Coronavirus: Kantone drängen auf Passagierlisten für Quarantäne

Die Quarantäne-Lücken wegen dem Coronavirus sind gross – Einreisende aus Risikoländern haben leichtes Spiel. Die Kantone drängen auf die Passagierlisten.

Einreisende am Flughafen Genf. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Montag gilt in der Schweiz die Quarantänepflicht für Einreisende aus Risikoländern.
  • Bei der Kontrolle bestehen noch grosse Lücken.
  • Die Kantone fordern vom Bund, die Passagierlisten zu organisieren und übermitteln.

Es scheitert an der Information, am Flyer, am Eintippen von 221 Zeichen. Die Behörden sind mit der seit Montag geltenden Quarantäne-Pflicht für Einreisende aus 29 Risiko-Staaten schlicht überfordert. Passagiere werden nicht richtig informiert, Behörden wissen nicht, wer einreist.

Das Umgehen der Quarantäne und ungewollte Verbreiten des Coronavirus wird so zum Kinderspiel. Und das, obwohl gemäss Stefan Kuster vom BAG ein Viertel aller Corona-Neuinfektionen aus dem Ausland importiert werden.

Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey betonte an der gestrigen Pressekonferenz des BAG: Passagierlisten wären eine grosse Erleichterung. «Das würde die Arbeit sehr vereinfachen, man könnte früher mit dem Contact Tracing beginnen.»

Linda Nartey an einem Point de Presse des BAG. - keystone

Airlines und Kantone müssen bei der Eindämmung des Coronavirus zusammenspannen. Warum tun sie dies nicht? Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektorenkonferenz GDK, wird gegenüber Nau.ch deutlicher.

«Das ist Aufgabe des Bundes, dieser muss uns die Passagierlisten liefern.»

Airlines wollen noch keine Listen zur Bekämpfung des Coronavirus rausrücken

Der Ball liegt beim BAG. «Es braucht noch Abklärungen», verteidigte sich Stefan Kuster an der Pressekonferenz. Näher wollte das BAG nicht auf die Listen eingehen.

«Fehler können passieren», sagt Lukas Engelberger. - Keystone

Nau.ch hat selber nachgefragt, wo das Problem liegt. Der Flughafen Zürich reicht die heisse Katroffel an die Airlines weiter. Auch ein Fazit über die ersten Quarantäne-Tage kann und will der Flughafen nicht ziehen.

Die Swiss hingegen will ebenfalls keine Passagierlisten in Aussicht stellen. Sprecherin Karin Müller verweist stattdessen auf die «Kontaktkarte», welche seit anfangs Juni an Bord ausgefüllt werde. Zwar eine Auflage des BAG, weiter gereicht wird sie jedoch nur, wenn das BAG Bedarf anmeldet.

Mitarbeiter des ISS-Facility-Service reinigen die Kabine eines Flugzeugs der Swiss International Air Lines vor dem Abflug. - keystone

Weiter betont Müller, «dass wir unsere Fluggäste beim Boarding vor dem Flug am Gate über die neuen Einreisebestimmungen informieren».

Auch easyJet Switzerland hält sich bedeckt. Man arbeite mit den zuständigen lokalen Behörden «einschliesslich der kantonalen Gesundheitsämter» zusammen. Und werde dies auch weiterhin tun. Wie genau, bleibt auch auf Nachfrage unklar.

Kantone informieren Risiko-Passagiere bald selber an den Flughäfen

Die Zeit drängt, dies ist sich auch Engelberger von der GDK bewusst. «Wir erwarten vom Bund, dass er uns die Daten der Passagiere zeitnah liefern kann. Solange er das nicht tut, sind wir ganz auf die Eigenverantwortung der Passagiere angewiesen.»

Das funktioniere zwar teilweise. Doch sollte es schlicht möglich sein, Listen der Flughäfen oder auch Busunternehmen erheben und erhalten zu können.

Wann organisieren Bundesrat Alain Berset, rechts, und Stefan Kuster, Leiter der Abteilung übertragbare Krankheiten beim BAG und somit Beauftragter für das Coronavirus, die Passagierlisten für die Kantone? - keystone

«Die Zurückhaltung des BAG und der Airlines muss ich zur Kenntnis nehmen. Aber: Wir brauchen die Listen.» Die Message im Kampf gegen das Coronavirus ist deutlich.

Ansonsten bleibe den Kantonen nicht viel Handlungsspielraum. «Natürlich versuchen wir auch die freiwillige Mitwirkung der Passagiere zu fördern. Etwa mit einem Onlineformular, welches Basel-Stadt anbietet.»

Auch möchten die Kantone die Flughäfen selber mit Infomaterial beliefern, damit die richtige Kontaktaufnahme funktioniert. «Aber auch das braucht Zeit.»