Bundesregierung genehmigt keine neuen Rüstungsexporte an die Türkei
Wegen des Vorrückens der türkischen Armee in Syrien beschränkt die Bundesregierung Rüstungsverkäufe an die Türkei.
Das Wichtigste in Kürze
- Reaktion auf Militäroffensive in Nordsyrien.
«Vor dem Hintergrund der türkischen Militäroffensive in Nordost-Syrien wird die Bundesregierung keine neuen Genehmigungen für alle Rüstungsgüter, die durch die Türkei in Syrien eingesetzt werden könnten, erteilen», erklärte Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD) am Samstag im Online-Dienst Twitter. Grüne und Linke forderten, auch bereits erteilte Genehmigungen auszusetzen.
Die Türkei hatte am Mittwoch ihre lange angedrohte Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien begonnen. Die türkische Armee bombardierte Grenzstädte aus der Luft, zudem rückten türkische Bodentruppen mit verbündeten syrischen Milizen vor.
Als Reaktion stoppten mehrere europäische Staaten ihre Rüstungsgeschäfte mit der Türkei. Die Niederlande erklärten am Freitag, alle Anträge für Ausfuhrgenehmigungen von militärischer Ausrüstung in die Türkei würden ausgesetzt. «Wir fordern die anderen EU-Mitgliedstaaten auf, dasselbe zu tun», sagte Vize-Ministerpräsident Hugo de Jonge. Zuvor hatten bereits Finnland und Norwegen angekündigt, ihre Waffenexporte auszusetzen.
Wann und wie die Bundesregierung sich für eine Änderung ihrer Herangehensweise entschieden hat, blieb zunächst unklar. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes wollte sich auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP nicht zu Einzelheiten äussern und verwies auf den Grundsatz, dass der für Rüstungsexportgenehmigungen zuständige Bundessicherheitsrat geheim tage.
Maas sagte der «Bild am Sonntag», bereits seit 2016 gelte eine sehr restriktive Linie für Rüstungsexporte in die Türkei. Allerdings verkauft Deutschland weiterhin im grossen Stil Waffen an das Nato-Land. Lieferungen an die Türkei machten 2018 mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller deutschen Kriegswaffenexporte aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres erhielt Ankara Kriegswaffen für weitere 184,1 Millionen Euro.
Die Türkei gehört ebenso wie Deutschland zur Nato. Laut den Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung ist der Export von Rüstungsgütern an Nato-Partner «grundsätzlich nicht zu beschränken, es sei denn, dass aus besonderen politischen Gründen in Einzelfällen eine Beschränkung geboten ist».
Die Grünen halten den von Maas verkündeten Genehmigungsstopp für nicht ausreichend. «Nach dem völkerrechtswidrigen Angriff der Türkei in Syrien kann es kein 'Weiter so' geben», erklärte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Der Exportstopp müsse auch für bereits genehmigte Geschäfte gelten. Deutschland dürfe ausserdem keine Aufklärungsdaten mehr aus dem Tornado-Einsatz über Syrien und dem Irak bereitstellen.
Göring-Eckardt forderte ausserdem, keine sogenannten Hermes-Bürgschaften für die Türkei mehr zu erteilen, mit denen die Bundesregierung wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland absichert. «SPD und Union dürfen Erdogans verfehlte Politik nicht mit deutschen Steuermitteln absichern», erklärte sie.
Auch von den Linken kam scharfe Kritik. «Der EU-Beitrittskandidat Türkei richtet mit seinem Angriffskrieg eine furchtbare humanitäre Katastrophe in der Region an», erklärte Fraktionsvize Sevim Dagdelen. Wer jetzt nicht die Ausfuhr von Waffen an das Land stoppe, «macht sich mitschuldig am Völkerrechtsbruch der Türkei».