SRF passt Doku über Marlen Reusser nach heftigem Bauern-Protest an

Die Doku über Marlen Reusser sorgte bei Bauern für rote Köpfe. Nach heftigem Protest reagiert SRF – und wird den im September erschienenen Film anpassen!

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SRF Dok - Rad-Profi Marlen Reusser zeigt den «IP-Suisse»-Stall ihrer Eltern. Dass dieser gar nicht «IP-Suisse» ist, sorgt für Diskussionen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Marlen Reusser zeigt in einer SRF-Doku den Stall auf ihrem Elternhof.
  • Das Rad-Ass findet es «eine Tragödie», wie wenig Platz Schweine haben – trotz IP-Suisse.
  • Später entschuldigt sie sich: Es handle sich nicht um einen IP-Suisse-Stall.
  • Bauern forderten daraufhin Massnahmen von SRF.
  • Mit Erfolg: SRF teilt nun mit, dass diese Woche eine angepasste Doku-Version erscheint.

Fünf Wochen ist es her, als auf SRF 2 die Dokumentation «Über Gold, Pech und Leidenschaft – die Geschichte von Marlen Reusser» lief. Kurz darauf gingen die Bauern wegen einer Söili-Szene auf die Barrikaden. Mit Erfolg, wie sich jetzt herausstellt.

SRF verkündet nämlich gegenüber Nau.ch: Die Dokumentation, wie sie aktuell im Netz ist, wird es bald nicht mehr geben. «Voraussichtlich» bis Ende dieser Woche, werde eine überarbeitete Version publiziert.

«Derzeit wird geprüft, was die geeignetste Möglichkeit ist, um die IP-Suisse-Szene anzupassen», so SRF.

Was ist passiert?

Diese Säuli-Aussage in Long-Covid-Film sorgt für Wirbel

Eigentlich befasst sich die Doku mit Reussers Seuchenjahr 2024. Corona, ein folgenschwerer Sturz, das Leiden am Post-Covid-Syndrom. Die Emmentalerin macht gerade die härteste Zeit ihres Lebens durch, verpasst Olympia, genauso die Rad-WM.

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Instagram /@marlenreusser - Marlen Reusser erklärt ihr Aus für Olympia 2024.

Für rote Bauernköpfe sorgt eine Szene abseits des Sportlichen. Bauerntochter Reusser erklärt, warum sie Vegetarierin geworden ist.

«Es ist eine Tragödie. Da waren 280 Schweine drin», sagt die Olympia-Silbergewinnerin von 2021, als sie den ehemaligen Stall ihrer Eltern zeigt. Und fügt an: «Nach IP-Haltung.» (Video oben)

Die Tiere hätten nur nach draussen gekonnt als kleine Ferkel oder in der Nacht, wenn es zum Schlachthof ging. «Ist das nicht sehr tragisch?»

Bei Reussers wurde nie IP-Suisse-Schweinefleisch produziert

Wieder draussen aus dem Stall, unterstreicht die ausgebildete Ärztin, dass sie ihren Eltern keine besonderen Vorwürfe mache.

«Das war sogar ein IP-zertifizierter Betrieb. Das wird dann mit Marienkäferli im Coop und Migros als tierwohles Fleisch verkauft. Das da ist die Realität – es ist einfach traurig», so die 33-Jährige.

Anfang Oktober, drei Wochen nachdem die Dokumentation auf SRF – zur besten Sendezeit um 20.10 Uhr – ausgestrahlt wurde, korrigiert Reusser die Aussage via Instagram.

«Unser Schweinefleisch wurde nicht unter dem Label IP-Suisse verkauft, wie irrtümlich von mir angenommen. Ich möchte mich bei IP-Suisse und den unter dem Label produzierenden Bauern für den entstandenen Rufschaden entschuldigen.»

Das Missverständnis sei zustande gekommen, weil auf dem Betrieb zwar Produkte unter IP-Suisse-Label produziert wurden. Das Schweinefleisch gehörte aber nie dazu.

Bauern fordern vom SRF: «Total falsche» Aussagen müssen weg

Trotz Reussers Entschuldigung: «Der Schaden ist angerichtet», sagte Sandra Helfenstein vom Schweizerischen Bauernverband damals zu Nau.ch.

Die Aussage über die Schweine sei zwar nur ein kleiner Abschnitt im Film. Aber: «In den Köpfen der Zuschauer festigt sich trotzdem das völlig falsche Bild einer miesen einheimischen Schweinehaltung.» IP-Suisse-konform sei ein Stall nämlich nur, wenn Tiere Auslauf haben.

Helfenstein forderte, «die total falsche Aussage rauszuschneiden». Ins selbe Horn blies Christoph Eggenschwiler, Geschäftsführer von IP-Suisse.

Jetzt kommt SRF der Bauern-Bitte also nach.

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Bauern sind erleichtert, aber ...

Eggenschwiler atmet auf. «Durch die Falschaussage ist ein Rufschaden entstanden, die Szene war nicht gut für uns, aber auch nicht gut für Marlen Reusser. Wir sind erleichtert, dass SRF den Dok-Film anpasst. Es ist immer gut, wenn etwas Falsches korrigiert wird.»

Man sei nun gespannt, wie SRF das Rausschneiden umsetzt.

Einen grösseren Rufschaden habe man verhindern können, hofft Eggenschwiler. «Einerseits haben wir selbst viel mit Produzenten gesprochen. Andererseits hat sich Marlen Reusser öffentlich entschuldigt, das hat geholfen.»

Man werde versuchen, mit dem Rad-Star Kontakt aufzunehmen – und ihr einen IP-Suisse-Hof zu zeigen. «Dass sie Vegetarierin ist, ist kein Problem. Wir können ihr auch etwas anderes zeigen als die Schweinefleisch-Produktion. Aus dem Fluch kann noch ein Segen werden.»

Das muss erfüllt sein, dass SRF Filme anpasst

Dass SRF einen bereits publizierten Film anpasst, kommt nicht oft vor. Sprecherin Andrea Auer erklärte kurz nach dem Bauern-Protest bei Nau.ch:

«Digitale Videoangebote, die gröbere Fehler enthalten und damit die Meinungsbildung verfälschen, korrigieren wir nachträglich, sofern dies zeitnah möglich ist, und laden diese erneut hoch.»

Anders bei kleineren Fehlern. Hier reiche es, «wenn wir im Begleittext oder in der begleitenden Inhaltsbeschreibung auf den Fehler aufmerksam machen und uns dafür entschuldigen».

Bei der Säuli-Aussage handelt es sich also um einen gröberen Fehler.

Viel Zuspruch für Marlen Reusser

Marlen Reusser, die noch immer unter Long Covid leidet, erhält unter ihrem Entschuldigungspost viele ermutigende Worte.

So auch vom ehemaligen Mr. Corona Daniel Koch. «Du bleibst eine Vorzeigesportlerin, auch wie und was du kommunizierst. Vor allem wünsche ich dir aber eine schnelle Genesung.»

Daniel Koch spricht Marlen Reusser unter ihrem Korrektur-Post zur Doku auf SRF Mut zu. - Instagram