Bürgergemeinderat gibt weiteres Vorgehen zum Leistungsauftrag der Christoph Merian Stiftung bekannt
In seiner Sitzung vom 11. Dezember 2018 hat der Bürgergemeinderat zum Leistungsauftrag der Christoph Merian Stiftung für die Jahre 2017 bis 2020 das weitere Vorgehen beschlossen.
1. Ausgangslage
In seiner Sitzung vom 11. Dezember 2018 hat der Bürgergemeinderat gestützt auf einen gemeinsamen Antrag von Bürgerrat und Aufsichtskommission zum Leistungsauftrag der Christoph Merian Stiftung für die Jahre 2017 bis 2020, Produktegruppe «gemeinnützige Beiträge der Bürgergemeinde », «soziale Beiträge des Bürgergemeinderates», folgendes weiteres Vorgehen beschlossen:
:Die in den Berichten einerseits Nr. 2151 des Bürgerrates und andererseits Nr. 2156 der Aufsichtskommission enthaltenen Anträge werden zurückgezogen.
1. Der Bürgerrat wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit der Christoph Merian Stiftung und in Absprache und im Austausch mit der Aufsichtskommission für die Frühjahrssitzung 2019 des Bürgergemeinderates eine überarbeitete Produktegruppe «Gemeinnützige Beiträge der Bürgergemeinde» mit Wirkung ab 2019 vorzulegen.
2. In dieser überarbeiteten Produktegruppe sollen die sozialen Beiträge des Bürgergemeinderates in Absprache mit der Aufsichtskommission nach strategischen Überlegungen mit inhaltlichen Schwergewichten verfeinert abgebildet und definiert werden.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die ursprünglich allseits gut gemeinte Idee, wonach das Parlament eine eigene Kompetenz über CHF 200'000 p.a. für soziale Beiträge – Vornahme konkreter Einzel-Vergabungen also – haben soll, in der Realität kaum bzw. wenig realistisch / zielführend ist. Zu kompliziert und aufwendig sind Administration und Entscheidungswege, zu weit liegt die Sitzungskadenz zeitlich auseinander. Vor allem aber scheint eine parlamentarische Einzelfallkompetenz weder stufengerecht noch effizient – viel zielführender und letztlich auch teuerungskonformer wäre es, wenn das Parlament nicht selbst konkrete Vergabungen sprechen, sondern aufgrund strategischer Betrachtungen und Beurteilungen konkrete Wirkungsfelder vorgeben würde, im Rahmen derer ein operativ tätiges Organ sich bewegen muss und sodann die konkreten Gesuche beurteilen und Vergabungen sprechen kann. Schliesslich sind sich auch alle darin einig, dass die Wirkung der sozialen Beiträge des Bürgergemeinderates möglichst effizient und nicht durch Generierung unnötiger Doppelspurigkeiten oder Zusatzaufwendungen eingeschränkt sein soll.
Aus diesem Grund wurde dem Bürgergemeinderat beantragt, den Bürgerrat zu beauftragen, in Zusammenarbeit mit der Christoph Merian Stiftung (CMS) und in Absprache und im Austausch mit der Aufsichtskommission eine neue Produktegruppe «Gemeinnützige Beiträge der Bürgergemeinde» mit Wirkung ab 2019 zu erarbeiten und dem Parlament zur Beschlussfassung vorzulegen.1 Ziel ist es, darin – in Absprache mit der ufsichtskommission – die Mittelverwendung der Bürgergemeinderatskompetenz verfeinert abzubilden. Konkret soll der Einsatz der Mittel für die sozialen Beiträge des Bürgergemeinderats nach inhaltlichen Schwergewichten detaillierter definiert werden – das Verfahren für den konkreten Mitteleinsatz richtete sich sodann nach dem bewährten Verfahren, wie es für die übrigen Mittel des Anteils der Bürgergemeinde am Ertrag der Christoph Merian Stiftung (rund CHF 5 Millionen pro Jahr) seit langem gilt und Anwendung findet. Mit diesem einfachen, bewährten Vorgehen würde zum einen dem verständlichen und nachvollziehbaren Bedürfnis der Legislative nach mehr / direkterer Einflussnahme auf die Mittelverwendung Rechnung getragen und gleichzeitig würde der konkrete Mitteleinsatz sowohl steuerungs- und vorgabekonform als auch effizient, zielorientiert, aktuell und bedürfnisgerecht erfolgen.
