Preisreduktionen möglich sind, geben wir diese selbstverständlich an unsere Konsumentinnen und Konsumenten weiter», erklärte etwa ein Coop-Sprecher auf Anfrage von AWP.

Und auch bei Aldi verspricht man immerhin, Kostenvorteile – wenn sie denn entstehen – an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben. Das versprechen auf Anfrage auch Lidl Schweiz und Denner. Bei Volg rechnet man immerhin bald mit etwas sinkenden Preisen. Völlig bedeckt hält sich die Migros – der orange Riese will sich auf Anfrage nicht zu seiner Preisgestaltung äussern.

Zuckerpreise in der Schweiz stagnieren trotz globalem Rückgang

Doch wieso sinken die Preise in der Schweiz nicht im Gleichklang mit dem Weltmarkt? Das liegt daran, dass etwa zwei Drittel des hierzulande verwendeten Zuckers im Inland produziert wird. Und für diesen Zucker legt die Interprofession Zucker – sie besteht aus verschiedenen Akteuren der Branche wie Zuckerrübenpflanzern oder Zuckerherstellen – einen Richtpreis fest.

An diese Branchenvereinbarung halten sich dann die meisten Marktteilnehmer. Für das aktuelle Jahr 2024 beträgt der Richtpreis 61 Franken pro Tonne Zuckerrüben, 2025 soll dies gemäss einer bereits getroffenen Vereinbarung so bleiben. Doch zurück von der kleinen Schweiz auf die globalen Märkte. Ob die Preise dort in den nächsten Monaten so tief bleiben, ist unklar.

Migros-Bank-Ökonom Brivio etwa warnt, dass Wetter und Klima das Angebot jederzeit kurzfristig belasten könnten: «Zuckerrüben brauchen trockene Bedingungen, um den Zuckergehalt zu konzentrieren. Stärkere Niederschläge bis zur Ernte könnten die Produktion deshalb jederzeit beeinträchtigen.»