Influencer fallen auf Luxus-Täschli-Verschwörungstheorie herein

Rowena Goebel
Rowena Goebel

Zürich,

Chinesische Propaganda um Luxus-Taschen verbreitet sich im Netz wie ein Lauffeuer. Viele fallen drauf rein – aber ob wirklich alles gelogen ist, ist unklar.

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Diese Influencerin behauptet, sie habe ihre Gucci- und Louis-Vuitton-Taschen direkt in der Originalfabrik in China gekauft. - Tiktok

Das Wichtigste in Kürze

  • Fabrik-Arbeiter weibeln auf Tiktok dafür, Markenartikel direkt in China zu bestellen.
  • Ihre Taschen werden angeblich von den gleichen Mitarbeitern hergestellt wie die Originale.
  • Beweise gibt es nicht – trotzdem fallen viele herein.

Nachdem Trump hohe Zölle auf chinesische Waren ankündigte, folgte prompt die Reaktion: Chinesische Influencer streuten im Netz die Behauptung, man könne Marken- und Luxusartikel direkt ab Fabrik in China bestellen.

So erzählt ein Tiktoker von seiner Handtaschen-Fabrik. Die Produkte seien handgefertigt und von sehr hoher Qualität – und deutlich günstiger als Marken-Produkte.

Bist du schon einmal auf eine Verschwörungstheorie reingefallen?

Dabei seien es die genau gleichen Handtaschen, hergestellt von den genau gleichen Arbeitern. «Wir waren die Produzenten von Luxus-Labels.»

In einem Video behauptet ein angeblicher Fabrik-Arbeiter, die Luxus-Taschen würden fast fixfertig in China vorproduziert. Die Luxus-Unternehmen selbst würden nur noch die Logos anbringen und die Taschen verpacken.

Halbwahrheiten und viel Unklares

Dafür, dass man originale Luxus-Taschen für einen Mini-Preis bekommt, wenn man sie direkt in China kauft, gibt es keine Beweise. Und die Designer selbst sagen etwas völlig anderes.

Die beliebte Luxustaschen-Marke Louis Vuitton zum Beispiel schreibt, sie produziere ihre Lederprodukte ausschliesslich in Frankreich, Spanien, Italien und den USA. Und Gucci gibt an, 95 Prozent aller Produkte in Italien herzustellen.

Was wirklich stimmt, ist unklar. Der britische Lieferketten-Experte Paul Roeland sagt gegenüber BBC zwar, es gebe viel Produktion in China. Auch für Luxus-Marken.

So einfach, wie das die oben erwähnten chinesischen Videos darstellen, sei es jedenfalls nicht.

«Oft wissen wir es nicht genau, weil die Luxus-Branche sehr widerständig darin gewesen ist, ihre Lieferketten offenzulegen.»

Dass in Europa nur ein Logo angebracht werde, stimme aber nicht.

Influencerinnen zeigen stolz ihre Fake-Taschen

Trotzdem: Solche Verschwörungstheorien sind inzwischen so verbreitet, dass sie völlig losgelöst vom Zoll-Zoff weitererzählt werden.

Und das auch in Europa. Es gibt mehrere Videos auf Deutsch, in denen Influencerinnen stolz über ihre Taschen-Bestellungen in China erzählen.

Tiktok
Auch diese Influencerin witzelt über die Täschli-Verschwörungstheorie. Doch Spass und Ernst liegen nahe beieinander. - Tiktok

Ein Clip mit satten 26'000 Likes zeigt eine junge Frau, die zu einem chinesischen Lied tanzt. In der Hand hält sie mindestens zehn «Designer»-Taschen.

Dazu schreibt sie: «Ich, weil ich schon meine ganzen Taschen aus der Originalfabrik in China gekauft hab.»

Später stellt sie klar, das sei ein Scherz gewesen, sie wisse, dass die Taschen fake sind. In China hat sie sie offensichtlich trotzdem gekauft.

Dutzende junge Frauen fordern Link

Und ob Witz oder nicht: In den Kommentaren zeigt sich, dass sich von den Videos viele inspiriert fühlen und es nachtun wollen.

Eine junge Nutzerin aus Deutschland schreibt der Tiktokerin: «Girl, wo hast du die bestellt, wenn ich fragen darf?» Auch zahlreiche andere fordern den Link oder die Webseite.

Hast du auch schon Billig-Ware aus China bestellt?

