So schmackhaft kann Wildkräuterküche sein (2)
Anfangs können wilde Pflanzen ungewohnt für Zunge und Sinne sein. Umso spannender ist die Reise der Entdeckung verschiedener sehr feiner Geschmäcker!
Das Wichtigste in Kürze
- Sommer ist Blütenzeit – und da bedient sich die Wildkräuterküche gern und reichlich.
- Zum Beispiel mit Gänseblümchen-Limonade oder Gierschblüten in Quiches oder im Salat.
- Wichtigste Grundregel der Wilkräuterküche ist, nur zu sammeln, was man sicher erkennt.
- Und: auch nur zu sammeln, was man braucht, und keine geschützten Kräuter zu wählen.
Buchautorin und Kräuterexpertin Marion Reinhardt kennt sich in der Wilkräuterküche aus und entdeckt dafür immer wieder Pflanzen, die in vielen Gärten nicht besonders beliebt sind.
Limonade und bunte Blüten im Sommer
Eher sparsam verwende sie die Blätter und die blauen Blüten des Gundermann. «Er polarisiert ein bisschen. Manche spucken den gleich wieder aus, andere finden ihn sehr lecker und aromatisch», so Reinhardt.
Als vielseitig erweise sich der Giersch: «Man kann ihn fast das ganze Jahr verwenden und viel damit machen – einen gemischten Salat oder Suppe zum Beispiel. Man kann ihn wie Spinat kochen, aber auch für Füllungen von Strudel oder Quiche verwenden.»
Am liebsten mache sie daraus Limonade: Möglichst grosse Blätter mit dickem Stiel zerquetschen, in Wasser geben und über Nacht stehenlassen. «Das ist etwas sehr Erfrischendes und Durstlöschendes», sagt Marion Reinhardt.
Auch Gänseblümchen-Limonade sei köstlich, sagt Anja Fischer, eine Kräuterpraktikerin aus Salzburg, die auf ihrem Naturblog «Gänseblümchen & Sonnenschein» über Umgebungserkundungen mit ihren Kindern berichtet.
Dafür kocht sie einen Sirup mit Zucker und Wasser, in dem die Blüten ihrer Lieblingspflanze zwei Tage eingelegt waren. An warmen Tagen macht sie daraus Wasserglacé – mit ein paar Gänseblümchen drin.
Der Sommer ist die Zeit der Blüten. «Was man definitiv durch die Wildkräuter in die Küche holt, ist Farbe», sagt die Kräuterbloggerin.
Nesseltrick: Brennhaare mit heissem Wasser überlisten
Wie der Giersch ist auch die Brennnessel sehr vielseitig. «Das ist eine grossartige Pflanze, die niemand will, aber immer da ist. Ich würde deshalb vorschlagen, sie einfach zu essen», sagt Anja Fischer.
Sie kocht daraus einen Brei, den sie in Knödelmasse rührt, isst sie frisch im Salat oder kocht eine Suppe daraus. Sie empfiehlt, die Blätter mit Handschuhen zu ernten, um sich nicht zu verbrennen.
«Wenn sie mit heissem Wasser überbrüht werden, sind die Brennhaare ausser Gefecht gesetzt.» Wer die Blätter frisch essen will, kann mit einem Nudelholz oder einer Flasche darüber rollen, damit sie nicht mehr brennen.
Ab August lassen sich auch die Samen der Brennnessel ernten.
«Sie enthalten viel Magnesium und Eisen und schmecken sehr fein. Man kann sie einfach frisch in den Salat geben, getrocknet oder leicht in Butter geröstet, auf Risotto, Müsli, Porridge oder Butterbrot streuen», sagt Martina Merz, Kochbuchautorin und Youtuberin.
Nur das sammeln, was man sicher erkennt
Für den Einstieg in die Wildkräuterküche empfiehlt sie, an Führungen teilzunehmen, um die Umgebung und andere Menschen kennenzulernen.
Auch mithilfe von Apps könne man anfangen, sich mit der Natur auseinanderzusetzen. Allerdings sollte man damit keine essbaren Pflanzen bestimmen, rät sie.
Die Verwechselungsgefahr mit giftigen Gewächsen sei zu gross.
«Die wichtigste Grundregel ist, nur das zu sammeln, was man sicher erkennt», sagt Marion Reinhardt. Ausserdem wichtig: Nur so viel ernten, wie man braucht.
Geschützte Arten und Pflanzen in Naturschutzgebieten dürften nicht gepflückt werden.
Martina Merz rät auch zu gucken, wo man sammelt. «Viele essbare Pflanzen wachsen auf stickstoffreichen Böden, zum Beispiel auf Misthaufen oder am Kompost.»
Dann aber enthielten sie viele Nitrate und schmeckten auch nicht so gut.
Stellen an viel befahrenen Strassen oder Hundeklos empfiehlt sie zu meiden. Abseits belebter Wege aber fänden sich selbst in grossen Städten gute Orte zum Sammeln – beispielsweise steile Böschungen oder einsamere Stellen in Parks.