Wird die Altstadt bald busfrei?

Stadt Aarau
Stadt Aarau

Aarau,

Die FDP Aarau hat ein Postulat mit dem Titel "Busfreie Altstadt" – Überprüfung der Bus Linienführung Altstadt eingereicht.

dokument
Amtliche Dokument sollen öffentlich zugänglich werden. (Symbolbild) - Keystone

Stellungnahme zu den Anträgen

Antrag 1:

Der Stadtrat wird eingeladen, im Rahmen der allgemeinen Überprüfung der Bus Linienführung, das Gebiet Altstadt zusätzlich zu den vier bereits als 'zu verbessernd' definierten Gebieten in die Gesamtplanung Verkehr als fünftes aufzunehmen.

Antrag 2:

Der Stadtrat wird gebeten, die Umfahrung der Altstadtgassen in diesem Rahmen zusammen mit BBA, PTT Postauto und dem Kanton durch Neuregelung der Linienführung der Busse BBA 1, 2, 4, 6 und der beiden Postbusse 135 und 136 von Aarau Nord zum Bahnhof bzw. umgekehrt auszuhandeln und die Neuregelung der Altstadtumfahrung dem Regierungsrat gemäss ÖVG zur Bewilligung vorzulegen.

Stellungnahme zu den Anträgen 1 und 2:

Der Kommunale Gesamtplan Verkehr definiert vier Gebiete mit einer aus Sicht der Stadt ungenügenden Erschliessung des öffentlichen Verkehrs. Die Definition erfolgte aus Gründen der schlechten Anbindung, durch schlechte oder fehlende Busverbindungen. Die Altstadt wird durch die Busse der Linien 1, 2, 4 und 6 sowie 135 und 136 bestens erschlossen.

Durch die Haltestellen Rathaus und Holzmarkt kann die Altstadt innert sehr kurzer Zeit erreicht werden. An den beiden Haltestellen bestehen Verbindungen im Minutentakt zum Bahnhof und in den Norden Richtung Küttigen, Erlinsbach oder Biberstein.

Aus diesen Gründen macht es keinen Sinn, das sehr gut erschlossene Gebiet, als zu verbesserndes Gebiet im Sinne des KGV zu definieren.

Der Stadtrat liess in den Jahren 2006 und 2010 Evaluationen von externen Büros zur Linienführung der Busse in der Altstadt erstellen. Im Bericht aus dem Jahr 2006 wurden insbesondere Routen via Tellirain und Teilumfahrungen der Altstadt untersucht. Im Vergleich zur heutigen Ist-Situation konnte jedoch keine Linienführung gefunden werden, welche denselben Nutzen bei gleichen Kosten lieferte. Der Bericht aus dem Jahr 2010 offenbarte ein ähnliches Bild. Im Bericht aus dem Jahr 2010 wurden zusätzlich auch Routen via Schachen und Allmendstrasse geprüft. Jedoch brachten auch diese Varianten Nachteile mit sich. Keine evaluierte Routenführung konnte als besser befunden werden als die aktuelle Route. Eine bus- und postautofreie Altstadt hätte insofern eine Verschlechterung des ÖVAngebotes zur Folge, als dass alle anderen geprüften Routen mit Fahrzeitverlängerungen und/oder höheren Kosten verbunden wären. Zudem wäre die Fahrplanstabilität beeinträchtigt, da die in den Berichten untersuchten Umfahrungsstrassen während der Stosszeiten stauanfällig sind. Je nach untersuchter Routenführung könnten zudem Haltestellen wie Rathaus oder Holzmarkt nicht mehr bedient werden; dies würde für Anwohner der Altstadt und das Altstadtgewerbe eine Verschlechterung der ÖV-Anbindung bedeuten.

Der letzte Entscheid des Stadtrates bezüglich busfreier Altstadt liegt gut 4 Jahre zurück. Im Rahmen der Behandlung einer Petition entschied sich der Stadtrat 2014 gegen eine weitere Diskussion über die Routenführung in der Altstadt. Eine in diesem Zusammenhang gestellte Anfrage wurde im Einwohnerrat wie folgt beantwortet (Auszug aus dem Protokoll des Einwohnerrates vom 16. Oktober 2014):

