Luzerner Kirche irritiert Passanten mit Handygeklingel
Vom Turm der Luzerner Peterskapelle erschallt in den nächsten zwei Wochen statt regelmässiger Glockenschläge ein unregelmässiges Handygeklingel. Zwei Kunststudentinnen wollen mit ihrem Projekt «Zeitzeichen» die Passanten irritieren.
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"God is calling», lautete der Kommentar aus einer Touristengruppe, die Ohrenzeuge wurde, als am Montag gegen Mittag erstmals ein weltbekannter Standard-Handy-Klingelton vom kleinen Kirchturm erschallte. Auch andere Touristen - die Peterskapelle befindet sich gleich neben dem beliebten Fotosujet Kapellbrücke - reckten neugierig und amüsiert den Kopf in die Höhe.
Am Montagvormittag hatten Klarissa Flückiger und Mahtola Wittmer, beides Kunststudentinnen der Hochschule Luzern, den Kirchturm für ihre Toninstallation umgebaut. Bei der Glocke, die seit Monaten wegen Renovationsarbeiten nicht mehr geschlagen wird, befinden sich nun ein Lautsprecher und ein Mischpult, in dem das Klingelzeichen gespeichert ist.
Auflagen der Stadt
Die beiden Kunststudentinnen bestimmen selbst, wann und wie lange das Kirchturm-Handy klingelt. Sie lösen den Ton via Smartphone aus, wobei sie Auflagen der Stadt, etwa die Nachtruhe, einhalten müssen.
Der Handyton wird täglich mindestens drei Mal, wohl aber öfters, ertönen. Sie seien die Komponistinnen, sagte Klarissa Flückiger gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-sda. Sie würden sich gegenseitig absprechen und konzipiert vorgehen.
Die Katholische Kirche der Stadt Luzern hatte die Renovation der Peterskapelle von Kunststudentinnen und -studenten begleiten lassen. «Zeitzeichen» ist das letzte von sechs realisierten Projekten.
Die Idee sei aus einem Jux entstanden, sagte Flückiger, die vor allem performative und Video-Kunst macht. Sie hätten von der Kirche den Rat erhalten, bei ihren Kunstprojekten nichts mit der Kirchenglocke zu machen.
Omnipräsentes Handy
Die Kunststudentinnen nahmen den Ratschlag wörtlich. Sie stellten fest, dass Handygeklingel heute präsenter ist als Kirchengeläut. Die meisten Menschen reagieren sofort, wenn das Mobiltelefon klingelt. Von dieser zentralen Rolle, die das Smartphone im Leben hat, stellt sich für die beiden Frauen auch die Frage, ob das Handy zum modernen Gott geworden sei.
Normalerweise schlägt die Peterskapelle alle 15 Minuten. Florian Flohr, Leiter der Citypastoral bei der Katholischen Kirche der Stadt Luzern, sagte, beim Handygeklingel fehle diese Regelmässigkeit. Es gehe beim Projekt «Zeitzeichen» auch darum, wie man sein Leben selbst bestimmen könne.
Die Peterskapelle in der Luzerner Altstadt ist die älteste Kirche Luzerns. Wie alt die mehrmals veränderte Kirche ist, ist unbekannt. Erstmals erwähnt worden war sie 1178. Sie war nie eine eigenständige Pfarrkirche, bildete aber den religiösen Mittelpunkt der in der werdenden Stadt wohnhaften Bevölkerung.
Die kleine Kirche soll künftig mehr die Rolle einer offenen Kirche einnehmen. «Wir möchten Gastgeber sein», sagte Flohr. Impulse sollten nicht nur von den Theologen her kommen, sondern wie bei diesem Kunstprojekt auch von aussen.
sda (vas)