2. Inhaltliche Schwerpunkte der in der Produktegruppe „Gemeinnützige Beiträge der Bürgergemeinde“ enthaltenen Kompetenz des Bürgergemeinderates
Die sozialen Beiträge des Bürgergemeinderates sollen die drei Angebotsbereiche erstens «Quartierentwicklung», zweitens «Befähigung» und drittens «gesellschaftliche Integration» umfassen. Diese drei Bereiche wurden vor allem auf der Basis der umfangreichen Bedarfsanalyse, welche die CMS im Jahre 2015 durchgeführt hat definiert.
2.1. «Quartierentwicklung»
Förderung der Vernetzung und Koordination verschiedener Organisationen im Quartier, Verbesserung der Erreichbarkeit der Quartierbevölkerung und Nachbarschaftsarbeit Im Bereich Quartierentwicklung sind sehr unterschiedliche Akteure tätig. Die Angebote in diesem Bereich sind teils unzureichend vernetzt und erreichen nicht die gesamte Quartierbevölkerung. In Quartieren mit grossen Veränderungsprozessen wie Neu- und Aufwertungsprojekten kommt es zu einer neuen Zusammensetzung der Bevölkerungsstruktur. In diesem Schwerpunkt sollen die Koordinationder verschiedenen Akteure, Vernetzungsplattformen und Nachbarschaftsarbeit gestärkt werden. Zudem ist die aufsuchende Sozialberatung in den Quartieren zu fördern, um sozial isolierte Personen gezielter zu erreichen und die bestehenden Angebote besser bekannt zu machen.
Konkret sollen Organisationen wie Quartiertreffpunkte, Neutrale Quartiervereine und weitere Vereine und Organisationen, die sich für die Quartierentwicklung einsetzen, unterstützt werden.
2.2 «Befähigung»
Befähigung von Menschen, die von Armut und Ausgrenzung oder aufgrund ihrer Flucht bzw. Migration in die Schweiz benachteiligt sind und Unterstützung benötigen Angebote, welche Beratung, Begleitung, Begegnung und den sozialen Zusammenhalt fördern, sollen unterstützt werden.
Als mögliche Beispiele können konkret das Radio X (mehrsprachige Programme), die Freiplatzaktion oder die Ausbildungs- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten (ABSM) genannt werden.
Bisher nicht ausgeschöpfte Mittel würden übertragen und könnten in den Folgejahren eingesetzt werden.
2.3. «Gesellschaftliche Integration für Menschen in prekären Lebenssituationen»
Menschen in prekären Lebenssituationen mit oder ohne Migrationshintergrund soll ermöglicht werden, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die Finanzierung kann über einen Fonds für Einzelhilfen oder in Form von Projektbeiträgen erfolgen. Einzelhilfen können beispielsweise ein Freizeitangebot eines Vereins umfassen; auch sollen Beratungen in Anspruch genommen werden können, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Integration stehen.
Grundsätzlich könnten mit diesen Mitteln für Menschen in prekären Lebenssituationen auch Einbürgerungsgebühren der Bürgergemeinde ganz oder teilweise übernommen werden. Ob das vorliegende Angebot auch diesen Bereich umfassen soll, ist keine rechtliche, sondern eine politische Frage und somit von der Politik zu beantworten. Da es vorliegend um die Frage nach dem Einsatz der Mittel des Parlaments geht, lässt der Bürgerrat diese bewusst offen und überlässt den Entscheid darüber dem Parlament. Klar ist jedoch, dass für den Fall, dass das Parlament diese Frage mit «ja» beantworten sollte, es erstens «nur» um die Gebühren der Bürgergemeinde und nicht diejenigen des Kantons gehen kann, und zweitens für den konkreten Einsatz der Mittel (z.B. Kreis der Begünstigten, Umfang der Entlastung u.a.m.) Umsetzungsrichtlinien durch die Exekutive zu erlassen sein werden.
