«Ich stecke im klassischen Dilemma des Schweizer Handballers»

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Thun,

Nach einem Jahr in Norwegen ist Nicolas Suter wieder zurück bei Wacker Thun. Im Interview gibt er unter anderem Einblicke in seine Zeit bei Haslum HK.

Rückkehrer Nicolas Suter vom Wacker Thun im Interview - Romy Streit

Im Interview gibt Nicolas Suter nach einem Jahr in Norwegen Einblicke in seine Zeit bei Haslum HK, erzählt von seinen Ambitionen mit Wacker und sagt, wieso er nur für ein Jahr unterschrieben hat.

Interview: Antonio Milelli, Autor: Wacker Thun

Nicolas, wie hast du den Start bei Wacker nach deiner Rückkehr aus Norwegen erlebt?

Es war nicht ganz der Auftakt, wie ich ihn mir eigentlich vorgestellt hatte. Das hängt aber in erster Linie mit der Lachenhalle zusammen – und nicht mit der Mannschaft. Ich habe mich nach der coronabedingt speziellen Saison auf etwas mehr Normalität gefreut.

Dass nun die Lachenhalle nicht zur Verfügung steht, war im ersten Moment ein ziemlicher Dämpfer und hat mich beschäftigt. Zum Glück konnte ich dies schnell ablegen. Jetzt bin ich guten Mutes und bin zufrieden, wie wir uns zum Saisonauftakt gegen die Kadetten Schaffhausen und Suhr Aarau präsentiert haben.

Eingewöhnungszeit brauchte es wahrscheinlich nicht viel, da du das Umfeld und deine Mitspieler Spieler bereits kanntest?

Es hat alles reibungslos funktioniert. Im ersten Training wurde ich nicht einmal als neuer Spieler vorgestellt, da mich ja bereits alle kannten. Ich habe mich gefühlt, als käme ich von lagen Ferien in mein gewohntes Umfeld zurück. Ich schätze es sehr, dass ich das Garderobenleben vom ersten Tag an geniessen kann.

Geändert hat aber der Chefcoach. Es ist nicht mehr Martin Rubin, sondern Remo Badertscher, der nun in der Verantwortung steht. Worin unterscheiden sie sich?

Unter Remo ist alles sehr strukturiert und akribisch durchgeplant. Die Verantwortung ist auf mehrere Schultern verteilt. Remo fokussiert sich auf den Angriff, Roman Caspar auf die Deckung. Und auch Cyril Dähler gestaltet Trainings. Auf diese Weise erhalten wir von verschiedenen Personen Inputs. Unter Martin Rubin war die Hauptlast auf ihm.

Durch diese Aufteilung herrscht ein cooler Groove und es weht ein frischer Wind. Das neue Trainergespann ist extrem motiviert und gibt Vollgas. Der Funke ist auf die Mannschaft übergesprungen. Wir trainieren sehr hart und fordern uns gegenseitig heraus. Es herrscht eine gesunde Konkurrenzkultur im freundschaftlichen Rahmen.

Es ist also eine Art Aufbruchstimmung zu spüren?

Auf jeden Fall. Wir sind zwar eine eingespielte Truppe mit Spielern, die zum Teil mehr als 10 Jahre dabei sind. Der Trainerstab hält an erfolgreichen, bewährten Abläufen fest und bringt neue Ideen und Impulse ein. Das ist eine sehr spannende Ausgangslage.

Das ist genau das, was mich gereizt hat, als ich den Gedanken gefasst habe wieder zurückzukehren. Du gehst an einen bekannten Ort zurück, wo jedoch eine neue Geschichte geschrieben wird. Die Geschichte von Wacker 2.0.

War dieser Umstand ausschlaggebend für deine Rückkehr zu Wacker?

Für mich war von Beginn weg klar, dass ich nach Sicherheit suche, wenn ich zurückkehre. Als logische Folge kam für mich nur eine Rückkehr zu Wacker oder zu Aarau in Frage. Aarau wäre die romantische Rückkehr zu den Anfängen gewesen, vor allem wegen der Leute. Ich stellte aber fest, dass bei Aarau niemand aus meinen Zeiten mehr im Verein ist. Bei Wacker fühlte es sich von Beginn weg sehr natürlich an.

Mit Remo und ein paar Spielern aus der Mannschaft war ich während meiner Zeit in Norwegen immer in Kontakt. Schon nur als ich erwähnt habe, dass ich es in Betracht ziehen könnte zurückzukehren, habe ich von Wacker riesiges Interesse gespürt. Dies habe ich als sehr wertschätzend wahrgenommen. Die Gespräche mit Sven Zbinden waren sehr offen und gut und wir konnten uns schnell einigen.

