Ist Titelanwärter EV Zug defensiv zu schwach, Marc Reichert?
Morgen startet die neue Saison in der National League. Marc Reichert analysiert die Defensiven der Meisteranwärter. Ist die Verteidigung des EV Zug zu schwach?
Das Wichtigste in Kürze
- Am Freitag startet die National League in die neue Saison.
- Marc Reichert schreibt auf Nau.ch regelmässig über Eishockey.
- Welcher Titelaspirant hat die schwächste Defensive?
Die National League kehrt am Freitag zurück auf das Schweizer Eis. Die «Big Three» um Meister Bern, den EV Zug und die ZSC Lions haben sich in der Verteidigung kaum verstärkt. Welcher Club hat defensiv die grösste Baustelle? Wer wird kaum Gegentore kassieren?
Umfrage
Wer hat die beste Verteidigung der National League?
Meister Bern hat den besten Mix
Der SCB musste auf der Goalie-Position mit dem Abgang von Leonardo Genoni zum EV Zug einen herben Verlust verkraften. In der letzten Saison kassierten die Berner in der regulären Saison mit Abstand die wenigsten Gegentore, nämlich 99. Wie gut ist der Meister in der Verteidigung aufgestellt?
Für mich haben die Berner den besten Mix in der Defensive. Mit Anderson, Blum und Untersander haben sie drei spielstarke Verteidiger, die auch offensiv die nötige Kreativität mitbringen. Ramon Untersander, für mich der beste Schweizer Verteidiger, fehlte letzte Saison lange wegen Verletzungen. Wenn er gesund bleibt, hilft das dem SCB enorm.
Daneben stehen mit Justin Krueger und Beat Gerber zwei sehr kräftige Spieler, die extrem wichtig fürs Boxplay sind. Ihre Physis wird in der Defensive gefragt sein – das sind die Krieger der Mannschaft. Die Jungen um Yanik Burren und Colin Gerber werden auch ihren Teil zum Erfolg beitragen.
Mit Miika Koivisto verstärkt sich der SC Bern mit einem Weltmeister. Er wird den Abgang von Almquist sicherlich wettmachen können. Ich schätze ihn sogar noch etwas besser ein. Er ist zwar nicht der spektakuläre Spieler mit Offensivdrang, aber verleiht dem Team die nötige Stabilität.
Wieder nur durchschnittliche ZSC Lions?
Die Lions haben in der letzten Saison deutlich mehr zugelassen als Bern und Zug. Mit 132 Gegentoren gehörten sie zum Durchschnitt der Liga, was nicht der Anspruch sein kann. Den Abgang von Karrer werden sie verkraften können.
Allerdings ist mit Kevin Klein eine Leaderfigur zurückgetreten. Vor allem im Meisterjahr 2018 gehörte er zu den wichtigsten Akteuren im Team. Sein Rücktritt wird sicherlich eine Lücke hinterlassen. Mit der Verpflichtung von Dario Truttmann hat der Zett einen soliden, aber nicht überragenden Defensiv-Transfer getätigt.
Phil Baltisberger hat sich in den letzten Jahr sehr gut entwickelt. Er wird eine wichtige Rolle in der Zürcher Verteidigung einnehmen. Daneben steht Tim Berni, der mit Jahrgang 2000 bereits in seine dritte National-League-Saison geht – unglaublich!
Er wird auch von der durchzogenen letzten Spielzeit gestärkt rauskommen. In solchen negativen Zeiten können junge Spieler viel lernen. Auf ihn bin ich gespannt.
Nicht zu vergessen Maxim Noreau: Der Kanadier ist Olympia-Bronzemedaille-Gewinner und wurde bereits mit dem SCB Schweizermeister. Er hat zwar eine riskante Spielweise, kann aber dadurch auch oftmals offensive Akzente setzen kann.
Schwache Defensive beim EV Zug
Die Innerschweizer werden nach den zwei Finalniederlagen in den letzten Jahren als grosser Titelanwärter gehandelt. Mit Genoni haben sie auf der Goalie-Position den Königstransfer getätigt. Ist aber auch die Verteidigung meisterlich?
Es wird wichtig sein, dass das Zusammenspiel zwischen Keeper und Defensive schnell stimmen wird. Genoni ist ein Goalie, der gerne mitspielt und daran müssen sich Verteidiger zuerst gewöhnen. Aber es gibt der Hintermannschaft definitiv Sicherheit, wenn ein solcher Rückhalt im Kasten steht.
Im Vergleich zur letzten Spielzeit würde ich die Defensive in etwa gleich stark einschätzen. Die 115 Gegentore der abgelaufenen regular Season sprechen für die Zuger. Und hinten stehen mit Zgraggen und Morant zwei Arbeitstiere, die auch mal zupacken können.
Zusätzlich steht mit Raphael Diaz der Nati-Captain beim EV Zug in der Verteidigung. Mit viel NHL-Erfahrung und Routine hilft er auch seinen Mitspielern. Und wenn Santari Alatalo eine ähnlich starke Saison spielt, wie letztes Jahr, schätze ich Zug defensiv als sehr stark ein. Entscheidend wird sein, wie schnell die Defensiv-Spezialisten mit ihrem neuen Goalie zurecht kommen.
Die erste Runde der National League
Freitag, 13. September
Ambri-Piotta - EV Zug
SCL Tigers - Genève-Servette HC
ZSC Lions - HC Davos
SC Bern - Rapperswil-Jona Lakers
HC Lugano - Lausanne HC
EHC Biel - Fribourg-Gottéron
*Marc Reichert hat für den SCB, Ambri und Kloten insgesamt 1022 Einsätze in der National League A gespielt. Er feierte vier Meistertitel. Reichert ist Eishockey-Experte für das SRF.