Waldbaden ist Erholung für Körper und Seele
In Japan ist das sogenannte «Shinrin-Yoku» schon lange eine anerkannte Therapieform. Mittlerweile ist das Waldbaden auch in Mitteleuropa angekommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Shinrin-Yoku heisst wörtlich übersetzt «Baden in der Waldluft».
- Im Mittelpunkt steht dabei die bewusste Wahrnehmung der Natur.
- Vor allem bei Städtern soll diese Therapie Stress abbauen.
Japan ist ein geografisch zweigeteiltes Land: Der Grossteil der Bevölkerung drängt sich in den schmalen flachen Küstenstreifen des Inselstaates, während die Bergregionen im Inneren fast menschenleer sind. Die Metropolregion Tokio-Yokohama ist mit 38,5 Millionen Einwohnern der grösste Ballungsraum der Erde. In Tokio selbst drängen sich über 15´000 Einwohner auf einen Quadratkilometer.
Die hohe Bevölkerungsdichte kombiniert mit der japanischen Arbeitsmoral, die nicht selten mit Karoshi (wortwörtlich: sich zu Tode arbeiten) endet, führt überdurchschnittlich häufig zu Burnout und stressbedingten Erkrankungen wie Herzinfarkten. Um gegenzusteuern, entwickelten japanische Mediziner schon in den 80er-Jahren das Shinrin-Yoku als Gegenmittel.
Ab in die Stille der Natur
Raus aus den Betonwüsten der Megastädte in die endlosen stillen Wälder der japanischen Inseln: So lässt sich das Konzept des Waldbadens zusammenfassen. Dabei soll Shinrin-Yoku jedoch mehr sein als ein normaler Waldspaziergang. Der Wald soll ganz bewusst mit allen fünf Sinnen wahrgenommen werden: Der Duft nach Erdboden und Laub, das sanfte Rascheln der Blätter an den Bäumen und das sanfte Licht gehören ebenso dazu wie tiefes ruhiges Atmen und direkter Kontakt. Da werden schon einmal die Finger in den Erdboden gesteckt oder ein Baum umarmt.
Im Laufe der Zeit entstanden in Japan und im benachbarten Südkorea regelrechte Heilwälder, die ganz auf das Erlebnis Shinrin-Yoku ausgelegt sind. Von hier fand der Trend seinen Weg in die westliche Welt, in der ebenfalls immer mehr Menschen unter Stress und Burnout leiden. Mittlerweile gibt es auch in der Schweiz Ausbildungsstätten für Shinrin-Yoku-Gesundheitstrainer und entsprechende Führungen und Kurse.
Der Wald beruhigt die Sinne und stärkt die Gesundheit
Zahlreiche Studien haben die Wirkung des Waldbadens wissenschaftlich belegt. Schon nach einer Stunde im Wald sinkt der Gehalt des Stresshormons Kortisol und der Puls beruhigt sich. Bei regelmässigem Waldbaden können Bluthochdruck und ein erhöhter Blutzuckerspiegel gesenkt werden.
Die Stille der sattgrünen Natur wirkt entschleunigend und belebend zugleich. Das Immunsystem erhält einen Schub und das innere Gleichgewicht kehrt zurück. Nach einer Auszeit Waldbaden fühlen sich die Menschen körperlich und geistig wieder besser und für die Herausforderungen des Alltags gestärkt.
Immer wieder innehalten
Dabei kommt es nicht auf gelaufene Kilometer wie beim klassischen Wandern an. Beim Waldbaden wird ein gemächliches Tempo angeschlagen. Regelmässige Pausen sind wichtig, um die Natur mit allen Sinnen zu erfahren. Dazu gehört, einfach mal auf einem Felsen Platz nehmen und dem Plätschern eines Baches oder einem Vogel zu lauschen. Moos unter den Handflächen zu spüren und den erdigen Geruch des Waldbodens einzuatmen.
In Japan wird das Shinrin-Yoku gerne mit einer Zwischenübernachtung und einem Besuch des klassischen Onsen-Bades kombiniert: Überall im Land sprudeln heisse von Vulkanen gespeiste Quellen aus dem Boden, die seit Jahrhunderten zum Baden genutzt werden. Hierzulande können Wellnesshotels mit Whirlpools, Saunen und Massagen das Onsen-Bad ersetzen. Mittlerweile gibt es auch Angebote, die Waldbaden mit Yoga oder Meditation verbinden.
Waldbaden in der Schweiz
Die vielen Wälder der Schweiz sind wie geschaffen für Shinrin-Yoku und das Angebot ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. Überall im Land gibt es ein- und mehrtägige Kurse für Privatpersonen und auch für Firmen, die ihren gestressten Mitarbeitern etwas Besonderes bieten möchten. Entsprechende Angebote lassen sich schnell im Netz aufstöbern.