Midlife Crisis – Die Psychologie der Lebensmitte
Die Midlife Crisis wird vor allem mit Männern in Zusammenhang gebracht, aber auch Frauen können darunter leiden. Doch was passiert da eigentlich?
Das Wichtigste in Kürze
- Als Midlife Crisis wird eine psychologische Krise im 4. und 5. Lebensjahrzehnt bezeichnet.
- Bei Männern macht sie sich meist durch Unzufriedenheit bemerkbar.
- Psychologische Hilfe kann hilfreich sein.
Eigentlich könnte das Leben mit 50 so schön sein: Die Karriere brummt, der Kontostand stimmt und die Kinder sind aus dem Haus.
Jetzt einfach nur das Leben geniessen! Stattdessen macht sich bei vielen Männern eine grosse Krise bemerkbar: Die Midlife Crisis.
Hormonelle Aufruhr bei beiden Geschlechtern
Bei Frauen macht sich die hormonelle Umstellung durch die Wechseljahre recht schnell bemerkbar. Innerhalb von zwei bis drei Jahren wird die Periode unregelmässig und bleibt dann ganz aus.
Viele Frauen leiden unter Hitzewallungen, Gereiztheit und depressiven Verstimmungen. Doch dann ist die Menopause meist auch schon vorbei und der Neustart in eine neue Lebensphase beginnt.
Bei Männern erfolgt diese hormonelle Umstellung wesentlich langsamer. Schon ab Mitte 40 produziert der männliche Körper weniger Testosteron.
Die Haare werden schütter, die Muskeln erschlaffen und die Virilität lässt nach. Da die Potenz für die meisten Männer ein sehr wichtiger Faktor ist, kratzt eine verminderte sexuelle Leistungsfähigkeit das Selbstbewusstsein enorm an.
Die Angst vor verpassten Chancen
So beginnt im vierten Jahrzehnt ein schleichender Prozess, den Männer lange verdrängen. Oft treten zur gleichen Zeit weitere grosse Veränderungen auf.
Kinder sind erwachsen geworden und haben das Nest verlassen. Sie sind junge Erwachsene, die in anderen Städten oder gar Ländern studieren und Chancen ergreifen, von denen die ältere Generation nur träumte.
Mit Ende 40, Anfang 50 haben die meisten Männer obendrein den Zenith ihres Berufslebens erreicht. Sie wissen: Viel weiter nach oben geht es auf der Karriereleiter nicht mehr.
Den Traum vom Sitz im Vorstand oder der eigenen millionenschweren Franchise muss begraben werden.
Da stellt sich dann mit Schrecken der Gedanke ein: War das alles?
Viele Männer mutieren in der Midlife Crisis zum Teenager
Das bekannteste Klischee der Midlife Crisis ist der angegraute Mittfünfziger, der sich einen flotten Sportwagen oder ein dickes Motorrad kauft.
Andere versuchen das angekratzte Ego mit Seitensprüngen aufzupolieren und wieder andere gehen auf einmal waghalsige Riskieren ein.
Wenn nicht jetzt, wann dann, lautet die Devise. Dies kann eine Partnerschaft enorm belasten und – gerade im Fall von Untreue – sogar zur Trennung führen.
Die Frau erkennt ihren langjährigen Ehemann tatsächlich nicht wieder.
Hilfe suchen im Umgang mit der Krise
Wird die Beziehung strapaziert, kann eine Eheberatung möglicherweise helfen. Doch auch wenn die Partnerin die Midlife Crisis mitträgt oder keine Partnerin vorhanden ist, kann sich psychologische Hilfe auszahlen.
Vielen Männern fehlt ein neutraler Ansprechpartner, mit dem sie über ihre innersten Gedanken sprechen können.
Ein Therapeut kann beispielsweise gemeinsam mit ihm auf Sinnsuche gehen. Erforschen, welche Leerstellen es im Leben gibt und wie sie möglicherweise gefüllt werden können.
Es muss nicht gleich eine Trekkingtour auf den Mount Everest sein, doch die Lebensmitte ist eine gute Zeit, langgehegte Wünsche zu erfüllen. Schliesslich ist es die Zeit, in der die meisten Menschen einen gewissen Wohlstand erreicht haben.
Nochmal neu durchstarten
Ein Therapeut oder Coach kann auch beratend zur Seite stehen, wenn es um grosse Entscheidungen geht. So mancher Mann nutzte die Midlife Crisis schon, um sich von einem zwar gut bezahlten aber letztendlich nicht erfüllenden Job zu trennen.
Stattdessen ergreifen diese Männer die Chance, noch einmal neu durchzustarten: Der eine erfüllt sich den Traum von der eigenen Bar in der Grossstadt, der andere zieht mit Kühen und Ziegen auf die Alm.
Aber auch hier gilt natürlich, dass die Partnerin mit einbezogen werden muss. Steht sie mit beiden Beinen im eigenen erfüllten Job in der Grossstadt, wird sie schwerlich mit auf die Alm ziehen wollen. Möglicherweise lassen sich hier Kompromisse finden.
Das Älterwerden akzeptieren
Ein weiterer wenig besprochener Aspekt der Lebensmitte: Den Menschen wird ihre eigene Vergänglichkeit vor Augen geführt. Die ersten vertrauten Lebensbegleiter wie ältere Onkel und Tanten sterben.
Manchmal sind auch gleichaltrige Freunde betroffen, die zum Beispiel an Krebs oder einer anderen schweren Krankheit verstarben. Die eigenen Eltern sind keine Felsen in der Brandung mehr, sondern werden gebrechlich.
Auch hier kann psychologische Begleitung helfen, um die eigenen Gedanken zu sprechen. Letztendlich führt kein Weg an der Akzeptanz vorbei: Das Leben ist endlich.