AfD scheitert in Karlsruhe mit Eilantrag zu Brandner-Absetzung
Die AfD ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem Eilantrag gegen die Absetzung ihres Abgeordneten Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses im Bundestag gescheitert.

Das Wichtigste in Kürze
- Bundesverfassungsgericht sieht im Hauptsacheverfahren aber offene Fragen .
Mit dem am Freitag veröffentlichten Beschluss kann Brandner zwar nicht wie von der AfD gefordert umgehend auf seinen Posten zurückkehren, für das Hauptsacheverfahren sieht das Bundesverfassungsgericht allerdings offene Fragen. Brandner nannte den Beschluss deshalb einen «kleinen Sieg».
Brandner war in einem in der Geschichte des Bundestags bisher einmaligen Vorgang im November abgelöst worden, nachdem mehrere Äusserungen von ihm für Empörung gesorgt hatten und als antisemitisch wahrgenommen wurden. So nannte er das Bundesverdienstkreuz für den Sänger Udo Lindenberg einen «Judaslohn».
Gegen die mit den Stimmen aller Ausschussmitglieder ausser der AfD vollzogenen Absetzung zog die AfD-Bundestagsfraktion vor das Bundesverfassungsgericht. Die jetzige Entscheidung betrifft nur das Ziel der AfD, Brandner umgehend wieder einzusetzen.
Hier verneinte Karlsruhe die Dringlichkeit. Es gehe in dem Verfahren nicht um die Rechte Brandners, sondern um die der AfD-Fraktion. Diese aber habe die Möglichkeit, ihre derzeitige Beeinträchtigung durch einen anderen Kandidaten selbst zu verringern. An der Zusage der übrigen Fraktionen, einen anderen AfD-Kandidaten zu billigen, gebe es keinen Grund zu zweifeln.
Neben dem Eilantrag läuft aber auch noch ein Organstreitverfahren, das in der Hauptsache entschieden werden muss. Laut dem nun veröffentlichten Beschluss gibt es für dieses Verfahren durchaus offene Fragen.
So erscheine es nicht ausgeschlossen, dass durch die Abberufung Brandners das von der Verfassung geschützte Teilhaberecht der AfD-Bundestagsfraktion beeinträchtigt sein könnte. Nicht eindeutig sei auch die Rechtslage hinsichtlich des von der AfD als verletzt gerügten Grundsatzes der effektiven Opposition.
Wegen des damit offenen Ausgangs in der Hauptsache erklärte Brandner: «Das ist wie ein kleiner Sieg, mehr war - zunächst - nicht zu erwarten.» Vor Journalisten sagte er in Berlin, ganz entscheidend sei in dieser Sache, dass sich das Bundesverfassungsgericht überhaupt für zuständig erklärt habe. Bisher habe Karlsruhe üblicherweise in Streitfragen um den Bundestag auf dessen Geschäftsordnung verwiesen und sich vornehm zurückgehalten.
Der AfD-Abgeordnete Roman Reusch, der die Klage betrieben hat, sagte, er rechne im Hauptsacheverfahren «mindestens» mit einem Teilerfolg. «Das Bundesverfassungsgericht nimmt unsere Argumentation ersichtlich sehr ernst», sagte Reusch zum Inhalt des Beschlusses. Die AfD geht davon aus, dass vor Ende der Legislaturperiode im kommenden Jahr eine Entscheidung kommt.
Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak, erklärte, Brandner habe Menschen ausgegrenzt und diffamiert, Ressentiments geschürt und die Gesellschaft gespalten. «Seine Abberufung war notwendig, um dem Amt seine Würde zurückzugeben und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Ausschuss zu ermöglichen.»
Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, erklärte, er freue sich über «diese kluge Entscheidung» des Bundesverfassungsgerichts. Die SPD sehe mit Interesse der Hauptsacheentscheidung entgegen.
Der Obmann der Linken-Bundestagsfraktion, Niema Movassat, erklärte, die Anordnung sei alternativlos gewesen. «Denn kein freier Abgeordneter kann gezwungen werden, einen Faschisten in irgendein Amt zu wählen. Das wird auch so bleiben», sagte Movassat.