Bedrohungsmanagement soll Gewalttaten in Graubünden verhindern
Die Bündner Regierung will ein zentrales Bedrohungsmanagement aufbauen, um potentielle Gewalttaten zu verhindern. Eine neue Fachstelle soll gefährliche Entwicklungen von Personen frühzeitig wahrnehmen, beurteilen und allenfalls dagegen intervenieren.
Zudem sollen Gewaltbetroffene, Zielpersonen und Zielinstitutionen geschützt werden, wie das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit am Mittwoch mitteilte. Besteht ein erhöhtes Risiko für eine Gewalttat, soll diese über das Bedrohungsmanagement verhindert werden. Langfristige Lösungen ohne Gewalt seien das Ziel, hiess es.
Der Aufbau des Kantonalen Bedrohungsmanagements (KBM) geht einerseits auf Vorgaben des Bundes zurück, wie Justizdirektor Peter Peyer (SP) auf Anfrage erklärte. Anderseits werden damit Empfehlungen umgesetzt, welche die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum Bündner Baukartell abgab. Untersucht wurde damals auch ein Polizeieinsatz gegen den Whistleblower Adam Quadroni.
Das Kantonale Bedrohungsmanagement richtet sich gegen alle Formen von Gewalt. Nebst häuslicher Gewalt und Stalking stehen Drohungen gegen Schulen, die Verwaltung oder andere Institutionen im Fokus. Auch der gewalttätige Extremismus und die Radikalisierung gehören zum Aufgabenspektrum.
Es sei heute das Bewusstsein vorhanden, dass verschiedene Institutionen mit solchen Themen zu tun hätten und die vorhandenen Information zusammengeführt werden müssten, erklärte Peyer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. «Es geht darum, die richtige Einschätzung zu treffen, zum richtigen Zeitpunkt zu reagieren, aber nicht zu überreagieren.»
Das Kantonale Bedrohungsmanagement diene auch dem Schutz an sich völlig harmloser Menschen, die etwa ein einziges Mal ausfällig geworden seien. «Bei einer gemeinsamen Beurteilung kommt ein KBM in solchen Fällen möglicherweise zu einer anderen Einschätzung, als wenn nur eine Behörde den Fall anschaut», sagte der Justizdirektor.
«Wichtig ist, dass wir die Leute frühzeitig erkennen und ansprechen können», erläuterte Peyer. Etwa wenn beobachtet werde, dass sie sich zunehmend radikalisierten. Dann gehe es um die Frage, wie solche Menschen «in konstruktive Bahnen» gelenkt werden könnten.
Eine weitere denkbare Massnahme ist laut Peyer, Menschen mit problematischem Verhalten an die Beratungsstelle für gewaltausübende Personen zuzuweisen. Weiter kann die Polizei Rayon- oder Kontaktverbote aussprechen oder Personen in Gewahrsam nehmen. Diese Möglichkeiten hat die Polizei zwar heute schon. «Es geht jetzt darum, koordiniert vorzugehen und auf einer soliden gesetzlichen Grundlage zu handeln.»
Zum Einsatz kommen auch Software-Tools des sogenannten Predictive Policing. «Wenn diese Tools richtig und professionell eingesetzt werden, finde ich sie nicht problematisch», erklärte der Justizdirektor.
Die Fachstelle für Bedrohungsmanagement soll bei der Kantonspolizei Graubünden angesiedelt werden. Vorgesehen ist ein interdisziplinäres Kernteam aus Fachpersonen der Polizei, der forensischen Psychologie und der Sozialarbeit. Die Regierung hat den Projektaufbau genehmigt und die Ausarbeitung der dazu notwendigen gesetzlichen Grundlage in die Wege geleitet.
Die Schweiz gilt laut der Mitteilung im Bedrohungsmanagement als führend in Europa. Die meisten Kantone verfügen bereits darüber. Im Kanton Graubünden ist der Umgang mit Bedrohungen zurzeit noch dezentral geregelt.