Wie kam die Schokolade eigentlich in die Schweiz?

Von den Maya bis zur Lindor-Kugel: Wir reisen einmal durch die Geschichte der Schokolade und schauen auf die Anfänge von Sprüngli, Cailler & Co.

Schweiz Schokolade
Ein Weltstar: Die Toblerone erblickte 1908 das Licht der Welt. Ein Marketing-Coup der Extraklasse ist die Werbung mit dem Matterhorn, welche mit authentischer Bergwelt und erstklassigem Schokoladegenuss zwei Schweizer Stärken zusammenbringt. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • Milch- und Schmelzschokolade waren geniale Schweizer Erfindungen.
  • Armee, Marketing und Tourismus waren wichtig für den Erfolg unserer Schokoladenmarken.
  • Kreiere im Verkehrshaus in Luzern deinen eigenen Teddy und lerne alles über Schokolade.

Seit gut 200 Jahren wird in der Schweiz im grossen Stil Schokolade hergestellt. Aber warum eigentlich? Und was machen die Schweizer besser als der Rest der Welt? Wir klären auf.

Von Conquistadores und Trinkschokolade

Schon vor gut eineinhalbtausend Jahren kultivierten die Maya Kakaoplantagen. Sie machten aus den Bohnen ein Getränk mit dem vertraut klingenden Namen «Xocolatl». Sein bitter-herber Geschmack hatte aber herzlich wenig mit einer «heissen Schoggi» zu tun.

Kakao
«Theobroma Cacao» taufte der Botaniker Carl von Linné 1734 die Kakaobohne, auf Deutsch: «Götterspeise Kakao». Das nicht zuletzt wegen den vielen positiven Eigenschaften, die man dem Kakao zuschrieb. Unter anderem sollte er nämlich verdauungsfördernd, anregend und sogar aphrodisierend wirken. - Pixabay

Nach Europa kam die Schokolade im 16. Jahrhundert im Gepäck der spanischen Conquistadores. Genau wie die Maya und Azteken stellten sie daraus ein scharfes, mit Pfeffer gewürztes Getränk her. Und süssten es mit Honig oder verdünnten es mit Wasser, Wein oder Bier.

Über adelige Verflechtungen fand der trendige Drink seinen Weg an den französischen Hof. Hier linderte er die Wutanfälle des berühmten Kardinals Richelieu und entfachte die Leidenschaft Marie-Antoinettes.

Die Schokolade wird fest

In den folgenden Jahrhunderten verfeinerten europäische Gourmets die Trinkschokolade mit den edelsten Zutaten: Zitronat, Jasmin und Mandelcreme sorgten für immer raffiniertere Genüsse. Und die Zugabe von Zucker machte den Kakao süss wie nie zuvor.

Schokolade
Im 18. Jahrhundert gingen viele junge Männer aus dem Tessiner Blenio-Tal bei norditalienischen «Cioccolatieri» in die «Lehre» und brachten das wertvolle Wissen nach Hause. So auch der Vater von Aquilino Maestrani, dem Gründer der Firma «Maestrani», die heute hinter den Marken «Minor» und «Munz» steht. - Pixabay

Feste Schokolade, wie wir sie heute kennen, wurde erst im 19. Jahrhundert richtig populär; zuerst wiederum in Frankreich, dann in Italien. Hier boten die «Cioccolatieri» auf Jahrmärkten Schokolade in fester Form an.

Und hier kamen auch die ersten Schweizer mit dem «braunen Gold» in Kontakt. Unter ihnen François-Louis Cailler, der 1819 in Vevey eine Schokolade-Manufaktur eröffnete: die Geburtsstunde der ältesten Schweizer Schokoladenmarke.

Exotische Bohne trifft Schweizer Urgestein

Auf die Cailler-Fabrik in Vevey folgten im 19. Jahrhundert weitere Schokoladenfabriken: 1826 war die Reihe an Philippe Suchard in Neuenburg, 1845 Rudolf Sprüngli-Amman in Zürich, 1874 Johann Georg Munz in Flawil.

