Fünfte Jahreszeit beginnt warm und leicht politisch
Die Wintergeister schienen an diesem «Schmutzigen Donnerstag» zwar bereits vertrieben. Dennoch haben in verschiedenen Schweizer Städten zehntausende Maskierte und Verkleidete die Fasnacht eröffnet.
Schweiss und Kafi-Luz flossen zum Fasnachtsauftakt in Strömen: Bei Sonne und Temperaturen von gegen 16 Grad schauten sich in der Stadt Luzern geschätzte 38'000 Personen den Fritschi-Umzug der Zunft zu Safran an. So viel waren es noch nie, wie die Luzerner Polizei mitteilte.
Viel zu heiss sei es, aber natürlich trotzdem schön, sagt René Schmid, Schlagzeuger der Borggeischter Musig aus Rothenburg, als er nach dem Umzug Maske und T-Shirt abstreift. «Schrottziit» war das Motto, zu dem seine Formation ihren Auftritt an der Luzerner Fasnacht gestaltete, um auf die Wegwerfkultur aufmerksam zu machen. Die Guuggenmusik selber verwendet laut Schmid beim Wagenbau Recycling-Material und gibt ihre Kostüme weiter.
Den gleichen gesellschaftskritischen Ton trafen auch die Rotseemöven aus Littau als «Klimamutanten» mit einem sinkenden Fischerboot im Schlepptau, die Umzugsnummer «Weniger Plastik ist Meer» oder die Gruppe «Eisartig», die auf ihrem Wagen die Frage stellte: «Was fischen wir in Zukunft?» und mit Netzen voller Plastik gleich selber die Antwort lieferte.
200 Jahre Maskenliebhaber
38 Nummern hatten sich angemeldet, dazwischen schmuggelten sich wilde Nummern. Zu sehen waren auch historische Themen - von Leonardo da Vinci bis Napoleon, Tennisspieler, grausige Gehörnte, traditionelle Holzmasken und jede Menge Totenköpfe. Das Publikum freute sich über Orangen und Süssigkeiten, die von den Wagen herunter verteilt wurden.
Die Spitze des Umzugs bildete die Jubiläumsparade der Maskenliebhaber-Gesellschaft der Stadt Luzern (MLG). Diese feiert heuer ihr 200-jähriges Bestehen. Auf ihre Wagen fuhren Angela Merkel, Donald Trump, Mike Shiva und der Papst mit und tanzten zu Stevie Wonders «Happy Birthday».
Der rund zweistündige Umzug führte vom Luzernerhof über die Seebrücke in die Neustadt. Unterwegs umrundete der rot-gelb geschmückte Fritschiwagen drei Mal den Fritschibrunnen, das sagenumwobene Grab von Bruder Fritschi auf dem Kapellplatz.
Der Startschuss für die Fasnacht 2019 war bereits um Punkt 5 Uhr mit dem Urknall über dem Luzerner Seebecken gefallen. Gegen 15'000 Fasnächtler fanden den Weg an die Tagwache. Der Auftakt blieb friedlich, es gab vereinzelt Meldungen von Taschendiebstählen. Die 15 Extrazüge an die Tagwache waren laut einem SBB-Sprecher sehr gut ausgelastet. Am Güdismontag folgen die Tagwache der Wey-Zunft und der Wey-Umzug.
«Öppe so» in Solothurn
Nicht nur Luzern ist für die kommenden Tagen im Fasnachtsmodus. Auch in Solothurn begannen in den frühen Morgenstunden mit der traditionellen Chesslete die närrischen Tage. Tausende in weisse Nachthemden gekleidete Narren mit weisser Zipfelmütze auf dem Kopf und rotem Halstuch rissen die Stadt mit viel Lärm aus dem Schlaf.
Das Motto der Chesslete lautet in diesem Jahr «öppe so». Die Stadt Solothurn nennt sich während der fünften Jahreszeit kurzerhand Honolulu. Der seit dem Jahr 1888 bekannte Brauch der Chesslete soll den Winter vertreiben - und für gute Laune sorgen.
Auch auf der Luzerner Landschaft, in anderen Zentralschweizer Kantonen, im Aargau, in St. Gallen, Teilen des Tessins sowie im Wallis wurde der Start in die fünfte Jahreszeit ausgiebig gefeiert. Bis am Aschermittwoch ist es in den Stammlanden der Fasnacht mit der winterlichen Ruhe vorbei.