Nur Fliegen ist schöner
Lest, wie der Mensch das Fliegen erlernte, wie die Schweiz in den Weltraum vorstiess und wo ihr im Oktober Simulatoren testen und Flugkünste bewundern könnt.
Das Wichtigste in Kürze
- Seit gut 100 Jahren bauen Menschen Flugzeuge und Raketen.
- Pioniere, (kalte) Kriege, Flugtourismus: die bewegte Geschichte der Fliegerei
- Von Satelliten und Exoplaneten: wie sich die Schweiz an der Raumfahrt beteiligt
- 15.–17. 10. 2021: «Air and Space Days» im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern
Von Dädalus über Baron von Richthofen bis zu Bertrand Piccard und Claude Nicollier: Wenig steht für Erfindungsgeist, Heldenmut und wissenschaftlichen Fortschritt wie das Fliegen.
Erweitern wir die Namensliste noch mit Flugobjekten wie Jumbo-Jet, Rega-Helikopter und Militärdrohnen, haben wir ein vielschichtiges Potpourri der Fluggeschichte.
Lest in unserem Artikel interessante und überraschende Fakten aus der Geschichte der Fliegerei. Und erfahrt, warum ihr die «Air and Space Days» im Verkehrshaus der Schweiz auf keinen Fall verpassen solltet.
Schwerer als Luft
Die Geschichte des Fliegens, wie wir es heute kennen, beginnt mit abenteuerlichen Versuchen. Als Zeppeline und Heissluftballone schon als anerkannte Verkehrsmittel galten, stritt man sich in der Fachwelt immer noch: Können wir ein Objekt zum Fliegen bringen, das schwerer ist als Luft?
Die Antworten lieferten Flugpioniere wie Otto Lilienthal oder der Schweizer Carl Steiger mit ihren experimentellen Gleitflugzeugen. Sie erkannten anhand von Vogelbeobachtung, dass ein schwach gewölbter Flügel den geringsten Widerstand bietet und den grössten Auftrieb erzeugt. Lilienthal gelangen mit seinen Vorrichtungen sogar Flüge von bis zu 300 Metern.
Tollkühne Männer in fliegenden Kisten
Was nun kam, war eine Zeit der Pioniere, mit Wettrennen in Eigenbauten und enormen Preisgeldern. In der Schweiz fand 1909 in Planeyse sur Colombier am Neuenburgersee das erste Flugmeeting statt. Darauf folgten 1910 Flugwochen in St. Moritz, Luzern und Brig.
In Brig kam es dann auch zu einem Ereignis, das den Geist jener Epoche perfekt einfängt. Im Rahmen eines «Aeroplan-Rennens» von Brig nach Domodossola lockte ein dickes Preisgeld Aviatiker aus ganz Europa ins Wallis. Am Schluss starteten genau zwei, von denen nur einer, der Peruaner Jorge «Geo» Chavez, den Überflug schaffte. Sein steiler Stechflug zur Landebahn in Domodossola überforderte aber seine Maschine, ihre Flügel brachen und sie stürzte zu Boden.
Der erste vollständige Alpenflug «aller-retour» gelang schliesslich 1913 der Schweizer Fliegerlegende Oskar Bider. Das, nachdem er im selben Jahr schon als erster Pilot die Pyrenäen überflogen hatte. Der spätere Chefpilot der Schweizer Fliegertruppe war auch massgeblich an der Gründung des Swissair-Vorgängers «AD ASTRA» beteiligt.
Krieg als der «Vater aller Dinge»
Der Erste Weltkrieg beendete die «Zeit der Unschuld» in der Karriere des Flugzeugs. Wissenschaft und Militär nahmen sich der Maschinen an. So wurden dank Forschungen im neu erfundenen Windkanal Tragflächen, Rümpfe und Propeller immer aerodynamischer.
Die Flugzeuge flogen jetzt um ein Vielfaches schneller und höher und konnten schwerere Lasten – namentlich Bomben – befördern. Auch bei den Materialien gab es Fortschritte, und der deutsche Flugzeughersteller Junker baute mit der J1 das weltweit erste Metallflugzeug.
Dank diesen Neuerungen war die Zeit gekommen für die ersten zivilen Fluggesellschaften. Neben Passagierflügen machten damals Flugakrobatik, Posttransport und Fotoflüge die Einnahmequellen solcher Gesellschaften aus. In der Schweiz sind vor allem die 1919 resp. 1925 gegründeten AD ASTRA und Balair zu erwähnen, die 1931 zur Swissair fusionierten.
Schon wieder Krieg
Die 1930er Jahre und der Zweite Weltkrieg waren von beeindruckenden Neuerungen in der Aviatik geprägt. Die legendäre Junker «Tante Ju» 52 und das von der Swissair bevorzugte Konkurrenzmodell Douglas DC-3 kamen auf den Markt. Sie garantierten höhere Passagierzahlen bei bisher unbekannter Zuverlässigkeit.
Daneben baute Fokker gegen Ende der 1930er Jahre erste lenkfähige Hubschrauber. Und Messerschmitt und Gloster brachten erste Düsenjäger an den Himmel. Mit diesen Maschinen waren plötzlich ungeahnte Geschwindigkeiten möglich.
Die Raketentechnik machte enorme Fortschritte und es wurden unbemannte, von Autopiloten gesteuerte Flugkörper gebaut. Die deutsche A4-Rakete erreichte bei Tests eine Höhe von 100 Kilometern und kratzte das erste Mal am Fenster zum Weltall. Bei Kriegsende fiel dann die Raketentechnologie mitsamt den beteiligten Forschern den Siegermächten in die Hände: der Startschuss für das «Space Race» des Kalten Krieges.
