Auf diesem Fussballfeld werden Träume geboren
Das Wichtigste in Kürze
- Sport kann die Situation von Kindern in schwierigen Lebenssituationen markant verbessern.
- Im Flüchtlingslager Azraq in Jordanien bringt Fussball den Kindern etwas Normalität.
- In Indien lernen Mädchen durch Fussball, dass sie gleichberechtigt sind.
Der Alltag in einem Flüchtlingscamp sieht für Kinder trüb aus: ein grosser und trostloser Ort, ohne Aktivitäten für Kinder. Oft bestehen ihre Tage daraus, in der Unterkunft ihrer Familien den Tag rumzubringen oder durch das Lager zu wandern.
Eine Schule gibt es nicht. Manch ein Kind wird sogar zu Kinderarbeit oder Ehe gezwungen, da die Eltern die finanzielle Last ihrer Versorgung nicht mehr tragen können.
Die Kindheit wurde ihnen durch den Krieg und Konflikte genommen. Ihren normalen Alltag, der aus Schule, Spiel, Freunden und Familie bestand, gibt es nicht mehr. Dass dieser Unterbruch des Lebens auch Auswirkungen auf die Psyche von Kindern hat, überrascht nicht.
Umso wichtiger ist es, ihnen unter diesen ungewöhnlichen Umständen etwas Normalität zu bieten.
Mit Sport wichtige Fähigkeiten trainieren
Sport kann hier eine wertvolle Unterstützung sein. Gemeinsam in einer sicheren Umgebung Sport zu treiben, bringt Abwechslung in den eintönigen Alltag. Neben den sportlichen Fähigkeiten werden im Teamsport auch Toleranz, Fair Play, Respekt, Selbstvertrauen und Empathie trainiert.
Besonders wichtig ist, dass sowohl Mädchen als auch Jungen zum Sport zugelassen werden. Nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Doch genau dadurch kann Gleichberechtigung «trainiert» werden.
Das Kinderhilfswerk World Vision hat sich dies in einem seiner Projekte im Flüchtlingslager Azraq in Jordanien zum Ziel gesetzt. Hier leben 25´000 geflüchtete Syrier, die Hälfte davon sind Kinder. Für sie wurden zwei Spielfelder für Fussball und andere Ballsportaten gebaut.
Gemeinsam mit der English Premier League wurden 36 männliche und weibliche Fussballtrainer ausgebildet.
Hunderte von Flüchtlingskindern fingen daraufhin mit dem Fussballtraining an. Für einige war es das erste Mal, dass sie Fussball spielten.
Damit auch Mädchen daran teilnehmen konnten, wurde um das Feld ein spezieller Sichtschutz installiert. Denn in vielen muslimischen Kulturen ist es nicht erlaubt, Mädchen oder Frauen beim Sport zuzuschauen. Ein Sichtschutz schafft da Abhilfe und ermöglicht, dass auch sie Sport treiben können. Dadurch, und weil es Trainerinnen gab, konnten die Eltern überzeugt werden, auch ihre Mädchen spielen zu lassen.
Mittlerweile gibt es sogar eine Fussball-Liga mit 32 Teams im Flüchtlingscamp.
Das Projekt ist eine Investition in Gleichberechtigung sowie die mentale und körperliche Gesundheit der Kinder. Der Spass und die Unterstützung im Team hilft ihnen, wieder von einer besseren Zukunft zu träumen.
«Auch Mädchen können Fussball spielen»
Auch in Indien kommt Fussball positiv zum Einsatz und hilft dabei vor allem den Mädchen zu mehr Selbstbestimmung.
Besonders in ländlichen Gebieten schliessen Mädchen kaum eine höhere Ausbildung ab. Denn in der traditionellen indischen Gesellschaft sind sie für die Hausarbeit und Familienerziehung vorgesehen. Sie länger in die Schule zu schicken als nötig, gilt als Zeit- und Geldverschwendung.
Als Resultat liegt die Alphabetisierungsrate der Frauen in einigen Regionen bei lediglich 34 Prozent.
Doch nicht alle Mädchen wollen sich in die traditionellen Rollenbilder fügen. Sie sehen nicht ein, weshalb sie gewisse Dinge nicht tun dürfen nur aufgrund ihres Geschlechts.
Im Fussballspiel lernen die Mädchen einen Bereich kennen, der bis anhin nur Jungs vorbehalten war.
Die 16-jährige Aparna aus Nawada, einer Stadt im nordöstlichen Indien, erzählt, dass sie nicht erwartet hat, dass Mädchen auch Fussball spielen können. «Aber jetzt wissen wir, dass Mädchen genauso gut spielen können wie die Jungs.»
Sie nimmt an einem von World Vision durchgeführten Sportprogramm teil, bei dem auch die Eltern einbezogen werden. Denn nur so können die Eltern davon überzeugt werden, dass ihre Töchter überhaupt Fussball spielen dürfen.
«Jetzt bekommen wir als Mädchen die Erlaubnis gemeinsam zu spielen – und die Diskriminierung zwischen Jungen und Mädchen hat sich verringert», sagt Arpana begeistert.
Im Fussballspiel haben diese junge Frau aus Indien und die Kinder im Flüchtlingslager in Jordanien eine bedeutsame Veränderung für ihr Leben gefunden. Es erlaubt ihnen, von einer besseren und gleichberechtigten Zukunft zu träumen.