Zahl der Flüchtlinge weltweit erreicht Höchststand
Das Wichtigste in Kürze
- Weltweit sind 70,8 Millionen Menschen auf der Flucht.
- Die grössten Fluchtbewegungen finden im globalen Süden statt.
- Die Hälfte der Flüchtlinge sind Kinder.
- Der internationale Flüchtlingstag am 20. Juni erinnert an das Schicksal dieser Menschen.
Sie fliehen vor Krieg, vor Dürre und Hunger, vor religiöser oder politischer Verfolgung. Die Fluchtursachen sind vielfältig – ein Grund ist aber immer die Angst um das eigene Leben und das Wohlergehen der Familie, Kinder und Angehörigen.
70,8 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – die höchste Zahl seit dem Zweiten Weltkrieg. Davon kommt nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge nach Europa, denn die grössten Fluchtbewegungen finden innerhalb des globalen Südens statt.
Flüchtlingslager von der Grösse einer Stadt
Zwei Drittel der Flüchtlinge kommen aus nur fünf Ländern: Syrien, Afghanistan, Südsudan, Myanmar und Somalia. Die meisten flüchten innerhalb der eigenen Landesgrenzen oder in die Nachbarstaaten, wo sie nicht selten mehrere Jahre in Flüchtlingslagern ausharren müssen.
Viele Flüchtlingslager sind mittlerweile so gross wie eine Stadt, aber ohne die dafür nötige Infrastruktur. Es gibt im besten Fall Provisorien für Unterkünfte, Wasser, Abwasser- oder Gesundheitsversorgung – von Schulen oder Arbeitsmöglichkeiten ganz zu schweigen.
Das Lager Dadaab im Norden Kenias zum Beispiel beherbergt um die 200´000 Menschen. Das weltweit grösste Flüchtlingslager liegt in Bangladesh. Im Lager Kutupalong leben 640´000 Menschen, es sind hauptsächlich aus dem Nachbarland Myanmar geflohene Rohingya.
Obwohl die Flüchtlinge hier nicht mehr direkt von Tod und Verfolgung bedroht sind, führen sie noch lange kein Leben in Sicherheit. Misshandlungen, Ausbeutung und Perspektivlosigkeit herrschen auch im Flüchtlingslager.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind Kinder
Die Flucht und das Leben im Flüchtlingslager treffen Kinder besonders hart. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit sind jünger als 18 Jahre alt. Kinder sind mehrfachen Bedrohungen ausgesetzt, vor allem wenn sie alleine sind: Missbrauch, Gewalt und die Gefahr, in die Hände von Menschenhändlern zu gelangen, sind stetige Begleiter.
Ein weiteres Problem ist, dass die Aufnahmeländer oft kein Interesse daran haben, in den Camps nachhaltige Strukturen aufzubauen, um die Flüchtenden nicht zum Bleiben zu ermutigen. Die Kinder werden so aber nicht nur ihrer Kindheit beraubt, sondern auch ihrer Zukunft. Sie sind dazu gezwungen, die Schule vorzeitig zu verlassen, wodurch das Risiko einer Radikalisierung steigt und für sie keine Chance besteht, dem Armutskreislauf zu entkommen.
Flucht zerstört Perspektiven der Kinder
So erging es auch der 14-jährigen Benesh. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einem Flüchtlingslager in Afghanistan. Der andauernde Krieg mit den Taliban und anhaltende Dürreperioden haben über eine Million Menschen im Land zur Flucht gezwungen. An eine Rückkehr in ihr Zuhause ist vorerst nicht zu denken.
Benesh wird im Lager ihr zweites Kind zur Welt bringen. Ihre Ausbildung musste sie bereits vorher abbrechen. «Ich sehe oft, dass andere Mädchen meines Alters noch zur Schule gehen, aber ich kann nur zusehen, ich wünschte, ich könnte auch zur Schule gehen.» Sie hofft auf ein besseres Leben für ihr noch ungeborenes Kind und dass es, gerade wenn es ein Mädchen wird, eine Ausbildung erhält.
Die traumatischen Erlebnisse der Flucht und Entwurzelung tragen die Kinder ein Leben lang mit. Oft müssen sie auch arbeiten, um ein bisschen Geld zum Überleben zu verdienen.
Auch im Leben des syrischen Jungen Fadi hat der Krieg Spuren hinterlassen. Der 15-Jährige verlor bei einem Bombenangriff seinen Unterarm. Nachdem das Haus seiner Familie zerstört wurde, floh sie in ein Flüchtlingscamp.
Da sein Vater vor fünf Jahren starb, müssen er und sein Bruder arbeiten, um für die Familie zu sorgen – auch wenn die handwerkliche Arbeit durch den Verlust des Arms eine grosse Herausforderung darstellt.
Den geflüchteten Menschen eine Stimme geben
Fadi in Syrien und Benesh in Afghanistan stellen nur zwei von vielen individuellen Schicksalen dar. Sie wurden vom Kinderhilfswerk World Vision aufgezeichnet. Die Organisation arbeitet seit Jahren mit Flüchtlingen, insbesondere Kindern, und kennt ihre Erlebnisse aus persönlichen Begegnungen.
Den internationalen Flüchtlingstag am 20. Juni nimmt World Vision zum Anlass, die Geschichten dieser Kinder und ihrer Familien zu erzählen und sie aus der sonst für uns anonymen Menge der Flüchtlinge hervortreten zu lassen. Bitte schauen Sie nicht weg.