Wieso hast du nur für ein Jahr unterschrieben?

Für mich sind Offenheit und eine ehrliche Kommunikation wichtige Werte. Bei den Verhandlungen habe ich deshalb von Beginn weg kommuniziert, dass ich nur für ein Jahr unterschreiben möchte. Ich weiss heute nicht, ob ich nach dieser Saison weiter Handball spielen werde. Im Winter schliesse ich mein Masterstudium ab und will ab dem Frühling Erfahrungen im Berufsleben sammeln.

Das bringt mich ins klassische Dilemma des Schweizer Handballers. Ich habe einen Master-Abschluss, könnte gut noch ein paar Jahre auf höchstem Niveau Handball spielen, muss aber abwägen, wo die Priorität liegt.

Du schliesst aber nicht aus, dass du über diese Saison hinaus Handball spielen wirst?

Es kann anders kommen, als man denkt. Das hat mich meine Zeit in Norwegen gelehrt. Für mich war klar, dass ich für zwei Jahre ins Ausland wechsle und danach mit dem Handballspielen aufhöre. Schon nach einem halben Jahr habe ich mit Wacker telefoniert und habe für diese Saison einen Vertrag in der Schweiz unterschrieben.

Das hat mir gezeigt, dass es die glasklaren Zukunftsentscheide nicht gibt. Es kann immer Wendungen geben, die du nicht direkt beeinflussen kannst. Ich kann mir vorstellen den Einstieg in die Berufswelt zu wagen, aber ich kann mir ebenso gut vorstellen weiter Handball zu spielen. Es kommt auch darauf an, wie viel Spass ich am Handball habe. Bin ich bereit, den notwendigen Aufwand zu betreiben?

Was nimmst du sonst noch mit aus deiner Zeit in Norwegen?

Sicher die Sprache. Ich bin sehr froh, dass ich mich intensiv mit der norwegischen Sprache auseinandergesetzt habe. Ich konnte mich dadurch sehr schnell mit den Einheimischen unterhalten und war dadurch kein Fremdkörper mehr.

Zudem durfte ich die Ausländerperspektive einnehmen in einem Verein sehen, was das bedeutet im Sinne von Identifikation mit dem Verein, Zusammenhalt in der Mannschaft und wie viel Zeit es braucht den Platz in der Mannschaft zu erarbeiten neben und auch auf dem Feld. Es braucht alles extrem viel Zeit und Eigeninitiative.

Was nimmst du sportlich mit?

Es ist nicht so einfach dein gewohntes Niveau aus der Heimliga, welches du über Jahre konstant hattest, einfach so in einer anderen Liga abzurufen. Das hat mich erstaunt. Es gab auch Banalitäten, wie die Menge an Harz, die in Norwegen verwendet wird. Ich kam zu Beginn nicht klar damit.

Ich habe dadurch mindestens einen technischen Fehler pro Spiel gemacht. Auch der Umgang mit dem Spielsystem war völlig anders. Wir hatten sehr viele junge Spieler, die sehr talentiert sind. Diese liessen sich nicht in ein fixes System zwängen, wie wir es zum Teil in der Schweiz spielen. Dadurch haben wir aus meiner Sicht zum Teil kopflos gespielt.

Zurück zu Wacker. Wir haben ein gutes Team beisammen. Was ist möglich in dieser Saison?

Ich bin sehr optimistisch und denke, dass mit dieser Mannschaft einiges möglich ist. Unser Kader ist gut besetzt und wir haben auch Breite. Das war in den letzten beiden Jahren auch schon so, aber die Verletzungsanfälligkeit hat uns das Leben schwer gemacht.

Gerade weil wir in den vergangenen beiden Saisons bescheiden abgeschnitten haben, ist es vermessen zu hohe Rangziele zu stecken. Wenn es uns gelingt über die Saison hinweg konstante Leistungen zu zeigen, nicht unter ein gewisses Niveau zu fallen und wir unser System in der Verteidigung und im Angriff verinnerlichen, dann können wir die Teams aus den Top-4 ärgern.

Das tönt bescheiden. Ihr habt schon höhere Ambitionen?

Auf jeden Fall. Wir tragen diese aber nicht prominent hinaus. Jeder Spieler und der Staff tragen die Ambitionen in sich mit. Jeder ist sich bewusst, dass wir uns nun zuerst beweisen müssen.

Und zum Schluss. Was wünschst du dir für diese Saison?

Einerseits wünsche ich mir viel Gesundheit für die Mannschaft. Und andererseits wünsche ich mir, dass wir die Vision Wacker 2.0, die Weiterentwicklung des Wacker-Grooves aus den sehr erfolgreichen Jahren, in die Realität umsetzen können.

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