Viele machen sich jedoch auch über den Trend lustig. Einer kommentiert: «Find es lustig, wie jetzt alle denken» sie bekämen eine «originale Tasche», wenn sie in solchen Fabriken bestellen.

Ob die Verschwörungstheorie auch schon Schweizerinnen und Schweizer zum Kauf von China-«Luxus»-Taschen animiert hat, ist unbekannt.

Dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit BAZG ist keine Häufung solcher Bestellungen in den letzten Tagen bekannt, denn: «Derart kurzfristige Statistiken führen wir nicht», sagt Sprecher David Venetz zu Nau.ch.

Achtung: Bestellen ist verboten

Auch der Verein Stop Piracy, der Fälschungen bekämpft, weiss nicht, ob bereits Schweizerinnen oder Schweizer auf die China-Verschwörungstheorie hereingefallen sind.

Eveline Capol vom Verein erklärt bei Nau.ch jedoch: «Wir denken, dass solche Videos vor allem Leute ansprechen, die eine Legitimation suchen, um eine Fälschung kaufen zu können.»

Louis Vuitton
Eine gefälschte Louis-Vuitton-Tasche in Peking, China. (Archivbild) - keystone

Capol warnt davor, solche Produkte zu kaufen. «Wir weisen generell darauf hin, dass man beim Online-Kauf gewisse Punkte beachten soll.»

Wichtig sei es, das Impressum zu kontrollieren, damit man sieht, wer hinter der Webseite steht. Auch Rücksendemöglichkeit, Preis und Kundenbewertungsseiten sollte man beachten.

Und Achtung: «Die Einfuhr einer Fälschung in die Schweiz stellt rechtlich gesehen eine Markenverletzung dar», betont Capol.

Gemäss Markenschutzgesetz kann der Zoll die Fälschung einziehen und vernichten. Der Markeninhaber könne aber auch Schadenersatz wegen der Verletzung seiner Rechte verlangen.

«Gibt sehr viele unseriöse Anbieter»

Dass die China-Taschen aus derselben Fabrik stammen, die auch die Originale herstellt, ist bislang nur eine Behauptung.

Wäre es aber tatsächlich so und geschehe ohne Erlaubnis des Markeninhabers, «würden diese Produkte ganz klar das Immaterialgüterrecht verletzten». Damit wäre auch die Produktion strafbar.

Ganz allgemein warnt der Verein: «Es gibt leider sehr viele unseriöse Anbieter von Webseiten, die oft so schnell verschwinden, wie sie aufgetaucht sind.»

Besitzt du eine Luxus-Tasche?

Eine Übersicht biete die «Watchlist Internet» aus Österreich.

Auch der Handelsverband.swiss warnt bei Nau.ch vor solchen Direktgeschäften.

«Es geht ja nicht nur um die Frage, wo produziert wurde. Sondern auch um die Frage der verwendeten Materialien und um Design und Marke.»

Kaufe man Marken- und Luxusprodukte im Schweizer Handel, könne man sicher sein, ein Original zu erhalten.

Schweizer importieren fleissig Fake-Marken-Artikel aus China

Die Schweizerinnen und Schweizer bestellten übrigens schon vor den vielen Fabrik-Videos fleissig in China.

Das BAZG registrierte im Jahr 2024 eine Zunahme von Zollanmeldungen, wie es mitteilte. Das betraf insbesondere die Einfuhren. 2024 waren es 58,2 Millionen, im Jahr zuvor noch 47,3 Millionen.

China
Am Zoll wird festgestellt, dass Ware aus China in der Schweiz boomt. (Archivbild) - keystone

Zudem wurden mehr Sendungen mit gefälschten Markenartikeln festgestellt. 2023 waren es noch 7811, letztes Jahr 8318.

BAZG-Sprecher David Venetz erklärt bei Nau.ch: «Diese Zunahme ist auf den anhaltenden Boom im Online-Handel mit deutlich mehr Einzellieferungen für Private zurückzuführen.»

Die Anzahl Pakete aus Asien und insbesondere aus China habe stark zugenommen. Die Statistik Immaterialgüterrecht 2024 zeigt, dass die grosse Mehrheit der festgestellten gefälschten Markenartikel aus China und Hongkong stammen.

Kommentare

Butler Bloch

Ich habe alle meine Taschen aus China impfen lassen, sicher ist sicher.

Butler Bloch

Pferdesalbe hilft bei Fake Taschen.

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