Kindersoldaten: Töten, um nicht getötet zu werden
Weltweit werden 250´000 Jungen und Mädchen als Kindersoldaten missbraucht. Sie leiden ein Leben lang unter dem Erlebten.
Das Wichtigste in Kürze
- Schätzungen zufolge werden 250´000 Mädchen und Jungen als Kindersoldaten missbraucht.
- Die Kinder werden dazu gezwungen, andere Menschen zu töten.
- Manche Mädchen werden als Sexsklavinnen benutzt.
- Der ehemalige ugandische Kindersoldat Innocent Opwonya erzählt von seinem Schicksal.
Eines von sechs Kindern lebt laut den Vereinten Nationen (UNO) in einer Region, in der Krieg oder bewaffnete Konflikte den Alltag beherrschen. Obwohl sie Krieg und Terror nicht verursacht haben, sind sie unverhältnismässig stark von Gewalt und Ausbeutung betroffen.
Manche Jungen und Mädchen werden als Kindersoldaten missbraucht. UNICEF, das Kinderhilfswerk der UNO, geht von weltweit 250´000 Kindersoldaten aus. Als Kindersoldat gilt, wer unter 18 Jahren in einem bewaffneten Konflikt eingesetzt wird – manche Kindersoldaten sind noch nicht einmal 10 Jahre alt.
Besonders verheerend ist die Lage zurzeit in Syrien, im Irak, im Südsudan, in Somalia und im Kongo.
Die Kinder erleben brutale Gewalt. Sie werden dazu gezwungen, andere Menschen zu töten, manchmal sogar Familienangehörige. Befolgen sie die Befehle nicht, werden sie selbst getötet.
Nicht alle müssen mit Waffen kämpfen. Die Kinder werden auch als Späher oder Träger eingesetzt, oder müssen kochen und Feuerholz sammeln. Manche Mädchen werden mit den Kämpfern zwangsverheiratet, und sowohl Mädchen als auch Jungen können Opfer sexueller Gewalt werden.
Die Angst vor Qualen, Erniedrigung und Entwürdigung ist überwältigend.
«Ich wurde als Zehnjähriger entführt»
Obwohl die Kinder unschuldig in den bewaffneten Konflikt hineingezogen werden, fühlen Sie sich schuldig für ihre Taten. Ihr Körper und ihre Seele werden tiefe Narben zurückbehalten – ein Leben lang.
Umso wichtiger ist es, sie auf dem Weg zurück in ein neues Leben zu begleiten und wieder in die Gemeinschaft zu integrieren.
Das bestätigt auch Innocent Opwonya. Der ehemalige Kindersoldat aus Uganda hat ein Buch über sein Schicksal verfasst und lebt heute in Deutschland.
«Damals war ich ein Kind», erzählt Innocent. Mit zehn Jahren wurde er mit seinem Vater von den Soldaten der LRA (Lords Resistance Army) entführt. Die Rebellengruppe LRA unter dem gefürchteten Warlord Joseph Kony terrorisierte ab 1987 den Norden Ugandas. Sie verschleppte tausende Kinder, um sie im Kampf einzusetzen.
Innocents Vater starb in jener grausamen Nacht im Jahr 2000. Der Junge entkam nach drei Monaten und floh in ein Camp der internationalen Kinderhilfsorganisation World Vision.
Hier erhielt der traumatisierte Junge psychologische Unterstützung und konnte anfangen, das Erlebte zu verarbeiten. Innocent erzählt, dass er im Camp gelernt hat, wieder an sich selbst zu glauben – und wieder zurück ins Leben zu finden.
Ein Leben lang traumatisiert
Innocent hat es geschafft. Mit Unterstützung und einem starken Willen zu leben, konnte er sich ein neues Leben aufbauen. Er ging zurück in die Schule und schaffte es schliesslich an die Universität. In Deutschland absolvierte er ein Masterstudium in Wirtschaft.
Heute macht Innocent Opwoye ein Praktikum bei World Vision Deutschland. Er setzt sich weiterhin für das Schicksal der Kindersoldaten und Kinder in Not weltweit ein.
Besonderes Augenmerk will er dabei auf das Leiden der Mädchen legen, denn über ihr Schicksal werde viel zu wenig gesprochen. «Die Mädchen leiden am meisten. Sie werden als Sexsklavinnen missbraucht und sind den Kämpfern schutzlos ausgeliefert. »
Innocent Opwoye wünscht sich für alle Kinder, die heute noch als Soldaten missbraucht werden, dass sie eine Chance auf ein besseres Leben erhalten – so wie er damals auch.
Doch trotz der glänzenden Zukunft, die ihm bevorsteht, ist auch Innocent noch nicht vollständig geheilt. «Was bleibt, sind die Albträume. Die Träume über das Erlebte verfolgen mich nach wie vor.»