Weiter Warten auf Zverevs Grand-Slam-Durchbruch
Wieder nichts! Der ganz grosse Wurf bei den Grand-Slam-Turnieren will Alexander Zverev einfach nicht gelingen. Doch während die deutsche Nummer eins das Positive sieht, geht eine Tennis-Legende mit Zverev hart ins Gericht.
Das Wichtigste in Kürze
- Alexander Zverev war noch nicht lange verschwunden von der grossen Grand-Slam-Bühne, als ihn Boris Becker öffentlich zurechtstutzte.
«Er hat sich in den letzten 18 Monaten als Spieler nicht verbessert», urteilte die Tennis-Legende als Experte im TV-Sender Eurosport über die deutsche Nummer eins, die bei den US Open in New York wieder den selbst angekündigten grossen Durchbruch verpasst hatte. «Er ist motiviert, ist fleissig, er hat ein gutes Umfeld, aber er hat sich nicht weiterentwickelt.»
Das Erreichen des Achtelfinals war zwar besser als viele nach einem sehr durchwachsenen Jahr erwartet hatten. Doch wirklich voran kommt Zverev nicht. Am Montag war der Argentinier Diego Schwartzman besser. Beim 6:3, 2:6, 4:6, 3:6 wurden die Probleme des 22-Jährigen erneut schonungslos aufgedeckt. «Insgesamt ist das Spiel ein bisschen zu eindimensional, zu sehr lesbar für den Gegner», sagte Becker.
Dass der gebürtige Hamburger alles auf dem Platz gibt, kann man ihm nicht absprechen. Allerdings erzeugt er viel zu wenig Druck, agiert nicht dominant genug. Die Gegner wüssten inzwischen, dass sie den Ball einfach im Spiel halten müssten, «denn von der Grundlinie tut ihnen Sascha Zverev nicht besonders weh», kritisierte Becker.
Der dreimalige Wimbledonsieger sieht sich als Mentor für Zverev, den er als Herren-Boss im Deutschen Tennis Bund vom Davis Cup sehr gut kennt. Ob Zverev die Kritik von Becker aber annimmt, darf bezweifelt werden. Zverev vertraut nach der Trennung von Ivan Lendl im Anschluss an sein frühes Scheitern in Wimbledon wieder verstärkt seinem vertrauten Umfeld mit seinem Vater Alexander als Trainer an der Spitze. Daran wird sich auch nach dem Aus bei den US Open nichts ändern. «Mein Team bleibt, wie es ist. Ich bin sehr zufrieden damit», stellte Zverev kurz und knapp klar. «Es wird sich nichts tun.»
Zverev versuchte vielmehr, das Positive aus dem letzten Grand Slam der Saison zu ziehen. «Es war eine bessere Woche als die vergangenen Monate», sagte der Weltranglisten-Sechste. «Ich denke schon, dass ich hier einen Schritt nach vorne gemacht habe.» Doch war dieser dann eben nicht gross genug, um in Flushing Meadows erstmals in die Runde der letzten Acht einzuziehen, wo es zu einem Duell mit Rafael Nadal gekommen wäre.
Den Spanier wird er so erst in rund drei Wochen beim Laver Cup in Genf wiedersehen. Bei der Show-Veranstaltung, bei der die besten Spieler Europas gegen die besten Profis aus dem Rest der Welt antreten, gehört Zverev inzwischen zum festen Inventar. Erst recht, seit er von der gleichen Agentur wie Roger Federer betreut wird, die auch an der Organisation des Laver Cups beteiligt ist.
In gewisser Weise hat Zverev den Sprung in die Weltspitze also bereits geschafft. In New York trat er zudem als Mahner der sogenannten «Next Gen», der Generation hinter den Superstars Federer, Nadal und Djokovic, auf. Statt irgendwelche Mätzchen auf dem Platz zu machen, sollten diese lieber den Tennisschläger sprechen lassen, sagte Zverev in Richtung des Russen Daniil Medwedew und des Griechen Stefanos Tsitsipas. Das gilt in gewisser Weise aber auch für ihn. Denn um wirklich zur Riege der ganz Grossen zu gehören, muss bei den Grand Slams im neuen Jahr mehr kommen als ein Achtelfinale.