Coronavirus: Bund geht gegen Bundesverfassungsbestellwut vor
Das Wichtigste in Kürze
- Corona-Demonstranten tragen oft eine Bundesverfassung bei sich.
- Am Samstag wollen sie die Verfassung an einem Protestmarsch in Liestal erneut verteilen.
- Der Bund hat jedoch die Bestellmenge wegen übermässiger Bestellungen eingeschränkt.
Noch selten wurde in der Schweiz derart auf die Demonstrationsfreiheit gepocht wie in den vergangenen Monaten. Aufgrund des Versammlungsverbots wegen des Coronavirus sind Demos faktisch verboten.
Nicht aber in der Realität. Massnahmen-Gegner oder solche, die sich Corona-Rebellen nennen, gehen regelmässig auf die Strasse. Und werden häufig von der Polizei toleriert, wenn sie friedlich demonstrieren.
Auch heute Samstag findet in Liestal BL ein Protestmarsch des Vereins «Stiller Protest» gegen die Massnahmen wegen des Coronavirus statt. Die Veranstalter haben dafür eine Bewilligung erhalten. Das Ziel der Veranstalter: 10'000 Teilnehmer, wie sie auf Facebook verkünden.
Neben Plakaten und umgestalteten Masken stets dabei: die Bundesverfassung. Immer wieder wedeln die Demonstranten mit dem roten Büchlein durch die Luft, um auf die Grundrechte aufmerksam zu machen.
Coronavirus: Bundesverfassung als Symbol der Rebellenbewegung
Der Bund stellt die Bundesverfassung kostenlos im Onlineshop für Bundespublikationen zur Verfügung. Sie lässt sich als PDF-Datei herunterladen oder aber nach Hause schicken, ohne Versandkosten. Kein Wunder, also konnten die Demonstranten ein regelrechtes Arsenal anlegen.
Doch damit ist Schluss. In einer Gruppe auf der Nachrichtenplattform Telegram wehren sich die selbst ernannten «Corona-Rebellen», die Bestellungen seien unterbunden worden. Egal, wie viele man bestelle, man erhalte lediglich ein rotes Büchlein.
Namentlich wird Albert Knobel erwähnt, der immer wieder an den Demonstrationen auf den Verfassungsschutz hinweist. Und selber Bundesverfassungen verteilt. Aus Solidarität mit Knobel solle nun jeder Teilnehmer eine bestellen und sie an den Protest in Liestal mitbringen.
Knobel hält auf Anfrage von Nau.ch fest: Seit ganzen fünf Jahren verteile er Verfassungen bei jeder Gelegenheit. Seither trage er auch sein Shirt, «welches mit dem Amtseid und der Verfassung auf die theoretische Praxis-Garantie unseres Rechtsstaates hinweist».
Knobel begründet sein Engagement unter anderem damit, dass vereidigte Behörden «immer öfter ihre Pflichten missachteten». Auch ist der Schwyzer überzeugt, dass der Volkswille und verbindliche Gesetze negiert würden. Gerade auch im Zuge der Bewältigung des Coronavirus. «Dies dürfen wir als Staatsbürger nicht dulden, weshalb jeder Bürger zumindest die Grundrechte kennen muss.»
Deshalb hat Knobel gemäss eigenen Angaben jeweils zwischen 160 und 960 Exemplare der Bundesverfassung bestellt. Verteilt hat er im Privatbereich oder an politischen Veranstaltungen einige Tausend Exemplare. «Durch diese Aktivitäten wurde ich im Volk als Verfassungsverteidiger wahrgenommen», freut er sich.
Das Verteilen der Bundesverfassungen wurde aber nicht immer toleriert: In Bern oder Zürich sei er schon mehrmals weggewiesen worden. Und im Oktober wurde Knobel gar bei einer unbewilligten Demo auf einem Schulhausplatz in Ebikon LU verhaftet.
Bund dreht Rebellen den Druckhahn zu
Tatsächlich hat der Bund interveniert, wie das zuständige Bundesamt für Bauten und Logistik zu Nau.ch sagt. «In den letzten Monaten gab es tatsächlich erhöhte Bestellmengen für die Bundesverfassung», hält Sprecher Jonas Spirig fest.
«Zum Teil über 500 Stück auf einmal – von Privatpersonen.» Das Bestellvolumen habe sich seit der Pandemie des Coronavirus um 10 Prozent erhöht. Ein solches Bestellverhalten führe unter anderem zu Mehrkosten für die Bundesverwaltung.
«Einerseits aufgrund erhöhter Druckkosten und andererseits, weil solche grossen Bestellungen als Pakete versendet werden müssen.»
Finden Sie es richtig, dass der Bund die Bestellmenge von Bundesverfassungen limitiert hat?
Daher hat das Bundesamt entschieden, dass pro Bürger nur noch ein Exemplar der Bundesverfassung abgegeben werde. Auch da diese jederzeit elektronisch heruntergeladen werden kann. Grössere Bestellmengen für Schulen oder externe Vertriebe sind aber weiterhin möglich, versichert Spirig.