3. Mittelverwendung
Die Mittelverwendung in den drei Schwerpunkten soll flexibel und bedürfnisorientiert erfolgen. Deshalb wurde darauf verzichtet, für die einzelnen Schwerpunkte Gesamtsummen festzulegen. Grundsätzlich stehen CHF 200‘000 p.a. zur Verfügung. Da die Mittel seit 2017 bereitstehen, jedoch weder für das Jahr 2017 noch für das Jahr 2018 Verwendungen beschlossen worden sind, können nun in den beiden Jahren 2019 und 2020 je CHF 400‘000 eingesetzt werden. Pro futuro ist aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass ab 2021 jährlich wieder CHF 200‘000 vergeben werden können.
4. Verfahren
Wie bereits ausgeführt, richtete sich das Verfahren für den konkreten Mitteleinsatz nach dem bisherigen, bewährten Vorgehen, wie es für die übrigen Mittel des Anteils der Bürgergemeinde am Ertrag der CMS (rund CHF 5 Millionen pro Jahr) seit langem gilt und Anwendung findet. Wie festgehalten, würde mit diesem einfachen, bewährten Vorgehen zum einen dem verständlichen und nachvollziehbaren Bedürfnis der Legislative nach mehr / direkterer Einflussnahme auf die Mittelverwendung.
Auf die entsprechende Frage in der im Bürgergemeinderat am 19. Juni 2018 behandelten Interpellation Einbürgerungsgebühren von Pierre-Alain Niklaus hat der Bürgerrat dazu u.a. festgehalten, dass dies in Bezug auf den CMS-Anteil denkbar wäre. Er zitierte damals die entsprechende Stellungnahme der CMS: „Die Höhe der Einbürgerungsgebühren kann für Menschen in prekären Lebenssituationen durchaus dazu führen, dass sie von einer Einbürgerung absehen, obwohl sie dazu berechtigt wären. Insofern ist die Gewährung von finanziellen Unterstützungen bei der Einbürgerung stiftungszweckkonform, vorausgesetzt, es werden klare Kriterien definiert, wer eine reduzierte Gebühr erhält. Da die Initiative für diese Unterstützungen aus dem Parlament der Bürgergemeinde stammt und nicht unbedingt den Erfordernissen der von der CMS durchgeführten Bedarfsanalyse entspricht, sollte der zusätzliche Finanzbedarf über die Produktegruppe «Gemeinnützige Beiträge der Bürgergemeinde, Produkt Gemeinnützige Beiträge des Bürgergemeinderats» abgegolten werden.“ Durch eine detailliertere Definition nach Wirkungsfeldern auf der Stufe der Produktegruppe Rechnung getragen. Gleichzeitig würde der konkrete Mitteleinsatz, wie bereits ausgeführt, steuerungs- und vorgabekonform erfolgen. Die Kontrolle des korrekten Mitteleinsatzes würde im Rahmen der Aufsichtstätigkeit des Bürgerrates erfolgen – dem Parlament würde die konkrete Mittelverwendung im Jahresbericht dargelegt.
5. Treffen Bürgerrat / Aufsichtskommission
Am 15. Januar 2019 hat der Bürgerrat vorliegendes Geschäft behandelt; am 5. Februar 2019 hat eine Delegation des Bürgerrates mit der Aufsichtskommission die nach strategischen Überlegungen verfeinert abgebildeten bzw. definierten sozialen Beiträge des Bürgergemeinderates besprochen.
Die Aufsichtskommission schliesst sich den Ausführungen des Bürgerrates an und spricht sich bezüglich der vom Bürgerrat bewusst offen gelassenen Frage zur Finanzierung von Einbürgerungsgebühren der Bürgergemeinde mehrheitlich dafür aus, dass Einbürgerungsgebühren der Bürgergemeinde ganz oder teilweise finanziert werden sollen.