Studiengebühren: Bundesrat will verdoppeln, Politikerinnen warnen

Zur Entlastung des Bundesbudgets will der Bundesrat die Studiengebühren verdoppeln. Bildungspolitikerinnen warnen vor den Folgen.

Das Hauptgebäude der Universität Bern. Wer hier studieren will, muss künftig vielleicht das Doppelte zahlen. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Expertengruppe zur Bereinigung des Bundeshaushalts empfiehlt Einsparungen.
  • Davon betroffen: die Studiengebühren. Sie sollen verdoppelt werden, findet der Bundesrat.
  • Die Semestergebühren würden von durchschnittlich 790 Franken auf 1580 Franken steigen.

Seit der Corona-Pandemie befindet sich der Bundeshaushalt in Schieflage. Die Bundesausgaben steigen immer weiter an – eine «Trendwende ist nicht in Sicht». Das erklärt die extra dafür eingesetzte Expertengruppe in ihrem Abschlussbericht.

Doch statt zu prüfen, wie man mehr Einnahmen generieren könnte, packte diese vor allem den Sparhammer aus. Betroffen sind viele verschiedene Bereiche, darunter auch die Tourismusförderung und das Asylwesen. Ebenfalls betroffen sind die Hochschulen: Die Expertengruppe schlägt vor, die Studiengebühren pauschal zu verdoppeln, für Studierende aus dem Ausland gar zu vervierfachen.

Umfrage

Sollten die Studiengebühren verdoppelt werden?

Nein, es sollen sich nicht nur die Reichen ein Studium leisten können.
48%
Ja, die Gebühren sind eher tief.
52%

Nun plant der Bundesrat, diesem Vorschlag zu folgen. Doch was heisst das konkret? Die Studiengebühren in der Schweiz betragen für öffentliche Hochschulen zurzeit durchschnittlich 790 Franken. Zukünftig wären im Median 1580 Franken pro Semester fällig.

Bildungskosten müssen tief gehalten werden

Keinen Gefallen daran findet SP-Nationalrätin Tamara Funiciello, die in der Finanzkommission des Nationalrats sitzt. Gegenüber Nau.ch sagt sie: «Bildung ist unser wichtigster Rohstoff – das gilt für alle Bildungsstufen. Von der Grundbildung über die Berufslehre bis hin zur Tertiärbildung.»

Studierende im Hörsaal. Bald sollen die Unis teurer werden. - unibe.ch

Funiciello weiter: «Bildungskosten tief zu halten, heisst also in die Erhaltung unseres wichtigsten Rohstoffs zu investieren. Umgekehrt heisst Bildung zu verteuern, das Potenzial unseres Rohstoffes zu verkleinern.»

Denn: «Wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse, wo Universitäten nur noch für gut Verdienende zugänglich sind und sich Studierende verschulden müssen. Wir wollen Bildung, die für alle zugänglich ist.»

Potenzial für Einsparungen nicht primär im Bildungsbereich

Etwas differenzierter sieht es FDP-Nationalrätin Bettina Balmer, die in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) sitzt: «Der Bundeshaushalt ist in Schieflage, es wird in allen Bereichen ausgabenseitig gespart werden müssen. Ich sehe das Potenzial für die Sanierung des Bundeshaushalts aber nicht primär im Bildungsbereich.»

Es solle nur dann bei der Bildung zu Einsparungen kommen, wenn es wirklich nicht anders gehe. Der Qualität des Bildungsstandortes Schweiz sei Sorge zu tragen. Eine Erhöhung der Studiengebühren für Studierende aus dem Ausland erachte sie aber als sinnvoll, insbesondere, wenn man ins Ausland blicke.

Bei Erhöhung bessere Leistungsstipendien

Es gebe schon jetzt einen Zusammenhang zwischen Finanzkraft und Bildung der Eltern, wenn es um die Bildung der Kinder gehe. Das sagt Aline Masé, Leiterin Fachstelle Sozialpolitik der Caritas, gegenüber Nau.ch: «Nur knapp 26 Prozent erlangen einen Hochschulabschluss, wenn die Eltern lediglich die obligatorische Schule abgeschlossen haben.»

Masé weiter: «Statistiken zeigen zudem, dass Studierende aus bildungsfernen Haushalten häufig finanzielle Schwierigkeiten im Studium haben.» Die Erhöhung von Semestergebühren würde diese Situation noch verstärken.

Können sich künftig weniger Menschen ein Studium leisten? - ethz.ch

Wenn eine Verdoppelung der Studiengebühren eingeführt werde, sei es notwendig, dass gleichzeitig Leistungsstipendien und Stipendien für ärmere Haushalte verfügbar würden. «Diese müssten auch die Kosten für ein Studium ausreichend decken, was heute nicht genügend der Fall ist.»

Studiengebühren nur ein Teil des Problems

«Für Studierende aus finanziell schlecht gestellten Familien würde die vorgeschlagene Erhöhung die ohnehin vorhandenen finanziellen Probleme verstärken», erklärt Masé. Für Menschen, die aus finanziellen Gründen auf ein Studium verzichten müssten, seien die Studiengebühren allerdings nur ein Teil des Problems.

Bei einer Verdoppelung der Studiengebühren würde ein Semester an der Universität neu durchschnittlich 1580 statt 790 Franken kosten. - unibas.ch

Denn: «Für sie steht im Zentrum, wie sie die Lebenshaltungskosten während des Studiums decken können. Im Bereich der Stipendien besteht in der Schweiz Handlungsbedarf.» Das Stipendienkonkordat habe zwischen den Kantonen wenig Harmonisierung gebracht.

Wenn es zu einer Unterscheidung zwischen in- und ausländischen Studierenden komme, müsse eine Präzisierung her, so Masé. «Ausländische Studierende mit Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligung in der Schweiz müssen den gleichen Zugang zu einem Hochschulstudium haben wie Schweizer Studierende.»