Geert Wilders: Wahlsieg für niederländischen Rechtspopulisten
Geert Wilders verzeichnet mit seiner Partei «Partij voor de Vrijheid» einen Wahlsieg in der Niederlande. Mit 37 Sitzen zieht er ins Parlament.
Das Wichtigste in Kürze
- Geert Wilders feiert seinen Wahlsieg, der ihm 37 Sitze im Parlament bringt.
- Er ist Mitglied der rechtspopulistischen «Partei für die Freiheit».
- Muslime fürchten nun, ihre Religion nicht mehr frei ausüben zu können.
Für Geert Wilders war es selbst ein erstaunliches Ergebnis: Sein Wahlsieg in den Niederlanden bringt seine «Partij voor de Vrijheid» mit 37 Sitzen ins Parlament. Für seine Partei bedeutet das einen Anstieg um ganze 20 Sitze.
Schon bei der ersten Prognose am Mittwochabend schlug er die Hände vors Gesicht und rief: «35!» Zu dem Zeitpunkt hatte das niederländische Fernsehen ihm noch 35 Sitze prognostiziert.
Als «historisches» Ergebnis bezeichneten die Medien den Wahlausgang am Donnerstag. Für viele der niederländischen Bürger ist das Ereignis ein Schock. Eine Einwohnerin aus Enschede äusserte im Fernsehen: «Ich schäme mich zutiefst – auch ein bisschen dafür, Niederländerin zu sein.»
Muhsin Köktas, Vorsitzender eines muslimischen Verbands, sagt, Muslime hätten jetzt Angst, ihre Religion nicht mehr frei ausüben zu dürfen. Wilders pocht schliesslich seit 20 Jahren auf ein Koran-Verbot und die Schliessung aller Moscheen.
Auch das Ausland traut seinen Augen nicht. Holland – stand das nicht mal für Flower Power und das von Chansonnier Herman van Veen besungene «zärtliche Gefühl»? War das nicht mal das Land, in dem gerade Deutsche das Gefühl hatten, freier durchatmen zu können? Weil alles etwas lockerer und toleranter zugeht?
Rechtspopulisten gibt es schon 20 Jahre
Dieses Bild traf so wohl immer nur auf die Hauptstadt Amsterdam zu. Schon vor über 20 Jahren gab es erstmals einen kräftigen Rechtsruck, als der Soziologie-Professor Pim Fortuyn als erster Populist durchstartete. Kurz vor seinem vorausgesagten Erdrutschsieg bei der Parlamentswahl von 2002 wurde er von einem militanten Tierschutz-Aktivisten auf einem Parkplatz erschossen. Seine Partei zerlegte sich danach selbst und verschwand in der Versenkung.
Geert Wilders ist einziges Parteimitglied
Das Erbe Fortuyns trat ein anderer Rechtspopulist an, ein Mann mit einer platinblonden Haartolle und dem Dialekt seiner Heimatstadt Venlo: Geert Wilders. Um einem Chaos wie in Fortuyns Partei vorzubeugen, wandte er einen einfachen Trick an: Bis heute ist er das einzige Mitglied seiner Partei PVV. Gefolgsleute können sich nur als Sympathisanten oder Förderer anmelden.
Seit ihrer ersten Teilnahme an einer Wahl 2006 ist die PVV immer eine feste Grösse in der Parteienlandschaft gewesen. Ebenso war sie stets eine starke Kraft im Parlament in Den Haag. Warum aber ist sie jetzt plötzlich so gross geworden?
Migration als Wahlkampfthema Nummer 1
Es gab ein Thema, das den Wahlkampf dominierte: Migration. Alle Parteien auf der Rechten überboten sich geradezu mit Versprechungen, die Asylzahlen zu verringern. «Unser Land ist voll», hiess es. Dabei wurde vielfach der Eindruck erweckt, die Zuzügler seien die Hauptursache für die bestehende Wohnungsnot.
Tatsache ist: Das Land mit etwa 18 Millionen Einwohnern ist eines, der am dichtest besiedelten der Welt. Im vergangenen Jahr kamen 224 000 Migranten, doch nur eine Minderheit davon, etwa 46 000, waren Asylsuchende und ihre Angehörigen. Der Rest bestand aus Arbeitsmigranten und Auslandsstudenten.
Eine weitere Ursache für Geert Wilders Wahlsieg dürften die Annäherungsversuche der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), gewesen sein. Diese war die bisher grösste Partei.
Der scheidende Ministerpräsident Mark Rutte hatte eine Zusammenarbeit mit Wilders immer ausgeschlossen. Auch aus eigener schlechter Erfahrung. Denn Ruttes erstes Kabinett, eine Minderheitsregierung, war von Wilders toleriert worden, aber dann vorzeitig an dessen Kompromisslosigkeit gescheitert. Seitdem hatte Rutte jedes Vertrauen in ihn verloren.
Seine Nachfolgerin als VVD-Chefin, Dilan Yesilgöz, wollte sich aber viel rechter als Rutte positionieren und änderte deshalb den Kurs. Sie erklärte gleich zu Beginn des Wahlkampfes, sie wolle Wilders als Koalitionspartner nicht ausschliessen. Davon ging die Botschaft aus: Wilders hat jetzt erstmals eine echte Chance auf Regierungsbeteiligung.
So habe Yesilgöz Geert Wilders «salonfähig» gemacht, sagte ein Fernsehkommentator unter Verwendung des deutschen Begriffs. Plötzlich gab es keine Hemmungen mehr, sich öffentlich als Wilders-Fan zu outen.
Ruttes Regierung hat ihre weisse Weste verloren
Nach 13 Jahren unter dem rechtsliberalen Rutte ist Geert Wilders für viele Wähler «neue Politik». Denn Ruttes Langzeitregierung wird auch für die Misere im Gesundheitssystem und für zunehmende Armut verantwortlich gemacht.
Zusätzlich fiel die Regierung durch mehrere Affären und Skandale in den vergangenen Jahren negativ auf. Wilders setzt dagegen Einzeiler wie: «Die Niederländer müssen wieder Nummer 1 sein.»