Auf VBS-Spesen: Offiziere laden sich gegenseitig zum Essen ein
Es war ein grosser Knall, als Bundesrat Guy Parmelin im Dezember 2016 den Oberfeldarzt und Divisionär Andreas Stettbacher freistellte und bei der Bundesanwaltschaft gegen ihn Strafanzeige einreichte. Eine Untersuchung des VBS ergab, dass die Vorwürfe weder arbeits-, noch disziplinarrechtlich relevant seien. Aber: Die Spesenprozesse innerhalb des VBS wurden untersucht. Dieser Bericht liegt jetzt vor und zeigt: Die Missstände sind eklatant und zum Teil fast unglaublich.
Gegenseitiges Einladen und Alkohol à gogo
So haben sich etwa Armeeangehörige gegenseitig auf Kosten der Steuerzahler zum Mittagessen eingeladen – inklusive unlimitiertem Alkoholkonsum. Offenbar konnten sich die Offiziere tatsächlich auch selbst die Spesenformulare quittieren. So steht es im am Mittwoch veröffentlichten Prüfbericht «Spesen VBS». Da heisst es: «In der Bundesverwaltung hat das Eidgenössische Personalamt (EPA) ein Spesenreglement erstellt, welches für alle Angestellten der Bundesverwaltung Gültigkeit hat.»
Nur: Die Prüfer stellten fest, dass Spesen nicht nur über den «Spesenprozess Bund», sondern oft auch in den «Kreditoren-Workflow» eingespiesen wurden. Dort unterliegen Rechnungen bis zu einem Wert von 500 Franken nicht dem «4-Augen-Prinzip». Soll heissen, «der Arbeitnehmer kann Spesen teilweise bis zu diesem Betrag in Eigenregie abrechnen.» Bei Reisekosten konnten «Mitarbeitende die Person, welche die Spesenabrechnung bewilligen soll, teilweise selber auswählen.» Andererseits bestehe die Möglichkeit für Vorgesetzte «sich selbst zur Bewilligung von Spesen anzusteuern.»
Spesenregeln einfach zu umgehen
VBS-Extrawürste
Man möchte lachen...
Die Prüfer stellten fest, dass all diese Tricks nur möglich sind, weil das VBS vieles etwas anders macht, als das beim Bund sonst die Regel ist. Die Informatikanwendung «Reisekosten-Manager», die völlig intransparente Spesen erlaubt, benutzt sonst niemand – und weise «gewisse Lücken» auf.
Der Prüfbericht liefert dem VBS Vorschläge zum verbesserten Spesenmanagement unter dem Motto «Vertraue, aber prüfe nach». So sollen Kaderleute ihre Verantwortung verstärkt wahrnehmen. Denn: Kaderleute untergraben ihre Vorbildfunktion, wenn sie etwa «selber Spesen generieren, welche im Graubereich liegen (z.B. Geschäftsessen am Arbeitsort).» Eine von vielen diplomatischen Formulierungen, bei denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt: Tatsächlich? Da ist man ohne Prüfbericht noch nicht drauf gekommen.
Die vom Eidgenössischen Personalamt empfohlene Kreditkarte «Travelcard Bund» wird nicht eingesetzt. Kein Wunder: Diese wäre ja auch direkt mit dem «Spesenprozess Bund» verbunden. Und noch ein Vorschlag der Prüfer: Man sollte wohl Kreditkartenlimiten über 20'000 Franken genehmigen lassen – auch das war bislang nicht der Fall.
Zudem stellte man fest, dass «hauptsächlich Kader des VBS» sich gegenseitig zu «sogenannten Business Lunches» einluden und die Spesen abrechnen liessen. Damit liess sich die «10km-Regelung» aushebeln: Dass nur Auslagen erstattet werden, wenn Arbeits- und Wohnort weiter als 10 Kilometer auseinander liegen. Andererseits wird dabei oftmals auch der im Spesenreglement der Bundesverwaltung festgelegte Maximalbetrag für Mittagessen von CHF 27.50 überschritten. Es gebe auch keine einheitliche Handhabe der Spesenregelung, was alkoholischen Getränken bei Geschäftsessen anbelangt.
Das VBS greifft jetzt durch: «Eine Sensibilisierungskampagne mit dem Ziel, die Pflichten der Führungskräfte und ihre Vorbildfunktion zu thematisieren, scheint notwendig.»
Der erneut sehr diplomatische Rat der Prüfer zuhanden VBS: Alle Kader sollen daran erinnert werden, «dass das Spesenreglement der Bundesverwaltung für alle Angestellten gilt.» Was in der Hitze des Gefechts offenbar leicht vergessen geht. Kurz: «Gegenseitiges Einladen bei Mittagessen vermeiden.»
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Überprüfung der Spesen innerhalb des VBS zeigt zahlreiche Missstände auf.
- Offiziere konnten sich selbst Spesen bewilligen und sich – auf Spesen – einladen.
- Das VBS gelobt Besserung: Eine Sensibilisierungskampagne scheine notwendig.