Coronavirus: Flavia Wasserfallen warnt vor mehr häuslicher Gewalt
Flavia Wasserfallen (SP) warnt davor, dass Isolation wegen des Coronavirus zu einem Anstieg der häuslichen Gewalt führen kann. Die Risikofaktoren seien erhöht.
Das Wichtigste in Kürze
- SP-Nationalrätin Wasserfallen appelliert an die Bevölkerung und speziell an die Schulen.
- Die Risikofaktoren für häusliche Gewalt seien erhöht, die soziale Kontrolle falle weg.
- Die zuständige Berner Fachstelle begrüsst den Appell Wasserfallens.
Das Coronavirus legt die Schweiz lahm, nur noch die Grundversorgung ist gewährleistet. Alles was darüber hinausgeht, ist vorerst auf Eis gelegt. «Bleib zu Hause!» lautet das Gebot der Stunde, um die Pandemie einzudämmen und Spitäler nicht zu überlasten.
Ausnahmesituation Homeoffice
Doch Isolation ist für Menschen eine schwierige Ausnahmesituation. Dazu kommen Existenzängste, in vielen Branchen fürchten Arbeitnehmer, trotz der vom Bundesrat in Aussicht gestellten finanziellen Hilfe, um ihre Jobs. Dazu kommt, dass sich Menschen, die zusammenleben, nur noch schwer aus dem Weg gehen können.
Eine Spezialistin für Sozialpsychologie an der Universität Zürich rechnet mit einer Zunahme an zwischenmenschlichen Konflikten. Anne Berthold schliesst nicht aus, dass es in einigen Monaten einen Anstieg in der Scheidungsrate geben wird.
Coronavirus verstärkt Risikofaktoren
Eine Entwicklung, die auch Flavia Wasserfallen Sorge bereitet. Die SP-Nationalrätin richtet sich mit einem Appell an Schulleitungen und Lehrpersonen und warnt: «Die Corona-Situation verstärkt die Risikofaktoren für häusliche Gewalt.»
«Es ist mir ein Anliegen, dass wir gerade jetzt, beim Rückzug in die eigenen vier Wände, an die Menschen denken, die zu Hause von Gewalt betroffen sind», schreibt Wasserfallen. «Der tägliche persönliche Kontakt mit Kita-Betreuenden oder Lehrkräften hat eine wichtige Schutz- und Kontrollfunktion für gewaltbetroffene Kinder.»
Soziale Kontrolle durch direkten Kontakt
Wasserfallen bittet deshalb die Lehrerschaft und weitere Bezugspersonen, nebst der Vermittlung von Schulstoff, Formen zu finden, wie jedes Kind in einem regelmässigen Abstand mit der Lehrperson direkten Kontakt haben kann. Skype oder Telefon seien dabei gangbare Wege.
«Auch gilt es für die aufsuchende Sozialarbeit und den Bereich der Kita-Betreuung, Angebote einzurichten, damit schutzbedürftige Kinder nicht unter dem Radar verschwinden», so Wasserfallen weiter.
Auf Nachfrage von Nau.ch betont die SP-Nationalrätin: «Es kann auch helfen, wenn wir in der Nachbarschaft aufmerksam sind. Menschen, die nebeneinander wohnen, kennen sich oft. Wir dürfen nicht wegschauen, wenn wir Zeugen von häuslicher Gewalt werden.»
Fachstelle rechnet mit Anstieg
Noch hat sich die Situation noch nicht verschärft, berichtet die Fachstelle Häusliche Gewalt Bern. Die «ausserordentliche Lage» wegen des Coronavirus gilt allerdings auch erst seit Montag um Mitternacht. «Wir haben in den letzten zwei Wochen keine Zunahme an Anrufen verzeichnet, es ist bislang alles im normalen Bereich», sagt Beraterin Lena Feldmann auf Anfrage von Nau.ch.
«Die Risikofaktoren sind derzeit verstärkt. Es kann darum gut sein, dass der Anstieg noch kommt», so Feldmann weiter. Den Appell Wasserfallens begrüsst die Fachstelle. «Wir betonen grundsätzlich immer, dass soziale Kontrolle hilft, häusliche Gewalt zu verhindern. In dieser Ausnahmesituation ist Zivilcourage doppelt wichtig.»