Ständerat will Familiennachzug für Schutzbedürftige erschweren
Schutzbedürftige Personen sollen ihre Familien erst nach drei Jahren in die Schweiz holen dürfen - gleich wie vorläufig aufgenommene Personen.
Das Wichtigste in Kürze
- Familienangehörige von Schutzbedürftigen sollen erst nach drei Jahren zuziehen dürfen.
- Dies ist die Entscheidung des Ständerates.
- Inhaber des S-Status haben eigentlich den Anspruch auf sofortige Zusammenführung.
Schutzbedürftige Personen sollen ihre Familien erst nach drei Jahren in die Schweiz holen dürfen - gleich wie vorläufig aufgenommene Personen. Das hat der Ständerat entschieden. Der S-Status wurde allerdings noch gar nie angewendet.
Nach dem geltenden Recht haben Schutzbedürftige - also Personen mit S-Status - Anspruch auf eine sofortige Familienzusammenführung. Das ist ein Grund, warum der S-Status seit seiner Einführung noch nie angewendet worden ist.
Kohärenz beim Familiennachzug soll erhöht werden
Der Ständerat hiess am Donnerstag mit 26 zu 14 Stimmen die Anpassung des Asylgesetzes gut. Kommissionspräsident Andrea Caroni (FDP/AR) sprach von einem «kleinen, aber feinen Versuch», das Asylsystem zu entlasten.
Eine Minderheit hätte nicht eintreten wollen. Könne sich beispielsweise ein Vater aus dem Krieg retten, müsse das auch seiner Familie ermöglicht werden. Dies sagte Lisa Mazzone (Grüne/GE).
Auch sei eine schnelle Integration dieser Familien sinnvoll. Etliche Kantone und das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Neuerung ab, sagte Mazzone.
Der Bundesrat war trotz Skepsis einverstanden. Die Gesetzesänderung trage dazu bei, die Kohärenz beim Familiennachzug zu erhöhen. Umgekehrt könnten aufgeschobene Familiennachzüge das Recht auf das Familienleben «ein gewisses Spannungsverhältnis» zum Verbot diskriminierender Eingriffe in das Familienleben schaffen.
Er gab zudem zu bedenken, dass mit der Anwendung des Status S hängige Asylverfahren sistiert würden. Deren Wiederaufnahme könne aber von den Betroffenen später beantragt werden, und dies könne zu Mehraufwand führen.
Bereitschaft zum Spracherwerb glaubhaft machen
Justizministerin Karin Keller-Sutter wies im Rat darauf hin, dass das vereinfachte Verfahren die Identifizierung von Personen erschweren könne. Diese könnten unter Umständen eine Gefahr für die innere Sicherheit darstellten.
Wie vorläufig Aufgenommene sollen Schutzbedürftige neu erst nach einer Wartefrist von drei Jahren ein Gesuch auf Familiennachzug stellen dürfen. Ausserdem sollen die gleichen Integrationsanforderungen gelten; die Familie dürfte also keine Sozialhilfe beziehen.
Ausserdem müssten sich die Gesuchsteller in einer Landessprache verständigen können oder zumindest die Bereitschaft zum Spracherwerb glaubhaft machen. Das gälte auch Ehegatten, die in die Schweiz nachfolgen wollen, nicht aber für Kinder.
Die Änderung des Asylgesetzes soll es den Bundesbehörden ermöglichen, Kriegsvertriebenen ohne Perspektive auf eine sofortige Heimkehr vorübergehenden Schutz zu gewähren. Das schweizerische Asylsystem mit individuellen Asylverfahren soll dabei nicht belastet werden.
S-Status sollte Überlastung des Systems verhindern
Den Anstoss zur Vorlage gegeben hatte der ehemalige Aargauer Ständerat Philipp Müller (FDP) mit einer parlamentarischen Initiative. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.
Der Schutzbedürftigen-Status war in den 1990er-Jahren geschaffen worden, als Personen aus den Kriegsgebieten im ehemaligen Jugoslawien in die Schweiz kamen. Viele waren zwar keine Flüchtlinge im Sinne der Flüchtlingskonvention, benötigten aber Schutz.
Der Status S sollte vor allem eine Überlastung des Systems verhindern. Die Schweiz konnte hohe Gesuchszahlen aber stets in den Regelstrukturen bewältigen.
Dass der Schutzbedürftigen-Status im Parlament überhaupt zum Thema wurde, hängt mit der Kritik am Status der vorläufigen Aufnahme zusammen. Parlamentarier schlugen vor, den Status S als Ersatz für die vorläufige Aufnahme vorzusehen. Sie bemerkten dann aber, dass Schutzbedürftige beim Familiennachzug nach heutigem Recht besser gestellt sind.