Die grosse Neuerung kam dann wieder aus Vevey. Die älteste Cailler-Tochter Fanny hatte mit Daniel Peter einen erfindungsreichen Mann geheiratet. Und dieser zwei Zutaten vermählt, die bis heute als Traumpaar der Schoggi-Szene bekannt sind: Milch und Kakao.

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Die Herausforderung an der festen Milchschokolade war, eine stabile Emulsion herzustellen aus Kakaobutter und Milch, die beide einen hohen Wassergehalt haben. Peters geniale Lösung: er benutzte Kondensmilch (auch diese war im Übrigen eine Erfindung des 19. Jahrhunderts). - Pixabay

Verfeinerter Geschmack, höherer Nährwert und dabei noch Kakaobohnen gespart: Die Milchrevolution war ein Glücksfall für die Schweizer Industrie, die Daniel Peters Verfahren mit offenen Armen übernahm.

Auftritt Rudolf Lindt

In den 1870ern muss ein guter Kakaogeist in der Schweiz gastiert haben: Denn nur vier Jahre nach Peters Milchschokolade kam es 1879 zu der zweiten revolutionären Neuerung in der Schokoladenherstellung.

In seiner Schokoladenmanufaktur in Bern produzierte Rudolf Lindt Schokolade. Säuerlich und sandig soll sie am Anfang gewesen sein, was ihm gar nicht gefiel. Sein Bruder riet ihm, die Schokolade länger zu rühren, und er selbst kam zum Schluss, mehr Kakaobutter beizufügen.

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Teddy-Giessen im Verkehrshaus: Ohne das von Rudolf Lindt entwickelte Verfahren des «Conchierens» wären solche Formen aus Schokolade nicht möglich. Es verflüssigte nämlich die ehemals harte Schokoladenmasse: Und statt sie mühsam zurechtzuklopfen und zu kneten, konnte man sie jetzt in Formen giessen. - Verkehrshaus

Drei Tage und drei Nächte ununterbrochen liess er seine Maschine die Kakaomasse bearbeiten, bis sie endlich geboren war: die dunkelsamtene, zartschmelzende Schokolade von Lindt.

Als anfangs des 20. Jahrhunderts das Lindt-Verfahren in der Industrie bekannt wurde, änderte sich alles. Das Conchieren war ein Segen für die Industrie. Die flüssige Schokoladenmasse beschleunigte die Produktion um ein Vielfaches.

Schokolade in voller Blüte

Die Erfindungen der Milchschokolade und der Conche gaben der Schweizer Schokoladeindustrie zwischen 1890 und 1920 einen regelrechten Boom. Daran beteiligt war auch der aufblühende Schweizer Tourismus.

Dieser lockte damals die gehobeneren Schichten ins Ferienland Schweiz. Sehr zur Freude der Schokoladenindustrie: Denn die Touristinnen und Touristen trugen den guten Namen der Schweizer Schokolade in die ganze Welt hinaus.

Schokolade Schweiz
Damals wie heute gehören Schokolade und Tourismus zusammen. Das Bild zeigt ausländische Gäste im «Swiss Chocolate Adventure» im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. - Verkehrshaus der Schweiz

Zu dieser Zeit kam auch die Reklame so richtig ins Rollen. Maestrani zum Beispiel kaufte den berühmten «Teufelsstein» bei Göschenen, liess ihn braun anmalen und mit dem Firmenslogan beschriften. Und Ferdinand Tobler landete mit dem Matterhorn-Marketing seiner «Toblerone» einen Jahrhundertcoup.

Kriege, Schokolade und neue Absatzmärkte

Der Erste Weltkrieg erwies sich für die Schweizer Schokoladeproduzenten als äusserst profitabel. Dank gutem Nährwert und hoher Haltbarkeit eignete sich die Schokolade nämlich perfekt als Soldaten-Proviant.