''Eine bus- und postautofreie Altstadt hätte eine deutliche Verschlechterung des ÖV-Angebotes zur Folge. Wenn der Bus nicht mehr durch die Altstadt fahren könnte, würde das bedeuten, dass alle diejenigen, welche von den nördlichen Gebieten und den Nachbargemeinden Küttigen, Biberstein und Erlinsbach in unsere Stadt kämen, längere Fahrzeiten in Kauf nehmen müssten. Zudem würde die Fahrplanstabilität beeinträchtigt. Es ist leider immer noch so, und wird auch künftig so sein, dass vor allem in Spitzenzeiten das kantonale Strassennetz überlastet ist. Da gibt es Staus in den Stosszeiten. Das führt zu einem instabilen Fahrplan. Dies ist einfach ein Nachteil für diejenigen Personen, welche mit dem Bus an den Bahnhof fahren müssen. Ein weiterer Nachteil wäre die Verschlechterung der Erschliessungsqualität der Altstadt durch den öffentlichen Verkehr. Man hat gezählt, dass täglich doch 2000 Personen an den Haltestellen Rathaus und Holzmarkt ein- und aussteigen. Diese wären auch betroffen. Das hätte wieder negative Folgen auf das Gewerbe. Als weiteren Punkt kann angeführt werden, dass im Rahmen der Abstimmungen zur Ostumfahrung Innenstadt/Sauerländertunnel/Neue Aarebrücke sowohl kantonal im Grossen Rat wie auch in der Stadt Aarau klar festgehalten worden ist, dass diese Busse durch die Altstadt fahren sollten. Man habe dann eben gleich eine ideale Fahrbahn für die Busse durch die Aarauer Altstadt. Es war dann auch so, dass der Grosse Rat und der Bund damit inverstanden waren, dass die Stadt Aarau weniger bezahlen müsse, als es eigentlich im Dekret orgegeben gewesen wäre. Wir Aarauerinnen und Aarauer mussten also weniger an die Strassensanierung bezahlen, weil es eine Vorlage war, welche zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs beitrug. Wenn wir das jetzt einfach ändern würden, stünden Rückzahlungsforderungen von Kanton und Bund von rund 10 Mio. Franken im Raum. Das sind die wesentlichen Überlegungen des Stadtrates. In unserem Raumentwicklungsleitbild haben wir zudem festgehalten, dass wir eigentlich den öffentlichen Verkehr ausbauen und diesen priorisieren müssten. Wenn man die Altstadt busfrei gestalten möchte, wäre das genau das Gegenteil. Damit würde man den öV in Aarau abbauen. Dies will der Stadtrat nicht tun. Das kann nicht im Sinne der ganzen Stadt und des Zukunftsraums Aarau sein.''

Trotz der Nachteile der bisher evaluierten alternativen Routen ist nicht auszuschliessen, dennoch aus heutiger Sicht eine neue Busführung für die Altstadt zu finden, welche den verschiedenen Anforderungen gerecht werden kann. Darum soll in einem ersten Schritt im Sinne des Postulats eine erneute Evaluation durchgeführt werden, um neue Lösungen zu suchen.

Antrag 3:

Es ist abzuklären, ob innerhalb der betroffenen Zone ein alternatives ÖV-System mit EKleinfahrzeugen sinnvoll oder notwendig wäre, um den Altstadtbewohnern und -besuchern eine Anbindung an die Nordlinien im Bereiche des Flösserplatzes / Brückenkopf Nord der Kettenbrücke zu gewährleisten.

Stellungnahme zu den Antrag 3:

Bereits 2006 wurde in der Evaluation von möglichen Routenführungen des Busses ausserhalb der Altstadt eine ähnliche Variante geprüft. Jedoch war auch diese Variante mit Mehrkosten und einer Verschlechterung der ÖV-Qualität verbunden. Zudem fordert das Postulat grundsätzlich eine busfreie Altstadt, welche mit einem E-Kleinbus trotzdem nicht busfrei wäre. Um eine gute Erschliessung zu gewährleisten, müsste auch ein Kleinbus die Altstadt im 7.5- oder 15-Minutentakt durchfahren. Durch kleinere Shuttlebusse würden zwar weniger Busse die Altstadt durchfahren und bräuchten weniger Platz, jedoch wäre zu bedenken, dass die Fahrbahn trotzdem nicht von Restaurants etc. genutzt werden könnte. Dies allerdings nicht nur wegen des Busbetriebs, sondern auch zur Sicherstellung der Zufahrt für Notfallfahrzeuge. Die Auswahl des Antriebs der Busse liegt grundsätzlich in der Hand des Busbetreibers und nicht bei der Stadt. In Anbetracht der eher kurzen Strecke erscheint der Einsatz eines Elektrofahrzeugs aber plausibel. Da die Variante mit einem Shuttlebus neben den genannten Nachteilen auch Vorteile hätte, sollte die Idee trotzdem weiterverfolgt werden. Mit einer Verlängerung des Shuttlebusses ins Freizeitgebiet Schachen könnte eine solche Variante möglich sein.