Sputnik-Schock und Mondlandung
1949 erreicht eine unter Beteiligung des Raketentechnikers Wernher von Braun gebaute US-Weiterentwicklung der deutschen A4-Rakete eine Höhe von 400 Kilometern. Die enge Verzahnung von Krieg und Wissenschaft zeigt sich schliesslich im Fall der «Redstone»-Rakete, einer Weiterentwicklung der A4-Rakete.
Diese wurde zunächst als Boden-Boden-Rakete im Koreakrieg eingesetzt, dann aber nach dem Sputnik-Schock zur Trägerrakete umfunktioniert. Und so konnte man schon 1961 einen amerikanischen Astronauten in den Weltraum schicken. Knapp vier Jahre, nachdem Russland den Sputnik-Satelliten in den Erd-Orbit gebracht hatte. Mit Technologie, die, genauso wie diejenige der Gegenseite, unmittelbar auf die deutschen Grossraketen aus dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen war.
Von Raketen und Flugzeugen
Auch in der Luftfahrt sorgte neue Technik langsam für eine Revolution. Seit der Wiederaufnahme des Flugbetriebs nahmen die Passagierzahlen kontinuierlich zu. Schliesslich setzte sich auch im Personenverkehr analog zum Militär der Einsatz von Düsenantrieben durch.
Anfang der 60er war der Umbruch ins «Jet-Age» Realität: So machte die Swissair Mitte 1962 satte 90 Prozent ihrer Tonnenkilometer mit Jet-Flugzeugen. Das veränderte das Flugerlebnis radikal: Die Düsen-Flieger flogen höher als ihre propellerbetriebenen Vorgänger und ihre grösseren Kapazitäten bedeuteten weniger Fensterplätze für die Fluggäste.
Das Flugerlebnis wurde reizärmer, Flugtickets billiger, und ganz neue Gesellschaftsschichten konnten sich das Fliegen leisten. Immer mehr wurde der Flug vom Erlebnis zum – manchmal ungeliebten – Mittel zum Zweck. Innert kürzester Zeit hatte sich der Mensch daran gewöhnt, dass er fliegen konnte.
Die Schweiz im Weltall
Schon in den 60er Jahren gab es Bestrebungen zu einer europäischen Weltraummission, die 1975 schliesslich zur Gründung der ESA führten. Unter ihrer Flagge startete 1979 die erste Ariane-Rakete vom Äquator-nahen Weltraumbahnhof in Französisch-Guyana. In den Folgejahren fand eine Europäisierung der Weltraumforschung statt, die jüngst in den Langzeitplan «Cosmic Vision 2030» mündete.
Dieser besagt, dass die ESA die Schlüsselrolle Europas im Bereich der Weltraumforschung behalten und weiter ausbauen solle. Auch die Schweiz ist Teil dieser Vision; so waren Schweizer Forschende in den 2000er Jahren massgeblich an der «Rosetta-Mission» beteiligt. Diese ging der Frage nach, ob Kometen Wasser und präbiotische Moleküle zur Erde gebracht haben könnten. Was ein Hinweis darauf wäre, dass das Leben auf unserem Planeten auf diese Weise entstanden ist.
Eine herzige und lehrreiche Show zur Rosetta-Mission gibt es für Schulklassen im Verkehrshaus-Planetarium zu sehen.
Neben ihren wissenschaftlichen sind auch die technologischen Ressourcen der Schweiz bei der Zusammenarbeit mit der ESA gefragt. Zuletzt hat die Schweiz sogar die Führungsrolle bei einer ESA-Mission übernommen: Darin werden mithilfe des CHEOPS-Teleskops Exoplaneten in der näheren Erd-Umgebung untersucht und charakterisiert.
«Air and Space Days» in Luzern
Wer sich für die Luft- und Raumfahrt begeistert, sollte sich den folgenden Termin merken: Zusammen mit Sammlern, Partnern und Vereinen lädt das Verkehrshaus der Schweiz vom 15. – 17. Oktober zu den «Air and Space Days».
Das PC-7 TEAM der Schweizer Armee beispielsweise zeigt mit dynamischen und eleganten Manövern den hohen Ausbildungsstand der Schweizer Armee. Und was das Super Puma Display Team mit dem Armee-Hubschrauber zustande bringt, wird nicht nur Helikopter-Freunde staunen lassen.
Bei Vorträgen der Hochschule Luzern lernt ihr viel über aktuelle Weltraummissionen. Dazu wartet die Planetariums-Show «Stardust Symphone HEIMATPLANET» mit herrlichen Bildern und Live-Musik. Und kuppelfüllende Produktionen zu PC-7- und Patrouille-Suisse-Shows machen sich den Full-Dome des Planetariums zunutze.
Das Fokker-Team gibt Einblicke in die Swissair-Juwelen Coronado und DC-3 sowie verschiedene Flugzeugmotoren. Weiter könnt ihr Pilotenausrüstung, Schleudersitz und eine echte Lenkwaffe des Mirage-III-RS-Aufklärers hautnah erleben. Schliesslich erwarten euch noch spannende Workshops zum Thema Funken und Morsen. Und wer am Schluss selbst ein bisschen fliegen will, wagt sich an den virtuellen Hängegleiter oder den Modellflug-Simulator.
Alles Weitere zu den «Air and Space Days» im Verkehrshaus in Luzern findet ihr hier.