Schokolade Schweiz
Mit den europäische Armeen als Abnehmern profitierten die Schweizer Schokoladeproduzenten nicht nur von florienden Exporten, sondern gewannen mit den Soldaten auch Tausende neuer Kunden. - Keystone

Der Zweite Weltkrieg hingegen brachte Einfuhrbeschränkungen und Rationierung für Kakao und Zucker. Also wichen die Produzenten auf nicht rationierte Rohstoffe aus. Und aus der Not geboren, erstrahlte 1942 das Ragusa mit seiner Füllung aus gemahlenen und ganzen Haselnüssen.

Schokolade Schweiz
Viele werden auf Sizilien tippen, zumal wenn sie schon einmal «Cioccolato di Modica» probiert haben, doch Camille Bloch benannte das «Ragusa» nach dem alten Namen der Stadt Dubrovnik, in der er einmal seine Ferien verbracht hatte. - Pixabay

Nougat-Füllungen aus Kakao, karamellisiertem Zucker und gerösteten Mandeln oder Haselnüssen gehören heute fest zum Schweizer Schoggi-Repertoire: Namen wie «Frigor», «Torino» oder «Giandor» zeugen von einer raffinierten Tradition. Und die «Toblerone» trägt den italienischen Namen für Nougat, «Torrone», sogar im Namen.

Nach dem Krieg bis heute

Nach dem Krieg explodierte wie in vielen Bereichen des täglichen Lebens auch bei der Schokolade die Nachfrage. Die Industrie bewegte sich in den Folgejahren im Spannungsfeld von Konkurrenz, Rationalisierung, Automation und Zollabbau.

Doch stets gelang es den Schweizer Schokoladeherstellern, die hohen Qualitätsstandards zu wahren. Konsequentes Modernisieren, neuartige Produkte und Firmenfusionen taten das Ihrige.

Schweizer Schokolade
Die Aufnahme der Chocolat Frey in den Produktionsverbund der Migros ist nur ein Beispiel für die Übernahmen und Fusionen in der Schokoladeindustrie. Problematischer für unser Selbstverständnis ist, dass Suchard und Toblerone heute dem Tabakriesen Philip Morris gehören. - Keystone

Heute betreiben die grossen Schweizer Schokoladefirmen Fabriken auf der ganzen Welt. Ein Verdienst der Schweizer Produzenten ist es, dass der Begriff «Schweizer Schokolade» geschützt ist: Das Qualitätslabel darf nämlich nur auf Schokolade prangen, die tatsächlich in der Schweiz hergestellt wurde.

Weihnachten und Schokolade: das Abenteuer erleben

Einen einzigartigen Einblick in die Welt der Schokolade ermöglicht euch das «Swiss Chocolate Adventure» im Verkehrshaus der Schweiz in Luzern. Auf einer 20-minütigen Reise lernt ihr hier mit der ganzen Familie Wissenswertes über Entdeckung, Herkunft, Transport und Herstellung von Schokolade.

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Auch kleinere Reisen machen Hunger: Deswegen könnt ihr nach der Erlebnisfahrt durch die Welt der Schokolade bei einem Maître Chocolatier von Lindt verschiedene Kreationen degustieren. - Verkehrshaus der Schweiz

Wer mehr über das Erlebnis für Augen, Ohren und Gaumen wissen möchte, klickt am besten hier.

Und für alle, die nur wegen den herzigen Bärli auf den Artikel geklickt haben: Im Verkehrshaus könnt ihr unter der fachkundigen Anleitung eines Lindt Maître Chocolatiers euren eigenen Schoko-Teddybären giessen und verzieren.

Hier solltet ihr euch aber im Vorhinein online anmelden, die Teilnehmerzahl ist nämlich beschränkt. Durchführungstermine und alles Weitere findet ihr hier.

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