2. Antrag des Stadtrats

Da in den beiden Berichten der Jahre 2006 und 2010 mehrere Alternativen nicht geprüft wurden, sollen neue und weiterentwickelte Varianten der Linienführung aufgezeigt werden. Eine Überprüfung der Buslinienführung könnte möglicherweise im Rahmen des regionalen Gesamtverkehrskonzepts stattfinden. Dabei sollen insbesondere nachfolgende Varianten vertieft werden:

a) Variante mit Shuttlebus

Die Variante mit kleinen Shuttlebussen fand bereits in der Evaluation von 2006 Platz. Im

Postulat 'Busfreie Altstadt' (Anhang 1) wird diese Variante erneut genannt. Die Idee wäre, die Linienbusse ausserhalb der Altstadt zu führen, aber die Altstadt weiter mit kleineren Shuttlebussen zu bedienen. Die Altstadt wird damit zwar nicht busfrei, jedoch könnten die Busfahrten stark reduziert werden.

Um diese Variante mit Shuttlebussen noch weiter zu verbessern, könnten die Shuttlebusse beispielsweise ins Freizeitgebiet Schachen und durch die Schachenallee geführt werden. Die Gebiete rund um die Pferderennbahn/Sportplätze und Badeanstalt sind heute schlecht an das Netz des Öffentlichen Verkehrs angebunden. Gleiches gilt für das Areal um die Hirslanden Klinik. Mit einem Shuttlebus, der die Gebiete Altstadt, Hirslanden und das Freizeitgebiet Schachen mit dem Bahnhof verbindet, könnte ein Mehrwert geschaffen werden. Eine bessere Erschliessung dieser Gebiete, welche auch bereits im Kommunalen Gesamtplan Verkehr vom Stadtrat als "zu verbessernd" eingestuft wurden, böte einen Hebel, um die Zahl der Autofahrten in dieses Gebiet zu verringern. Die Gesamtkosten für eine solche Variante wären höher im Vergleich zur heutigen Routenführung. Die Nutzung eines Elektrobusses für diese Linie wäre aufgrund der eher kurzen Strecke zu prüfen.

b) Abendführung der Busse auch am Tag

Bereits heute werden die Busse ab 19 Uhr von Norden zum Bahnhof via Schiffländestrasse- Kasinostrasse geführt. Damit ist die Rathausgasse am Abend busfrei. Die Metzgergasse wird regulär auch am Abend befahren. Diese Linienführung könnte auch tagsüber eingeführt werden. Die Rathausgasse wäre dadurch wieder busfrei. Nachteile dieser Route sind möglicherweise längere Fahrzeiten und das Anfahren unterschiedlicher Haltestellen je nach Richtung, was aber in der Regel als nicht sehr kundenfreundlich eingestuft und deshalb nach Möglichkeit vermieden wird. Zudem würde die Kasinostrasse durch die zusätzlichen Busse weiter belastet.

c) Altstadtumfahrung zu bestimmten Zeiten

Das Umfahren der Altstadt ist insbesondere in den Hauptverkehrszeiten mit längeren Fahrzeiten verbunden, da Busse – ohne entsprechende flankierende Massnahmen wie z.B. der Einführung von elektronischen Busspuren - im Stau stehen werden. Um dieses Problem zu entschärfen könnten Busse beispielsweise erst ab 9 Uhr ausserhalb der Altstadt geführt werden. Ein Problem dieser Variante wäre die Komplexität, da gewisse Bushaltestellen wie Rathaus nur gewisse Stunden bedient würden, was aus Kundensicht als kompliziert wahrgenommen und deshalb in der Regel vermieden wird.

d) Umfahrung der Altstadt am Wochenende

Eine weitere Kompromisslösung könnte eine Variante darstellen, bei welcher der Bus die Altstadt von Freitagabend bis Sonntagabend umfährt. Die Vorteile liegen primär darin, dass die Konflikte mit den Fussgängerinnen und Fussgängern sowie Velofahrenden und auch die Lärmemissionen am Wochenende entfallen. Da am Wochenende weniger Busse verkehren, wäre die Anschaffung von neuen Bussen durch längere Fahrzeiten wohl kein Thema. Nachteile liegen in der höheren Komplexität für Buspassagiere, da am Wochenende andere Haltestellen bedient werden.

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