Noch 100 Tage und weiter Sorgen: IOC schliesst Absage aus
Unter dem Eindruck steigender Corona-Infektionszahlen brechen die letzten 100 Tage vor der Eröffnung der Sommerspiele in Tokio an. Die Organisatoren versprechen dennoch unermüdlich «sichere Spiele».
Das Wichtigste in Kürze
- Inmitten neuer Corona-Sorgen haben die Olympia-Macher von Tokio den 100-Tage-Countdown bis zur Eröffnung der Sommerspiele gestartet.
Im Nieselregen enthüllte eine kleine Delegation auf dem Takao-Berg die olympischen Ringe als Symbol für die Zuversicht der Organisatoren. «Die Spiele werden eine Feier der Widerstandsfähigkeit, der Solidarität und unserer gemeinsamen Menschlichkeit», sagte Organisationschefin Seiko Hashimoto. Doch die wieder steigenden Infektionszahlen auch im Grossraum Tokio nähren die Zweifel an der Austragung der Spiele.
Corona-Regierungsberater Shigeru Omi sprach im Parlament sogar von einer «vierten Welle» bei den Neuinfektionen und mahnte verstärkte Gegenmassnahmen an. Ministerpräsident Yoshihide Suga indes will keine «grosse nationale Welle» erkennen.
Tokios Gouverneurin Yuriko Koike versicherte erneut, dass die Gastgeber in den verbleibenden Wochen bis zum Start der Spiele alles dafür tun wollen, «das Coronavirus zu bezwingen. Wir wären gern in der Lage, die Spiele mit allen zu erleben», sagte Koike.
Zuvor hatte bereits IOC-Vizepräsident John Coates eine kurzfristige Olympia-Absage ausgeschlossen. Die um ein Jahr verlegten Sommerspiele «werden wie geplant stattfinden», sagte der Chef der Koordinierungskommission des Internationalen Olympischen Komitees für das Grossereignis in Japan. Der Australier versprach: «Es werden die sichersten Spiele, die möglich sind.» Die Spiele in Japans Hauptstadt waren im Vorjahr wegen der Pandemie auf diesen Sommer verlegt worden und sollen am 23. Juli eröffnet werden.
Die umfangreichen Massnahmen gegen das Coronavirus werden Coates zufolge «dafür sorgen, dass alle Teilnehmer und die japanische Bevölkerung sicher sind». Der 70-Jährige sagte in einem vom IOC verbreiteten Video: «Die Athleten, die olympische Bewegung, die Organisatoren und das japanische Volk werden zeigen können, dass es ein Sieg der Menschheit über die Pandemie ist.» Er sei «sehr zuversichtlich», dass sich auch die Stimmung in Japan drehen werde.
Umfragen zufolge sprechen sich mehr als 70 Prozent der Japaner derzeit für eine Absage oder erneute Verschiebung der Sommerspiele aus. Wegen der Angst vor einer Ausbreitung des Virus bleibt ausländischen Fans und Athletenfamilien sowie Gästen von Sponsoren und Verbänden die Einreise nach Japan verwehrt.
Organisationschefin Hashimoto kündigte eine baldige Entscheidung darüber an, ob und wie viele einheimische Zuschauer in den Arenen bei Olympia und Paralympics zugelassen werden. «Alle Beschlüsse werden insbesondere mit dem Ziel getroffen, ein sicheres Umfeld zu garantieren, in dem die Athleten ihr Bestes geben können», sagte sie.
Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag, kritisierte indes das Festhalten an den Olympia-Plänen. «Ich halte das für schlichtweg verantwortungslos», sagte die SPD-Politikerin dem Saarländischen Rundfunk.
DOSB-Präsident Hörmann betonte mit Blick auf die Stimmung in der deutschen Athletengemeinde: «Wir wollen alle unser Bestes geben und erfolgreich sein - aber nicht um jeden Preis!» Japan sei sich seiner besonderen Verantwortung bewusst, versicherte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds im TV-Sender Sky. Eine Reihe von Sportevents habe zuletzt bewiesen, dass eine sichere Austragung möglich sei.
Olympia und Paralympics könnten «wertvolle und wichtige Signale des Aufbruchs sein, wenn man es professionell und sicher hinbekommt», sagte der 60-Jährige. «Die Vorbereitungen sind gelaufen, das Geld ist investiert, es wäre ewig schade, dieses Weltsportfest nun nicht umzusetzen», fügte Hörmann hinzu.
Tokio meldete am 14. April einen Anstieg der Corona-Neuinfektionen auf 591. Noch bedenklicher ist die Lage in der Präfektur Osaka, die den Höchstwert von 1099 Infektionen zählte. Das Impftempo in Japan ist weiter schleppend. Nur 0,4 Prozent der japanischen Bevölkerung sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums bislang vollständig geimpft.