Martin Ackermann rät Bundesrat von 22.-März-Öffnung ab
Klartext statt Maulkorb: Martin Ackermann, Chef der wissenschaftlichen Task Force des Bundes, rät der Landesregierung von der Beizen-Öffnung am 22. März ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nationalrat entschied sich am Montag gegen einen Maulkorb für die Task Force.
- Der Chef der Expertengruppe zeigt sich bei «10vor10» erleichtert über die Entscheidung.
- Ackermann machte zudem klar, dass er nicht viel von einer verfrühten Beizen-Öffnung hält.
Am Montagabend, nach einer zähen Debatte, entschied sich der Nationalrat gegen einen Maulkorb für die wissenschaftliche Task Force des Bundes. Somit bleiben die Experten trotz der Kritik aus der Politik in einer zentralen Rolle.
Der Chef der Gruppe zeigte sich in der gestrigen Ausgabe von «10vor10» entsprechend erleichtert. «Ich bin froh über diese Entscheidung», sagte Martin Ackermann und fügte hinzu: «Politik und Wissenschaft sind im Kern eigentlich gleich. Es geht um die Debatte und darum, dass nicht alle der gleichen Meinung sind und das ist extrem wichtig.»
Ackermann machte klar, dass er selbst grossen Respekt vor den Politikerinnen und Politikern habe, die diese «schwierigen und grossen Entscheidungen» treffen müssen – «und die Entscheidung vom Montag habe ich so interpretiert, dass es auch für uns und unsere Rolle Respekt gibt.»
Martin Ackermann: «Wir raten zu vorsichtigen und kleinen Schritten»
Der Chef der Task Force sprach auch darüber, was seine Gruppe dem Bundesrat für seine nächsten Entscheidungen raten werde. Er holte aus: «Seit Oktober und November ist es uns gelungen die Fallzahlen dreimal zu halbieren, aber in der gleichen Zeit sind die ansteckerenden Varianten häufiger geworden...»
Und weiter: Im Moment gebe es ein substanzielles Risiko, dass es wieder zu einem Anstieg der Infektionen kommen könnte und man stehe vor einer grossen Ungewissheit, so der Experte.
Dann kam er schliesslich auf den Punkt: «In dieser Situation, aus wissenschaftlicher Sicht, raten wir zu vorsichtigen und kleinen Schritten und dass die weiteren Entscheidungen immer auf eine Analyse der Situation abgestützt wird.»
SRF-Mann Urs Leuthard wollte jedoch eine konkretere Antwort und fragte nach, ob ein «vorsichtiger Schritt» etwa bedeute, man solle nicht alle Restaurants am 22. März öffnen. Ackermann: «Genau, das ist ein vorsichtiger Schritt.»
Martin Ackermann: «Wir legen Handlungsoptionen offen»
Biologe Ackermann verteidigte in dem Gespräch auch frühere Aussagen der wissenschaftlichen Task Force und wehrte sich gegen Kritik, die Gruppe habe «Weltuntergangs-Szenarien» verbreitet.
Er machte ein Beispiel: «Wir hatten im Herbst einige Szenarien vorgelegt, und zwar zu einer Zeit, als die Belegung der Intensivstationen schnell zunahm. Basierend auf diesen Informationen machten wir Aussagen, wie lange es gehen würde, bis die Kapazitätsgrenze erreicht wäre.»
Das sei dann tatsächlich auch eingetroffen, die Unispitäler hätten sich ja auch zu Wort gemeldet, gleich wie die Schweizer Gesellschaft für Intensivpflege. «Zum Glück hat man dann eingegriffen und so verhindert, dass sich die Situation noch weiter verschärft.»
Leuthard wies Ackermann darauf hin, dass die Task Force im Oktober aber auch zehn Massnahmen kommuniziert habe, die die Schweiz mehr oder weniger sechs Monate in einen Shutdown geschickt hätten.
Seine Gruppe lege Handlungsoptionen offen, von denen sie wissen, dass sie wirksam sind um Infektionen zu verhindern, verteidigte sich der Chef der Task Force. «Wir kommunizieren nie konkrete Vorschläge, was die Entscheidungsträger machen sollten.»